Vor wenigen Tagen haben diverse Konzertveranstalter einen sogenannten Brandbrief, also ein Appell oder dringendes Mahn- oder Bittschreiben, an die Politik verfasst. Darin beklagen die Teilnehmenden das langsame Sterben der Kulturbranche durch die Corona-Pandemie. Vor allem die ständigen Ver- und Aufschiebungen sowie der Personalmangel im Konzertbereich werden als großes Problem formuliert.
In dem Brief werden auch Möglichkeiten aufgezeigt, wie den Verfassern zufolge die Kulturbranche gerettet bzw. zumindest unterstützt werden könnte.
Der Brief im Originalwortlaut:
Seit zwei Jahren schieben wir einen immer größer werdenden Berg an oft mehrfach verlegten Konzertveranstaltungen vor uns her, der mit den verbliebenen Personalressourcen nicht mehr zu bewältigen sein wird.
Dieser Personalmangel ist so drastisch, dass bei Weitem nicht alle anstehenden Konzerte durchgeführt werden können. Das wird unweigerlich zu einer massiven Flut von Konzertabsagen führen, auch von längst ausverkauften Konzerten.
Die Veranstalter haften für den Gesamtbetrag, den die Konzertfans für ihre Tickets ausgegeben haben: Fatalerweise werden von der staatlichen Ausfallversicherung nur 90 Prozent der tatsächlich angefallenen Absagekosten erstattet. Diesen Verlust wird sich kein Veranstalter auf Dauer leisten können, da etwaige Rücklagen längst aufgebraucht sind. Anzeige
Die meist kurzfristig beschäftigten Arbeitnehmer:innen haben bereits unmittelbar nach Beginn der Pandemie die Branchen gewechselt. Dies führt zu einem massiven Domino-Effekt. Mit den Veranstaltern „sterben“ sämtliche Dienstleister rund um das Veranstaltungsgewerbe, die Clubs, die Hallen und am Ende die gesamte Musiklandschaft: Musiker:innen können sich ganz überwiegend nicht von den extrem geringen Streaming-Einnahmen ernähren (das können in Deutschland nur eine Handvoll Musiker:innen) und sind folglich auf Gagen ihrer Konzerte angewiesen. Bereits im kommenden Herbst werden unzählige Bands und Musiker:innen ihre professionelle Karriere aufgeben müssen.
Dieser Verlauf ist vermutlich für lange Zeit irreversibel.
Es müssen daher dringend Maßnahmen ergriffen werden, um altes Personal zu reaktivieren, bestehendes Personal zu halten und neues Personal zu rekrutieren.
Lösungsmöglichkeiten:
• Aufstockung der Freigrenze für geringfügig Beschäftigte in der Eventbranche von monatlich 450 auf 1200 Euro.
• Vereinfachungen zum Einsatz kurzfristig Beschäftigter (Anhebung der Einsatz- und Zuverdienstgrenzen).
• Entbürokratisierung von formellen Voraussetzungen für Arbeitsverträge und Zusammenarbeit von Dienstleistenden bei Großveranstaltungen. Anzeige
• Anerkennung für kulturelle Nebentätigkeiten: Erleichterungen für die Arbeitnehmer:innen bei der Verdienstgrenzenermittlung (Ausgleich über mehrere Monate) und Einsatzzeiten.
• Kompensation von Personalmehraufwendungen.
• Rückkehrförderung in die Branche und Chancenhilfen für den Übergang in regelmäßige Arbeitsverhältnisse.
• Reform des § 34a GewO: Veranstaltungsordnungsdienst ist in vielen Bereichen nicht mit Bewachung im Sinne des Gesetzes gleichzustellen. Es muss die Möglichkeit geschaffen werden, auch „nicht-34a-Kräfte“ im Ordnungsdienst bei Großveranstaltungen einsetzen zu können.
Verfasser:
Dr. Berend Koll (HKES GmbH, Deichbrand Festival); RA Martin Reitmaier (Argo Konzerte GmbH, Rock im Park Festival); Axel Schulz (Musikmanager, Konzertveranstalter)
Unterzeichner:
AR Entertainment: Alexander Richter; Argo Konzerte GmbH Würzburg, u.a. Rock im Park: Peter Pracht, B.E.S.T. Veranstaltungsdienste GmbH, Berlin: Henry Klemm; Batschkapp Konzert und Promo GmbH, Frankfurt / Main: Ralf Scheffler; Black Mamba Event GmbH, SonneMondSterne Festival: Rico Tietze; Buback Tonträger / Booking GmbH, Hamburg: Thorsten Seif; Columbiahalle / Columbia Theater, Berlin: Nicolel Tenbrock; Concert Team NRW GmbH, Düsseldorf: Nico Hamm; Crunch Time Promotion, Bielefeld: Marc Huelsewede; ESK Events & Promotion GmbH, Deichbrand Festival: Marc Engelke; FKP Scorpio GmbH, u.a. Hurricane Festival: Folkert Koopmans; FSR Unterhaltungsbüro GmbH: Harm Wörner; GTB – Gastro Team Bremen: Sascha Ebner; Hannover Concerts GmbH: Nico Röger; Helene Beach Festival: Boris Einenkel; HKES Eventlogistik GmbH: Felix Suwelack; Karsten Jahnke Konzertdirektion GmbH Hamburg: Karsten Jahnke; KKT GmbH, Berlin, Kiki Ressler; Kokon Entertainment GmbH, Konstanz: Dieter Bös; Koopmann Concerts GmbH, Bremen: Oliver Mücke; L.O.F.D.S. UG & Co KG: Aline Lutz; Landstreicher Booking, Berlin: Felix Hansen; Live Matters GmbH, Satis&Fy GmbH, #AlarmstufeRot: Dr. Chris Fleck; Loft Concerts GmbH: Marcel Tietze; MCT Agentur GmbH: Scumeck Sabottka; MTS GmbH, Münster, Stratmann Event GmbH, Bielefeld: Hans Stratmann; Munich Security Services GmbH, Andreas Schade; Music Circus Concertbüro GmbH, Stuttgart: Hans-Peter Haag; New Berlin Konzerte GmbH, Berlin: Norbert Döpp; PGM Promoters Group Munich Konzertagentur GmbH: Katharina Pracht; Popp Concerts GmbH, Trier: Oliver Thome; Prime Entertainment GmbH Köln: Jochen Breit-Tiffe; Propeller Music & Event GmbH München: Frank Bergmeyer; Showsec Sicherheitsdienste GmbH, José Fernández González; Sea You Festival: Bela Gurath; SEAN Event Security GmbH: Ugurhan Seven; Semmel Concerts GmbH: Dieter Semmelmann; Silverwings Club, Berlin: Harmen J. B. de Keijzer; Spaces Management GmbH: Lukas Kranz; Spindlerserben Veranstaltungskoordination, Berlin: Peter Spindler; STP Hamburg Konzerte GmbH: Diak Haring; Target Concerts GmbH München: Michael Löffler; U-Need GmbH: Matthias Singh und Sascha Wüstenberg; Verband Deutscher Event & Sicherheitsdienstleide e.V., Andreas Schade; WOA Festival GmbH, Wacken Open Air: Holger Hübner