It’s only Rock’n’Roll… aber wir stehen drauf – und wie! Ebenso wie jede Menge Künstler. Wir haben sie gefragt, was ihre Lieblingssongs der Rolling Stones sind und was diese Band so gut oder so wichtig für sie macht. Start ’em up!
Mit frühen Tracks wie ›Walking The Dog‹ (ausgesucht von Ian Anderson, Jethro Tull), Klassikern wie ›Jumpin’ Jack Flash‹ (William DuVall von Alice In Chains) oder späteren Hits wie ›Start Me Up‹ (Steve Hogarth von Marillion) beweist die breit gefächerte Auswahl unserer Stars eine unbestreitbare Tatsache: Die Rolling Stones sind wahrhaftig die größte Rock’n’Roll-Band des Planeten.
›I’m A King Bee‹ (1964)
Als Teenager war ich ein riesiger Beatles-Fan und kaufte mir alles, was sie herausbrachten, mit dem Geld, das ich mir mit Zeitungsaustragen verdiente. Dann ging der ganze Trubel um die gebildeten Bad Boys aus dem Süden los mit THE ROLLING STONES, ihrem ersten Album. Ich war pleite, aber lieh mir das Geld von meiner Mutter. Es hat Wochen gedauert, ihr das zurückzuzahlen, aber Mann, war es das wert! Jeder Song war der Wahnsinn und ich wurde zu einem großen Fan. Ich liebte, wie Mick ihre Coverversion von Slim Harpos ›I’m A King Bee› sang und den Text so anspielungsreich verkaufte. Dieses erste Album liebe ich bis heute. Irgendwo habe ich noch das Original-Vinyl.
George Glover, Climax Blues Band
›Walking The Dog‹ (1964)
Im Vergleich zu dem kitschigen Pop, der damals in den britischen Charts war, war dies ein richtig frischer Wind. Ich weiß noch, wie ich das 1964 lernte und spielte, als ich gerade mal 17 war. Wir spielten das dann bei einer Feier im örtlichen Jugendzentrum, und eine Gang von fiesen jungen Bikern sagte ganz aggressiv: „Spielt es noch mal“. Trotz meiner höflichen Erklärung, dass wir den Song nun schon dreimal dargeboten hatten, hatten wir keine Wahl, denn wir konnten es uns nicht leisten, zertrümmerte Gitarren und Verstärker zu ersetzen. Irgendwann konnte ich nicht mehr zählen, wie oft wir die Nummer „noch mal“ gebracht hatten, und seither kann ich sie nicht mehr hören!
Ian Anderson, Jethro Tull
›It’s All Over Now‹ (1964)
Anfang bis Mitte der 60er war ich in einer Band namens Missing Link, die viele Stones-Cover spielte, ich habe also eine lange Geschichte mit ihnen. Damals war ich Bassist, und der Song von ihnen, den ich live am liebsten spielte, war ›It’s All Over Now‹. Davor war ich ein Fan der Beatles und Shadows gewesen, das war also ein Wendepunkt für mich. Die Stones brachten mich sogar dazu, dieses Bad-Boy-Image zu feiern. Zunächst wehrte ich mich gegen diesen Wandel aber letztlich musste ich klein beigeben. Die Aufnahme dieses Songs ist so gut, ebenso wie diese ganze rhythmische Sache. Und man hört die beiden Gitarren – sie klingen tatsächlich unterschiedlich im Mix. Es war einer der ersten Pop-Rock-Songs. Die Stones inspirieren mich bis heute. Wo wären wir ohne sie? Ich gebe ihnen die Schuld dafür, dass alle immer noch auf Tour sind. Vor den Stones musste man sich dem Jazz oder Folk zuwenden, um 64-Jährige zu finden, die noch auf Tour gehen. Im Pop oder Rock, wenn man erstmal 20 oder vielleicht höchstens 30 war, hatte man ausgedient. Die Stones haben diese Regeln umgeschrieben, und das tun sie auch weiterhin.
Andy Scott, Sweet
Es ist eine schwere Entscheidung zwischen dieser Nummer und der Live-Version von ›Midnight Rambler‹ (auf GET YET YA-YA’S OUT!). Die Unterschiede zwischen ihrem liveigen, rockigen Scheiß und den Singles, die sie veröffentlichten, waren so groß. Ich sah sie live im Fernsehen, und sie waren Meister darin, einen Song zu dehnen – sie waren 45 Minuten auf der Bühne gestanden und hatten erst drei oder vier Stücke gespielt. ›Midnight Rambler‹ ist eine der Nummern, die sie so richtig strecken. Und das tun sie genial, besser als jeder, den ich kenne – selbst einige der Yankee-Bands. Bei denen denkt man sich: „Oh Mann! Lass uns nach Hause gehen“. Ich las mal ein Interview mit Bill [Wyman] über die Dynamik innerhalb der Band – dieser Typ macht das eine, ein anderer macht etwas anderes, ein dritter ist hinter dem Beat und der vierte schläft in der Ecke. Er wunderte sich, wie zum Teufel die ganze Sache nicht in die Binsen ging. Selbst die Band selbst weiß es nicht, und das ist die Magie daran. Aber, um auf deine Frage zurückzukommen: Ich mag beide Aspekte von dem, was sie tun. Doch wenn mir jemand eine Knarre an den Kopf halten würde, müsste ich mich für ihre poppige Seite entscheiden.
Francis Rossi, Status Quo
›Time Is On My Side‹ (1964)
Die Stones waren mein frühester Einfluss, vor allem, weil man als angehender Gitarrist tatsächlich Teile ihrer Songs nachspielen konnte, während man bei den Beatles die Noten brauchte, um die schwierigen Akkorde zu lernen. ›Satisfaction‹ war das erste Riff, das ich je gespielt habe – und es war wohl der erste verzerrte Gitarrenton und Vorläufer von dem, was dann zum Heavy Metal wurde. Zum Glück hatte ich ältere Geschwister, die all die Stones-Alben kauften und sammelten. ›Time Is On My Side‹ ist ein so großartiger Song. Der Tonfall in Micks Stimme ist so denkwürdig, und die Melodie verfolgt einen bis in alle Ewigkeit. An verschiedenen Punkten in meinem Leben hatten diverse Lieder eine besondere und sehr spezifische Bedeutung für mich. Zum Beispiel ›Got To Get Away‹ während der Scheidung meiner ersten Ehe. ›Heart Of Stone‹ war noch so ein Lied. ›Paint It Black‹ war so wichtig, dass wir es mit Anvil auf unserem ersten Album coverten. Ich fühlte mich sehr wohl dabei, das zu singen, da es komplett in meinem Stimmumfang liegt. ›Jumpin’ Jack Flash‹ war ein weiteres Stück, das ich in den frühen Jahren coverte. Das Gitarrenriff gehört zu den legendärsten überhaupt. Ich habe diese Band schon immer geliebt und liebe sie auch heute noch.
Lips, Anvil
›Miss You‹ (1978)
Es ist bluesig, hat aber auch etwas Urbanes an sich. Ich weiß nicht, wie es ihnen gelungen ist, Blues und Disco so zusammenzubringen, aber der Gedanke gefällt mir. Im Text gibt es das Pathos einer Person, die herumsitzt und auf den Anruf einer anderen Person wartet – der nie kommt. Die Person will, dass jemand diesen Raum ausfüllt, doch der oder die Auserwählte wird es nicht tun. Das ist ein schlauer Song. In den Anfangstagen von Living Colour durfte ich ein bisschen Zeit mit Mick Jagger verbringen. Als er unsere ersten Demos produzierte, unterhielten wir uns oft über den Blues. Ich hörte damals viel Howlin’ Wolf und Muddy Waters, darüber hatten wir eine lange Unterhaltung. Am nächsten Tag kam er ins Studio und gab mir diese Kassette. Er war nach Hause gefahren und hatte mir ein Mixtape gemacht – oder eher ein Mick’s Tape. (lacht) Diese Kassette habe ich bis heute und sie bedeutet mir sehr viel. Es war surreal, mit Mick Jagger zusammenzuarbeiten. Natürlich. Wenn man im Studio ist, zum Mischpult blickt, und da sitzt er dahinter, muss man sich fast zwicken. Ich war jung und leicht zu beeindrucken, und da sah ich diesen Mann an, der sich so eine Karriere in der populären Musik aufgebaut hatte, was eine tiefe Dankbarkeit in mir auslöste. Er erzählte mir, wie die Musik der Schwarzen ihm sein Leben geschenkt habe. Da war ein Junge aus London in England, der sich diese alten Bluessongs angehört hatte und davon so bewegt gewesen war. Und da war ich, irgendein Junge aus Brooklyn, der nicht nur diesen Jungen aus London hörte, sondern auch die Musik, die ihn beeinflusst hatte. Es inspiriert mich bis heute, dass die Stones immer noch losziehen und rocken. Das erfüllt mich mit Hoffnung, dass ich dies auch weiterhin tun und meinen Kindern Essen auf den Tisch bringen kann.
Corey Glover, Living Colour
›(I Can’t Get No) Satisfaction‹ (1965)
Ihr habt mit dieser Story für ganz schön viel Ärger gesorgt. Jeder bei den Quireboys hat einen Lieblingssong der Rolling Stones, und jeder einen anderen. Da kam es zu sehr erhitzten Diskussionen. Jeder hatte seine eigene Meinung. Ich werde mich für ›(I Can’t Get No) Satisfaction‹ entscheiden, denn Keith Richards sagte einst zu meinem guten Freund Alan Clayton, dass es sein eigener Lieblingssong der Stones sei. Könnte es einen besseren Grund geben?
Spike, The Quireboys
Ich liebe ›Satisfaction‹ für das Riff, das man so leicht mitsummen kann. Ich las mal ein Interview mit Keith, in dem er sagte, das Riff sei ihm im Schlaf eingefallen, also wachte er auf und spielte es auf Band. Für mich klingt es wie eine Bläsersektion, es ist fantastisch.
Rudolf Schenker, Scorpions