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Das letzte Wort: Ian Gillan

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Das letzte Wort: Ian Gillan

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Ian Gillan_press pic 2Die Tatsache, dass Rocker auch gerne mal den Star raushängen lassen, soll ein neues Phänomen sein? Das sieht Ian Gillan anders. Seiner Ansicht nach gab es auch schon unter den Klassik-Komponisten vergangener Jahrhunderte etliche Diven. Zudem zählt für ihn ohnehin nur eines: die Liebe zur Musik.

In den Siebzigern trat Gillan unter verschiedenen Künstlernamen wie zum Beispiel Jess Thunder oder Garth Rockett auf, bevor er 1965 unter seinem richtigen Namen als Sänger bei Episode Six einstieg und dort den Bassisten Roger Glover kennenlernte. Zusammen mit ihm verließ er die Gruppierung 1969 und unterschrieb bei einer Kapelle, die Rockgeschichte schreiben sollte – und ihm in den Folgejahren zu weltweitem Ruhm verhalf: Deep Purple. Alben wie DEEP PURPLE IN ROCK, FIREBALL oder MACHINE HEAD sind legendär, und der auf letzterer Scheibe enthaltene Evergreen ›Smoke On The Water‹ gehört zum Standardprogramm eines jeden Gitarrenschülers. Zudem waren Deep Purple die erste Rockband, die harte Klänge mit klassischer Musik bei einem Live-Auftritt verbanden: Eigentlich als Solo-Projekt des Keyboarders Jon Lord geplant, entwickelte sich das Vorhaben zu einem Meilenstein, und die britische Combo konnte zusammen mit dem Royal Philharmonic Orchestra unter der Titulierung CONCERTO FOR GROUP AND ORCHESTRA einen musikalischen Höhepunkt ihrer Karriere feiern.

Rund 40 Jahre später kehrt Ian Gillan zu diesen Wurzeln zurück. Zusammen mit Stars wie Lou Gramm von Foreigner oder Dan McCafferty (Nazareth) wird er in Kooperation mit dem Prager Bohemian Symphonic Orchestra allseits bekannte Rockstücke mittels Einsatz von klassischen Instrumenten auf die Zuhörer in den Auditorien deutscher Konzerthallen hereinbrechen lassen – der Titel der Mammut-Unternehmung: Rock Meets Classic.

Ian, dein Großvater war als Opernsänger tätig, und dein Onkel arbeitete als Pianist. Hat Musik dein Leben von Beginn an geprägt?
Definitiv. In meiner Kindheit war es nicht der Regelfall, dass eine Familie ein eigenes Radio oder später einen Fernseher besaß. Das Musizieren machte einen großen Teil des sozialen Lebens aus – sowohl innerhalb der Familie als auch auf den Straßen meiner Heimatstadt, wo ebenfalls viel gesungen wurde. Geld für Instrumente hatten die Wenigsten. Wir improvisierten entsprechend: Ein Waschtrog mit Sehnen vom Schlachter wurde zum Bass, und mit einem in Papier eingewickelten Kamm konnte man verschiedene Melodiebögen spielen. Dennoch war es zu jener Zeit normal, dass Jugendliche ein Instrument erlernten. Dementsprechend viele Bands gab es auch. Wir brachten uns gegenseitig bei Jam-Sessions neue Akkorde bei.

Wie haben deine Eltern darauf reagiert, dass du Profi-Musiker werden wolltest?
Nun, ich hatte nie den konkreten Plan, irgendwann als Künstler meine Brötchen zu verdienen. Das war mehr oder weniger ein schleichender Prozess. Ich hatte das Glück, dass ich aus meinem Hobby eine lukrative Einnahmequelle machen konnte – obwohl das meiner Mutter anfangs nicht gefiel. Sie hatte für ihren Sprössling eine akademische Laufbahn geplant. Mein Vater hingegen nahm die Sache ganz locker.

Lass uns etwas näher auf Rock Meets Classic eingehen. Wenn von klassischer Musik gesprochen wird, dann denkt der Hörer meist an Bach, Beethoven oder Mozart, also an die großen Komponisten der vergangenen Jahrhunderte. Wo siehst du den Stellenwert dieses Genres beim Komponieren neuer Stücke, und verwendest du unter Umständen sogar Einflüsse daraus als Basis?
Nein. Diese beiden Komponenten funktionieren zwar live zusammen, wie wir schon vor 40 Jahren bewiesen haben. Doch orchestrale Musik als Grundlage für Rock-Stücke zu benutzen, geht zu weit. Ich für meinen Teil bewundere einige große Klassik-Komponisten und schätze deren Arbeiten, z.B. Frédéric Chopin. Die Tonkünstler von gestern und heute haben etwas gemeinsam: Sie polarisieren in ihrer jeweiligen Zeit, sind Freigeister. Mozart beispielsweise hatte den Status eines Rockstars – inklusive aller klischeehaften Exzesse.

Deine Gesangskarriere startete als Sopran im lokalen Kirchenchor deiner Heimatgemeinde, und 1970 übernahmst du die Titelrolle in Andrew Lloyd Webbers Musical JESUS CHRIST SUPERSTAR. Ist Religion ein wichtiger Bestandteil deines Lebens?

Gegenfrage: Was ist eigentlich Religion? Religion ist in meinen Augen keine Frage des Glaubens an ein höheres Wesen, sondern eine kulturelle Angelegenheit – und auch eine Frage der jeweiligen Abstammung. Wäre ich nicht in Großbritannien zur Welt gekommen, sondern beispielsweise in Bagdad, würde ich jetzt wohl einen Vollbart tragen und mein Haupt in Richtung Mekka verneigen. Als Inder wäre mein größter Wunsch, ein reinigendes Bad im Ganges zu nehmen – eben das zu tun, was in der jeweiligen Region Sitte und Gebrauch ist. Doch wenn du mich gefragt hättest, ob Gott für mich wichtig sei, dann wäre meine Antwort kurz und simpel ausgefallen: Ja.

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