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Plattenladen-Challenge: Michael Monroe

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Plattenladen-Challenge: Michael Monroe

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Text: Mark Beaumont

Die Türen des „Levykauppa Keltainen Jäänsärkija“ Plattenladens öffnen sich an einem frostigen Frühlingstag in Helsinki und herein weht ein Hurricane. Ein zuckender Hurricane mit schnellem Mundwerk mit einer ärmellosen Lederjacke, Schlangenlederstiefeln, verspiegelter Sonnenbrille und lackierten Nägeln. Während er in das Geschäft spaziert, checkt er seine platinblonde Mähne in einem kleinen Handspiegel, während einige Fans neben ihm herlaufen.„Bist du nicht von Hanoi Rocks? Ich kann es nicht glauben!“, keuchen sie und betteln nach einem Autogramm. Einer der Fans erzählt davon, vor kurzem von St. Petersburg nach Estland gezogen zu sein, „Wegen… du weißt schon.“ „Es ist nicht deine Schuld, dass euer Anführer ein Arschloch ist“, grinst Michael Monroe und meint weiter. „Hab einfach Spaß mit dem Rock’n’Roll, okay?“ Als Ex-Hanoi-Sänger, wiederauferstandener Finnenrock-Held und Jurymitglied bei „The Voice Of Finland“, passiert Monroe so etwas ständig. „Jaja“, plappert er drauf los. „Das ist schon okay, das ist Teil des Deals. Deswegen habe ich immer diese Karten dabei“, erklärt er und zieht vor-signierte Autogrammkarten aus der Innentasche seiner Jacke. „Die sind schon unterschrieben. Wenn ich hier an einer Straßenecke damit anfange, Autogramme zu geben, steht schnell eine Schlange von Anwohnern da. Aber das macht mir nichts. Jeder, der sich darüber beschwert, beliebt zu sein, erzählt Scheiße. Warum haben sie sich dann eine Karriere aufgebaut?“

Auf den Straßen der finnischen Hauptstadt – einer nahtlosen Fusion aus Business und Boheme, wo der Hafen mit Fischerbooten gefüllt ist und schicke Cocktails jeden Cent ihrer horrenden Preisschilder wert sind – wirkt Monroe wie ein verkehrsgefährdender Rock’n’Roll-Skandal, ein Stück Sunset Strip in Europa. Doch wie er so durch das „Yellow Submarine“ (so heißt der Laden übersetzt) wieselt, ist er plötzlich der König seines eigenen Glam-Rock-Machtbereichs. Der Shop – der viel Punk, New Wave, Rock, Prog und Metal führt – wurde 1989 gegründet und Hanoi Rocks sind in diese Wände eingraviert. In den Regalen neben der Tür ist eine Kopie von Monroes gefeiertem 2011er Album SENSORY OVERDRIVE, auf dessen Cover manikürte Fingernägel ein aufgerissenes Auge präsentieren. „Das ist mein Auge, wie es dazu gezwungen ist, den Weltuntergang mitanzusehen.“, so Monroe. Zwischen Black Sabbath, Misfits und The Who und neben The Renegades und den New York Dolls beherrschen Hanoi-Poster den Raum. Auf einem Regal ist sogar eine Hanoi-Weihnachtskarte aus dem Jahr 1983 zu sehen, auf denen die Band aussieht, wie Santa Claus nach einer Haarspray-Explosion. „Das da haben wir im Tavastia Club nebenan geschossen“, meint Monroe und zeigt auf sein junges Gesicht, das uns von einer Wand gegenüber anschaut. „Da hatte ich meinen zweiten Gig als Sänger, ich muss 17 gewesen sein.“ Was er diesem jungen Kerl wohl heute sagen würde? „Ich würde sagen: Mach weiter so, du bist auf dem richtigen Weg.“

Dieses Poster löst eine Erinnerungswelle in ihm aus und er erzählt von seinen Tagen vor Hanoi Rocks, als er heimatlos auf den Straßen Stockholms mit seinen Bandkollegen Nasty Suicide und Sami Yaffa umher stromerte, die Kunst des Diebstahls perfektionierte oder Mädels klarmachte, nur um ihre Sofas und Kühlschränke nutzen zu können. Eigentlich ist der Rahmen des Nachmittags klar. Das Budget beträgt 60€, dafür soll Monroe Platten kaufen gehen. Was wir jedoch bekommen, ist eine Tour durch Monroes Leben, welche durch das Medium Vinyl erzählt wird. Sogar das Gebäude, in dem wir stehen, ist voller Erinnerungen. Im oberen Stockwerk waren einmal die Büros seines Managements und ein Fan hatte einmal ausgerechnet, dass er zwischen den frühen Hanoi-Tagen und den Reunion- bzw. Farewellshows im Jahr 2009 über 100 Shows im benachbarten Tavastia Club gespielt haben muss. „Wir spielten acht Shows in sechs Tagen. Ehrlich gesagt, war ich froh, als es vorbei war. Ich habe noch nie zuvor so schnell das Backstage verlassen wie damals nach dem letzten Song, da wollte ich einfach nur nach Hause. Aber im Tavastia sind tolle Shows garantiert, der Laden hat einen magischen Vibe, du kannst da drin gar nicht schlecht sein.“ Hinter jedem Plattencover in diesem Laden versteckt sich eine Anekdote, Monroe spricht mit Pathos und Ekstase und baut kleine, selbsterfundene Sprichwörter ein wie „Ich habe mit nichts angefangen und habe immer noch viel davon übrig.“ Als wir bei den Slade-Platten vorbeikommen, besprechen wir gerade Monroes Make-Up und er erinnert sich an seinen ersten Gig 1972, als er „acht oder neun war. Ich sah sie in einem Teenie-Magazin, dann live und war wie weggeblasen. Noddy Holder trug seinen Spiegel-Zylinder, sie waren laut wie die Hölle, danach hörte ich ein paar Tage nichts mehr, aber das war fantastisch.“

Led Zeppelin II

Der Anblick einer Compilation mit dem Titel BEST OF LEONARD COHEN erinnert ihn daran, wie er Leonard Cohen 1986 in Manhatten über den Weg lief, als er gerade seine künftige Frau besuchen wollte. „Es regnete, er trug eine Regenjacke und starrte mich an. Ich dachte mir nur: ‚Wer ist der Kerl? Der kommt mir doch bekannt vor?‘ Als ich bei Judy war, zog sie eine Platte aus dem Regal und fragte mich: ‚Kennst du Leonard Cohen?‘ Und ich darauf nur: ‚Den habe ich gerade auf der Straße gesehen.’“ Als er am Cover von LED ZEPPELIN II vorbeigeht, wird Monroe in die Zeiten seines musikalischen Erwachens zurückgeworfen, als sein Vater 1972 in einen Plattenladen ging und wissen wollte, was die Kids heutzutage denn so hören. Das Schicksal seines Sohns wurde an diesem Tag besiegelt.“Er kaufte Led Zeppelin, CCRs PENDULUM und LOVE IT TO DEATH von Alice Cooper. Wir waren völlig hin und weg, Alice sah wahnsinnig aus, auf dem Backcover hatte Neal Smith jene auftoupierte Frisur, die ich schon immer haben wollte.“

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