Er mag „im Herzen ein Hardrocker” sein, doch mit seinem neuesten Album – einer Auswahl an Klassikern der „Musik des Teufels“, gesungen von verschiedenen Gaststimmen – ist Slash ein weiterer Rock-Superstar, der den Pfad des Blues beschreitet.
Slash ist in Birmingham und bereitet sich auf den zweiten Abend seiner UK-Tour mit Myles Kennedy & The Conspirators vor. Aber, um Billy F. Gibbons zu paraphrasieren, sein Kopf ist in Mississippi, während er mit großer Leidenschaft über sein neues Album aus hauptsächlich Blues-Songs spricht, das eine Vielzahl von Star-Sänger*innen und -Spieler*innen wie Gibbons, Brian Johnson, Iggy Pop, Chris Robinson, Beth Hart, Chris Stapleton, Steven Tyler und Gary Clark Jr. präsentiert.
Es heißt ORGY OF THE DAMNED, was nach einer ziemlich wilden Party klingt. „Es ist im Wesentlichen eine Blues-Coverplatte“, sagt Slash. „Und ich dachte angesichts der Zusammenarbeit mit all diesen verschiedenen Leuten und der Tatsache, dass der Blues historisch als Teufelsmusik und Tabu betrachtet wird – du weißt schon, versteck deine Kinder vor dem fucking Blues-Kram –, dass ORGY OF THE DAMNED ein passender Titel wäre. Ich habe nicht wirklich darüber nachgedacht. Er fiel mir einfach so ein.“
Der Titel stand also schnell fest, ein entsprechend grelles, Slash-typisches Cover-Artwork wurde in Auftrag gegeben, und: boom! – eine Sammlung von Liedern, die von Blueslegenden wie Robert Johnson, Howlin’ Wolf und Muddy Waters geschrieben und zum ersten Mal aufgeführt wurden, findet sich wieder in der obersten Etage des Rockadels. Also, was haben diese Jungs vor 60, 70 oder sogar 80 Jahren gemacht, was so besonders war? „Das kommt darauf an, wen du fragst, denn jeder hat eine andere Vorstellung davon, was es für sie oder ihn bedeutet“, sagt Slash. „Für mich geht es ganz einfach um das Gefühl, die Kadenz, die Haltung, den Geist und natürlich den Rhythmus.“ Blues bleibt das Genre, das am magnetischen Nordpol des Classic-Rock-Kompasses sitzt.
Aber indem er solch bekannte Stücke wie ›Hoochie Coochie Man‹, ›Crossroads‹, ›Killing Floor‹, ›Born Under A Bad Sign‹ und ›Stormy Monday‹ zusammen mit Rock- und R&B-Standards wie ›Oh Well‹, ›The Pusher‹ und ›Papa Was A Rolling Stone‹ wiederbelebt, setzt Slash sich einem doppelten Risiko aus: nicht nur, dass er sich kühn das Werk der originalen Bluesmeister aneignet, sondern er lädt auch zu Vergleichen mit den größten Rockbands der 1960er-Jahre ein, darunter Cream, Fleetwood Mac, John Mayall’s Bluesbreakers und all die anderen.
„Weißt du, wenn ich unter diesen Aspekten darüber nachdenken würde, könnte ich einpacken und nach Hause gehen“, sagt Slash ernst. „Viele Leute haben mir wirklich tiefe Fragen gestellt, aber, Mann, das hatte einfach nichts damit zu tun. Es ging wirklich nur darum, dass ich diesen oder jenen Song mag und ihn gern so oder so spielen würde. Wir haben darauf gejammt, ein Arrangement erstellt, soundso hat gesungen, und fertig. Es gibt viele wirklich ernsthafte Bluespuristen da draußen. Wirklich studierte und gut informierte Blues-Guys, das sind großartige Musiker und sie halten sich an eine bestimmte Blues-Richtlinie, sie kennen alle Noten und alles ist perfekt. Das hier bin aber einfach nur ich, der Spaß hat. Es ist nicht einmal alles traditioneller Blues, sondern eine Mischung aus verschiedenen Dingen. Es hat mir Freude gemacht und ich möchte nicht, dass jemand das überanalysiert oder versucht, es auseinanderzunehmen, weil es einfach nicht aus allzu vielen Teilen zusammengesetzt wurde.“ (Text: David Sinclair)