Nach dem Kreativzenit: John Lydons Versuch, Tiefgang zu vermitteln
Als die Sex Pistols im Januar 1978 auf US-Tournee zum Entsetzen der noch jungen Punk-Bewegung schlicht an eigener Unzulänglichkeit implodierten, waren die Erwartungen auf das künstlerische Danach vor allem an Frontmann Johnny Rotten hochgesteckt. Rotten, der wenig später zum bürgerlichen Namen John Lydon zurückkehrte, enttäuschte nicht. Noch im gleichen Jahr legte Lydon mit frisch gegründeter Formation Public Image Limited ein selbstbetiteltes Debüt vor, das Staunen machte, aber mehr Kraut-Rock-Wurzeln als angesagten Punk und New Wave beschwor und die Kunstfigur Rotten in der Asservatenkammer entsorgte.
Zum Zeitpunkt des Kon-zertmitschnitts für den Rockpalast am 27. Januar 1983 allerdings lag die fantastische Urbesetzung mit Bassist Jah Wobble und Gitarrist Keith Levene, die den genialen Meilenstein ›Metal Box‹ verantwortete, schon in Trümmern. Einzig Schlagzeuger Martin Atkins blieb aus der legendären Frühphase übrig. Doch mit technisch einwandfreien Mietmu-sikern wie Gitarrist Joseph Guida, Bassist Louis Bernardi und Keyboarder Tommy Zvoncheck ließ sich die zeitlupenhafte Geräuschkulisse aus Krach, Wut, Fatalismus und Desillusionierung der Jahre 1978 bis 1982 nicht rekapitulieren. Alptraumhafter Spuk wie die Teufelsautreibung von ›Annalisa‹, der radikale Rund-umschlag gegen ›Religion‹ oder die gespenstische Gossenhymne ›Low Life‹ tönen kalkuliert inszeniert und ohne Tiefgang. Ulk-Wave-Post-Punk-Pop wie ›(This Is Not A) Love Song‹ hingegen stehen der uninspirierten 2.0 Version von Public Image Limited hörbar besser. Zumal sich Lydon und Co. nicht zu schade sind, auch noch eine mäßig hingeschluderte wie überflüssige Version von ›Anarchy In The UK‹ zu offerieren. Bleibt als Trost im Bonussegment das wirklich amüsante und interessante Interview mit John Lydon, das Alan Bangs in unnachahmlich distanzierter Art führte.