„I was on the back of a nightingale“, singt Tom Morris im gleichnamigen Opener von NAVIGATOR. Was so märchenhaft-poetisch klingt, birgt eine bittere Wahrheit: Die Zeit des Träumens ist vorbei, irgendwann kommt der Punkt, an dem wir einsehen müssen, doch nicht Peter Pan zu sein. Doch nicht auf Nachtigallen durch die Lüfte zu segeln. „Irgendwann zu merken, dass auch ich älter werde und noch längst nicht alle Ziele erreicht habe, die ich mir gesteckt hatte, war ein ziemlicher Schock“, gesteht Tom. Erkenntnisse wie diese befeuern die bittersüße Melancholie, die sich wie ein roter Faden durch den Hybrid aus Post-Rock, Electronica, Prog und orchestraler Klangcollage windet. Das macht NAVIGATOR einerseits zum erwachsensten Album der Briten, andererseits zu einem einnehmenden Werk, das Hoffnung und Schmerz zu gleichen Teilen Raum gewährt. „Die Jahre seit dem letzten Album waren nicht allzu gut zu uns. Es gab Krankheiten, Scheidungen, Heimatlosigkeit. Die Liebe und Freundschaft, die uns in dieser Zeit widerfuhr, spielte aber eine ebenso große Rolle und findet sich deswegen ebenso auf dem Album wieder.“
Das eine geht eben nicht ohne das andere. Noch so eine Lektion des Lebens. Tom gewöhnt sich übrigens gerade an das Älterwerden. „Im Grunde spricht doch nichts dagegen. Wir schreiben mittlerweile immerhin viel bessere Songs als früher“, meint er lakonisch. Wenn der Sänger hier im Plural spricht, macht er das übrigens ganz bewusst. Lange war Her Name Is Calla im Grunde sein alleiniges Projekt, er schrieb und mixte alle Stücke. „Nicht, dass ich das gewollt hätte, doch es ging damals eben nicht anders. Jetzt gehen wir als Band an die Sache heran. Und das macht deutlich mehr Spaß als früher.“ Spaß ist eben, wenn man trotzdem lacht, denn breit grinsende Gesichter kann man sich bei zerbrechlichen Pianostücken wie ›Ragman Roll‹ oder den einsam verhallenden Akustikgitarren in ›I Was Flood‹ nicht vorstellen. Es wird aber immerhin klar, wohin die Reise gehen soll: Gestärkt als Band, gestärkt durch das Band der Freundschaft, erhoffen sich Her Name Is Calla nach Jahren der Dunkelheit jetzt wieder einen Silberstreif am Horizont. „Das drückt auch der Albumtitel aus“, so der Sänger. „NAVIGATOR bezieht sich auf die Reise zurück zu einem festen Bandgefüge. Deswegen pausierten wir vor den Arbeiten an diesem dritten Album auch eine Weile, um erst mal herauszufinden, warum zur Hölle wir das alles überhaupt tun.“ Scheint funktioniert zu haben.
Her Name Is Calla – Am Ende einer Reise
■
- Advertisement -
- Advertisement -
Weiterlesen
- Advertisment -