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Jeff Cotton: „Als junger Musiker erlebte ich mein eigenes Vietnam“

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Jeff Cotton: „Als junger Musiker erlebte ich mein eigenes Vietnam“

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Ein halbes Jahrhundert nach einem Meilenstein zeigt sich Jeff Cotton erstmals seit Langem wieder als weltweit agierender Musiker. Sein neues Soloalbum nennt sich THE FANTASY OF REALITY und klingt auch so.

In den 60er-Jahren galt Jeff Cotton als eines der größten Slide-Gitarre-Talente Amerikas. Er spielte mit dem legendären Captain Beefheart in dessen Magic Band, wo er den großartigen Ry Cooder beerbte. Bei den Aufnahmen zum Kultalbum TROUT MASK REPLICA (1969) traf er den genialen Produzenten Frank Zappa, ließ sich von ihm inspirieren und war auf dem besten Weg, ein Superstar zu werden. Doch Mitte der 70er brach Cotton alles hinter sich ab, emigrierte nach Hawaii, heiratete und wandte sich dem christlichen Glauben zu. Er wurde Priester und predigte Liebe, Verständnis, Toleranz und Demut. Jetzt ist er wieder da, im Musikbusiness:
Cotton hat ein neues Album aufgenommen. Es heißt THE FANTASY OF REALITY und umfasst stattliche 22 Songs. „Es sind Stücke aus allen Phasen der zurückliegenden 50 Jahre“, erklärt er. „Die ältesten Ideen stammen tatsächlich von 1970, die jüngsten aus den zurückliegenden fünf Jahren.“ Es seien, so der erstaunlich jugendlich wirkende 74-Jährige, Songs in sieben verschiedenen stilistischen Direktiven, von Blues und Rock bis hin zu Americana und Avantgarde.

Letztgenanntes sei seine liebste musikalische Richtung. „Ich bin in einer Zeit aufgewachsen, in der munter experimentiert wurde. Nicht nur mit Drogen und für die damalige Zeit ungewöhnlichen Lebensformen, sondern eben auch musikalisch. In dieser Phase ist mein Faible für die Avantgarde, für schräge Ausdrucksformen entstanden. An diesen Vorlieben hat sich bis heute nichts geändert.“ Am grundlegenden Verhältnis zu seiner Rolle auf diesem Planeten dagegen sehr wohl. Und das drückt sich in den Texten auf THE FANTASY OF REALITY aus. Cotton: „Ich weiß nicht mehr jedes Detail, das mir in den späten 60ern im Kopf herumschwirrte. Aber heute bin ich ganz klar fokussiert auf meine Botschaften. Und die lauten: ,Liebt eure Mitmenschen, helft ihnen, unterstützt sie, kehrt ab von Egoismus und Selbstsucht!‘ Das ist es, was Gott, oder wie auch immer man die höhere Macht bezeichnen will, von uns Menschen erwartet. Wir haben heute, um den Titel eines der für mich wichtigsten Stücke der neuen Scheibe zu zitieren, ›The Season Of The Awakening‹.“ Mit dem, was Cotton damals vor über 50 Jahren in der Band von Don Glen Van Vliet aka Captain Beefheart vermitteln wollte, hat sein jetziges Leben nichts mehr zu tun. Die Erinnerungen an eine aufregende und wechselvolle Zeit dagegen sind geblieben. Auch die Schattenseiten. „Captain Beefheart und seine Band halfen mir dabei, nicht als Soldat eingezogen und nach Vietnam geschickt zu werden. Ich wollte auf keinen Fall meine Freunde, meine Brüder und Schwestern verlassen, um auf mir fremde Menschen zu schießen. Aber auch das Musikbusiness war zynisch, brutal und rücksichtslos. Und so erlebte ich Ende der 60er mein eigenes Vietnam.

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