Ein Außenseiter ohne Interesse an Rock’n’Roll, ein Freiheitsverfechter, der seine Band wie ein Diktator führte, ein ausgewiesener Gegenpol zur Gegenkultur – von 1966-1970 war Frank Zapppa promiskuitiv, kontrovers, einflussreich und, nur vielleicht, ein musikalisches Genie.
Mai 1968. Frühmorgens in dem ausladenden Blockhaus mit 18 Zimmern an der Ecke Laurel Canyon Boulevard/Lookout Mountain Drive, das der berühmte „Freak-out“-Künstler Frank Zappa bewohnt. Draußen zwitschern die Finken und Spatzen, die Sonne brennt den ersten Morgensmog weg. Drinnen jedoch ist die Atmosphäre immer noch verdunkelt und düster, die Luft schwer vor Zigarettenrauch.
Wie immer war Zappa die ganze Nacht wach und hat an dem Klavier und dem Schreibtisch gearbeitet, die den riesigen Wohnbereich dominieren. Er hat sich in seinem Stuhl vom Schreibtisch zum Klavier gedreht und wieder zurück, seine Meisterwerke komponiert, eins nach dem anderen, während er starken, schwarzen Kaffee in sich reingekippt und die Zigaretten Kette geraucht hat, die seine einzige Droge sind, seit er elf war.
Jetzt schläft Frank, ebenso wie die anderen Leute, die dieses Haus mit ihm teilen: seine Sekretärin Pauline Butcher aus England, seine Exfreundin Pamela Zarubica, sein Aufnahmetechniker Dick Kunc, der Designer Cal Schenkel, der Tourmanager Dick „Snork“ Barber und die Mothers-Of-Invention-Mitglieder Ian Underwood und Jim „Motorhead“ Sherwood. Und dann sind da diejenigen, die nicht hier wohnen, manche berühmt, manche eher nicht, die in verschieden Ecken und Winkeln schlafen oder sich einfach vor dem riesigen Steinkamin unter dem Kronleuchter mit 14 Kerzen ausgestreckt haben.
Wach ist zu dieser Stunde einzig Zappas 23-jährige Frau Gail, die auf Zehenspitzen um die Körper herum schleicht, die achtmonatige Tochter Moon Unit unter ihrem Arm.
„Das Leben war totales Chaos“, erinnert sie sich heute. „Ich sagte mal zu Frank: ‘Dieser Typ ist seit drei Tagen hier und ich weiß nicht mal, wer er ist!’ Er sagte: ‘Mach dir keine Sorgen.’ Dann begegnete man [Groupie-Teenagerin] Miss Mercy, die ein Päckchen Butter wie eine Banane geschält hatte und es einfach so aß. Oh, und mitten in der Nacht tauchte eine Rock’n’Roll-Band auf und kam einfach herein. Es gab keine Schlösser an der Tür. Es war einfach verrückt.“
In der Küche ohne Boden („Ich weiß nicht, was passiert ist, er ist einfach verschwunden!“) sucht Gail nach irgendwelchen Resten, aus denen sie ein Frühstück zaubern könnte. Der Herd steht auf einer so hohen Plattform, dass sie sich strecken muss, um die Pfanne darauf zu stellen. Das Schlimmste ist aber, dass Gail nicht einfach zum Supermarkt fahren kann, um Essen zu kaufen. „Wir hatten kein Auto. Wenn wir einkaufen mussten, fuhr ich per Anhalter“, sagt sie. „Ich ging zur Hintertür hinaus, streckte den Daumen raus und fuhr rüber zum Markt. Mit der Wäsche habe ich das genauso gemacht! Ich hatte Moon auf einer Hüfte und die Wäsche auf der anderen… Das klingt zwar verrückt, aber diese Dinge mussten nun mal erledigt werden.“
Nichts darf ihren Mann von seiner Arbeit abhalten. Er ist nicht irgendein Rockmusiker, sondern ein Komponist. Und wie er in seiner Semi-Autobiografie „The Real Frank Zappa Book“ erklärt: „Ein Komponist ist ein Typ, der nichtsahnenden Luftmolekülen seinen Willen aufzwingt, oft mit Hilfe nichtsahnender Musiker.“
Franks einstige Sekretärin Pauline Butcher ist aus ihrem Zuhause in Singapur am Telefon und erinnert sich an ihren Boss als respekteinflößenden Mann: „Er machte sehr deutlich, dass man ihn nicht bei der Arbeit unterbrechen durfte. Und er arbeitete von der Minute, in der er aufstand, bis zur Minute, in der er ins Bett ging. Wir wagten es nicht, uns ihm zu nähern. Er blickte von seinem Schreibtisch oder Klavier auf, dachte über das nach, was man zu ihm gesagt hatte, und gab eine sehr kurze, schnelle Antwort, um klarzumachen, dass man nicht willkommen war.“ Wie Zappa in einem frühen Interview sagte: „Mein Lebenswandel ist für die meisten Menschen wahrscheinlich weder erstrebenswert noch nützlich.“
Ein Zyniker würde sagen, dass das auch für die Musik galt, die er komponierte. Aber Frank Zappa lebte sein Leben oder machte seine Musik nicht, um „den meisten Menschen“ zu gefallen. Er tat es zu seinem eigenen Vergnügen. Und jeder, der in seinem Orbit bleiben wollte, musste sich dem unterwerfen.
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