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Keith Richards: „Das hier ist eine einmalige Sache, es gibt keine zweite Chance“

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Keith Richards: „Das hier ist eine einmalige Sache, es gibt keine zweite Chance“

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Keith Richards wird heute stolze 80 Jahre alt. Wir gratulieren dem ikonischen Rolling Stone herzlich und blicken auf eines unserer Interviews mit der Legende zurück:

Du vertrittst die These, Songideen flögen die ganze Zeit über durch die Luft, man müsse lediglich seine Antennen richtig ausrichten, um einige von ihnen zu erwischen.
Dieser Überzeugung bin ich immer noch. Ich glaube nicht an das Konzept vom Künstlergenie. Eine Menge Songschreiber brüsten sich mit Ihren Kompositionen: „Das ist meine Kreation, sie gehört mir ganz allein, entstammt meinem Genie.“ Das habe ich stets für großen Schwachsinn gehalten. Ich bin in diesen Fragen etwas demütiger. Tatsächlich betrachte ich mich vor allem als eine Antenne. Diese Dinge passieren mir, weil ich zulasse, dass sie passieren. Wenn du offen für alles bist, mit deinem Instrument in einem Raum sitzt, und deinen liebsten Otis-Redding-Song spielst, passiert oft gar nichts – und in diesen seltenen, kostbaren Momenten genau das, was ich nie ganz verstanden habe und nicht anders beschreiben kann. Es ist eine Gabe. Und das Mindeste, was man tun kann, wenn einem dieser Segen zuteil wurde, ist offen durch die Welt zu laufen, seine An­­tennen auszurichten und Eingebungen demütig zu folgen. Mein Job besteht anschließend darin, das, was ich empfangen habe, zu entwirren – und am Ende kommt eventuell etwas Brauchbares dabei heraus. Diese Songs entspringen also nicht aus meiner Seelenmitte oder was weiß ich, sondern sie waren bereits vorher da. In diesem Moment, während wir beide sprechen, schwirren in diesem Zimmer Millionen von Songs umher. (lacht) Wenn wir jetzt Instrumente dabei hätten, könnten wir mit etwas Glück einen oder zwei von ihnen erwischen. Ich bin also praktisch das Medium. Es ist eine Gabe, die mir bisweilen zuteil wird, keine, die ständig in mir ruht.

Die Fähigkeit, aus dieser ersten Idee einen Song wie ›Satisfaction‹ zu ma­­chen, der generationsübergreifende Bedeutung für Abermillionen von Menschen hat, liegt also lediglich darin, nach der ersten Inspiration Fleiß und Disziplin walten zu lassen?
So ist es. Das ist der Punkt, an dem die Arbeit beginnt, bisweilen ist das eine reine Qual. Ich habe eine ganze Reihe von Songs, die über elf Jahre alt, aber immer noch nicht fertig sind. Einige von ihnen schließe ich irgendwann durch eine plötzliche Eingebung ab, andere nie. Vielleicht sollen manche Dinge auch einfach nicht vollendet werden.

Hast du deinen Arbeitsrhythmus in solchen Phasen inzwischen deinem Alter angepasst?
Ich arbeite mit anderen Leuten zusammen, nach denen ich mich richten muss. Ich selbst bin diesbezüglich enorm flexibel und kann im Prinzip zu jeder Tages- oder Nachtzeit arbeiten. Sobald sie mich reinlassen, stehe ich im Studio. Schwieriger ist es, mich wieder loszuwerden, wenn ich einmal losgelegt habe. Ich beiße mich am Pult fest wie eine Bulldogge. (lacht)

Kommt es noch vor, dass du, wie früher üblich, tagelang am Stück arbeitest, ohne überhaupt jemals zu schlafen?
Nein, diese Zeiten sind vorbei. Zu riskant. Man verliert den Überblick – und wenn man wieder aufwacht, grinst einem plötzlich die französische Polizei ins Gesicht.

Kaufst du während der Tourneen immer noch so viele Gitarren?
Ich fürchte, ich kann nicht davon lassen. Wenn ich mit den Stones unterwegs bin, ziehen Ronnie und ich immer wieder los. Milwaukee! Eine großartige Stadt zum Einkaufen. Unfassbar, was da für Zeug rumsteht. Ich würde sagen, in den letzten paar Monaten habe ich vielleicht vier oder fünf Gitarren gekauft. Ich kann einfach nicht widerstehen, wenn ich ein perfektes Instrument sehe.

Hast du jemals gezählt, wie viele Gitarren du inzwischen besitzt?
Irgendjemand meinte letztens, es müssten wohl an die 3000 Exemplare sein, aber das halte ich für grob übertrieben. Es sind maximal 2500. (lacht)

Das wären immer noch mehr, als ein einzelner Mensch jemals spielen kann.
Über die Jahre ist eine unvorstellbare Sammlung entstanden, worauf ich es übrigens nie angelegt hatte. Ich habe lediglich stets alles gekauft, was mir gefiel. Als Sammlung habe ich das nie betrachtet. Aber jetzt, wo du es erwähnst und mir die Zahl bewusst wird… Natürlich spiele ich diese Gitarren nicht alle. Auf den Tourneen habe ich vielleicht 15 dabei, die ich regelmäßig benutze. Ich liebe nun einmal Gitarren, da kann man nichts machen.

Es ist gut über ein halbes Jahrhundert her, seit du Mick Jagger am Bahnsteig von Dartford getroffen hast. Seitdem ist wahnsinnig viel passiert, aber trotzdem: Fühlt es sich tatsächlich auch so an wie ein halbes Jahrhundert?
Das ist eine dieser komischen Sachen im Leben. Im einen Moment denkt man noch, das alles wäre gestern gewesen – und im nächsten blickt man plötzlich vom anderen Ende eines immer länger werdenden Tele­skops auf diese Dinge und sieht sie immer kleiner und unschärfer werden. Nun, ich schätze, das ist es, was die Leute meinen, wenn sie vom Altwerden sprechen. (lacht) Das Komische ist allerdings, dass es sich nicht so an­­fühlt. Mein Körper ist zwar gealtert, aber bis heute bin ich nicht im klassischen Sinne erwachsen geworden.

Als Kind denkt man, irgendwann macht es click, und man wird automatisch zu einem dieser sogenannten Erwachsenen, die man früher immer als Lehrer hatte. Stattdessen wird man körperlich einfach nur älter, während sich im Kopf vieles noch genauso anfühlt wie vor 20 oder 30 Jahren.
Man steht eben plötzlich am anderen Ende der Skala und blickt aus einer anderen Perspektive auf die Dinge. Aber ich habe keine Probleme mit dem Älterwerden. So lange meine Enkel mich lieben, ist alles in Ordnung. (lacht)

Du bist heute an einem ähnlichen Punkt, den auch deine Vorbilder aus der Jugend erreicht haben. Ein allseits geachteter, in Ehren ergrauter Musiker wie B.B. King oder Muddy Waters. Das hätte man sich in den 60ern gar nicht vorstellen können, Rock’n’Roll war damals ausschließlich Sache der Jugend.
Es ergibt keinen Sinn, durch diese ganze Scheiße zu laufen, ohne jeden Inhalt. Die Familie, Kinder, Enkel, die Leute, denen man über die Jahre begegnet, Freunde… Das ist alles, worum es geht, der Sinn des Lebens, wenn man so will. Ich bin in dieser und auch in jeder anderen Hinsicht gesegnet und hatte wahnsinniges Glück. Hoffentlich muss ich dafür im Leben danach nicht den Preis bezahlen. (lacht) Insofern vielleicht ganz praktisch, dass ich an so was nicht glaube: ein Leben nach dem Tod. Nein, mein Freund, das hier ist eine einmalige Sache, es gibt keine zweite Chance. This is a one off, baby! (lacht)

Seit über 50 Jahren mit den alten Jugendfreunden zusammen in der größten Band der Welt zu spielen und damit immer noch erfolgreich zu sein, ist alleine schon weit mehr, als man erwarten kann.
Das ist in der Tat mehr, als irgendein Mensch erwarten kann, ich bin mir dessen bewusst. Aber es fühlt sich nicht so an, ich bilde mir nichts darauf ein.

Du hast den Menschen viel gegeben mit dieser Musik.
Nicht mehr, als die Menschen mir gegeben haben, das hier ist keine Einbahnstraße. Ohne die Reaktionen auf die Musik wäre ich nichts, du und alle anderen haben mich zu einem glücklichen Mann gemacht.

Und was macht dieser glückliche Mann, wenn er gerade nicht auf Tour oder im Studio ist?
Die Frau steht morgens als erstes auf und schmeißt die Hunde aus dem Bett. In letzter Zeit schlafen sie nämlich immer bei uns – abgesehen von diesen besonderen Momenten, zu denen wir sie rausschmeißen. (lacht) In den Phasen nach den Tourneen schlafe ich länger als sonst üblich, im Allgemeinen bis mittags. Mein Enkel weckt mich dann meistens. Anschließend wird gefrühstückt, und dann gehe ich mit den Hunden raus. Nun ja, nichts Besonderes, wie bei jedem anderen auch: Die Hunde sind da, die Katze ist da, die Familie ist da. Ich bringe den Müll runter und mache einen Haufen normaler Sachen.

Auszug aus: „Keith Richards: Der Stones-Gitarrist im großen Interview.“ (2018)

Unser brandneues Interview mit Keith Richards über HACKNEY DIAMONDS und mehr lest ihr in der brandneuen Ausgabe: CLASSIC ROCK #126

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5 Kommentare

  1. Keith Richards beschreibt in seinen Aussagen bzgl. Songs zu kreieren genau das Empfinden so wie ich es selbst empfinde wen ich mit meiner bescheiden Gabe als Amateur – Musiker / Gitarrist eine musikalische Idee zu Gehör bringe, ich spiele auf meinem Instrument, schreibe KEINE Songs !

    Bei aller Ablehnung die ich den Rolling Stones hege, Mr. Richards ist für mich als Musiker die ehrlichste Haut in diesem
    gigantischen Business der Musik -Industrie, die Ihre Kapital – Gier ohne Skrupel bedient.
    Die Verlierer in diesem perfiden System sind Künstler / Musiker ( w/m ) sofern sie nicht selbst in den Zentralen der Musik – Industrie beteiligt sind oder eigene Labels betreiben wie die Stones.

  2. ergänzend zu meinem ersten Kommentar :

    ,,……Mein Körper ist zwar gealtert, aber bis heute bin ich nicht im klassischen Sinne erwachsen geworden…….,,

    Genau meine Lebensphilosophie.

    Merry Christmas and Happy Bew Year for all………

  3. So geht’s glaube ich jeden der alt wird, im Kopf bleibt man ein Jugendlicher aber wenn einem so’ne knackige junge Maus über den weg läuft, merkt man wo man wirklich steht

  4. Ich habe 10 Jahre in einer Stones-Coverband gespielt und bin jetzt 71 .
    Der Grove von K.R. fasziniert mich und bin immer noch nicht komplett hinter Seine Geheimnisse gekommen.
    Es ist nicht nur Seine schlampige Art die Gitarre zu spielen.?????????
    Gruß aus Miesbach
    Paul Potkowa

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