Lange Zeit dachte man, dass man nie wieder ein Album unter dem Band-Banner Live in Händen halten würde. In den 90ern zählten die Amerikaner zu den erfolgreichsten Alternative-Rock-Bands, Hits wie ›Selling The Drama‹, ›Lightning Crashes‹ und ›Turn My Head‹ sind bis heute unvergessen. So schön diese Zeit war, so unschöner war dann das vorläufige Ende der Band. 2009 trennte man sich, Sänger Ed Kowalczyk wurde anschließend von seinen ehemaligen Kollegen verklagt. Während er bis dato drei Soloalben veröffentlichte, schlossen sich Chad Taylor, Patrick Dahlheimer und Chad Gracey mit Kevin Martin und Sean Hennesy von Candlebox zusammen und gründeten The Gracious View, deren einziges Werk jedoch schon vier Jahre zurückliegt. Nun präsentieren diese drei Herren völlig überraschend THE TURN, einschließlich neuem Sänger Chris Shinn. Zugegeben, am Anfang geht man äußerst skeptisch an das Album heran, schließlich war Kowalczyks Stimme eines (wenn nicht das) Markenzeichen der Band. Der Opener ›Sirens Call‹ wirkt dann auch noch etwas befremdlich, erinnert mehr an A Perfect Circle und Filter als an Live anno 1995. Doch schon mit dem dritten Song ›Natural Born Killers‹ landen sie einen Volltreffer, genauso müssen Live klingen. Manchmal hat man sogar das Gefühl, Eds prägnante Stimme im Hintergrund zu hören und lässt sich von der Nostalgie übermannen. Dabei tut man Shinn damit unbewusst Unrecht. Denn auch wenn seine Stimme nicht ganz so markant wie die seines Vorgängers ist, passt sie dennoch nahtlos in die Songs, bis er bei Nummer zehn (›He Could Teach The Devils Tricks‹) wirklich sehr nah an Kowalczyk herankommt. Ein würdiges Come-back, dem auch hartgesottene Ed-Anhänger eine Chance geben sollten.