In der Geschichte von Black Sabbath – der ersten und größten Heavy Metal-Band aller Zeiten – ist Gitarrist Tony Iommi die einzige Konstante. Er wurde am 19. Februar 1948 im Heathfield Road Hospital in der Nähe des Stadtzentrums von Birmingham geboren. Er war das einzige Kind einer italienischen Einwandererfamilie und wurde nach seinem Vater Anthony Frank Iommi benannt.
Als Tony im Alter von 17 Jahren bei einem Schweißunfall zwei Fingerkuppen seiner rechten Hand verlor, sah es beinahe so aus, als wäre seine Karriere als professioneller Gitarrist schon vorbei, bevor sie richtig begonnen hat. Doch durch selbstgemachte künstliche Fingerspitzen entwickelte er eine einzigartige Spielweise, die charakteristisch für ein ganzes Rockmusik-Genre wurde.
Sein eigenes Leben, das stets eng mit Black Sabbath verbunden war, hielt einige Höhen und Tiefen für den 64-jährigen Musiker bereit. Mit CLASSIC ROCK sprach er offen über sein Leben und seine Karriere: über Musik und Geld, Liebe und Gewalt, Drogen und Tod, Ozzy und Sharon, die Zukunft von Black Sabbath und über einen Zwerg, der um Stonehenge tanzt.
Als Teenager warst du oft in Schlägereien verwickelt. Wie kam es dazu?
Ich denke, es ging darum, Dinge rauszulassen, die sich in deinem Inneren angestaut hatten. Ich lebte in einer sehr rauen Gegend. Es gab Gangs und viele Straßenschlachten. Meine Mutter sah es nicht gerne, wenn ich das Haus verließ. Ich habe in meinem Zimmer mit Gewichten trainiert. Danach habe ich mit Judo, Karate und Boxen angefangen.
Hat es dir Spaß gemacht, Leute zu verprügeln?
Darum ging es nicht. Es ging darum, andere zu verprügeln, bevor sie sich auf dich stürzen. So lief das bei uns. Immer hackte jemand auf einem herum und es endete immer in einem Kampf.
Du hast sogar ein Messer bei dir getragen.
Eine Zeit lang, ja. Ich war Mitglied einer Gang. Und wenn dich jemand von einer rivalisierenden Gang auf der Straße sah, wurdest du angegriffen. Es gab selten Nächte, in denen ich nach Hause kam, ohne mit geprügelt zu haben. Doch es wurde immer seltener, als ich anfing, Musik zu hören.
Was für Hoffnungen und Träume hattest du 1969 als 20-jähriger Gitarrist von Black Sabbath?
Zuerst war mein Traum, in London spielen zu dürfen. Doch unser größter Wunsch war es, ein Al-bum aufzunehmen. Als wir dann die Möglichkeit bekamen, konnten wir es alle kaum glauben.
Warum wurden Black Sabbath damals derart missverstanden?
Damals waren Soul und Blues sehr angesagt, und unser Album unterschied sich sehr von diesen Stilen. Die Leute sagten: „Du meine Güte, das ist mir doch ein wenig zu heftig!“ Durch das umgedrehte Kreuz auf dem Albumcover dachten die Leute, wir beschäftigen uns mit schwarzer Magie – auch wenn das nicht stimmte. Am Anfang hatten die Menschen einfach Angst vor uns.
Kannst du dich an den Zeitpunkt erinnern, an dem du bemerkt hast, dass Sabbath wirklich groß werden könnten?
1970, als wir das erste Mal nach Amerika flogen. Damals begriffen wir es langsam. Wir spielten in New York im Fillmore East. Das war unglaublich.
Warum sprach die Musik von Black Sabbath so viele Menschen an?
Wir waren bodenständige Leute aus der Arbeiterklasse. Und das spiegelte sich auch in der Musik wieder. Die Menschen konnten sich mit dem, was wir taten, identifizieren.
In eurer Anfangszeit wurde Sabbath von Don Arden gemanagt, einem berüchtigten Impresario und der Vater von Sharon Osbourne. Wart ihr von Don eingeschüchtert?
Ich glaube, erschüchterte jeden ein. Damals ging man auch anders mit Leuten um als heute. Heute geht alles über Anwälte. Damals schickten sie noch Leute los, um dich zu verprügeln. Wir haben das selbst ein paar blutige Male gesehen. Doch als Don die Band in den Achtzigern wieder betreute, fühlte ich mich von ihm in keiner Weise belästigt. Ich habe ihn sogar ein bisschen bemitleidet. Er hat oft Termine mit mir ausgemacht, nur um jemanden zum Reden zu haben. Er war im Grunde ein sehr einsamer Mensch.
Du hast in deinem Buch „Iron Man: My Jour-ney Through Heaven And Hell With Black Sabbath“ erwähnt, dass du etwas mit Sharon hattest, bevor sie mit Ozzy zusammenkam.
Nun, als Don uns in den Siebzigern betreute, arbeitete Sharon für ihn. Immer wenn wir in L.A. waren, hatte ich auch Termine mit Sharon. Wir trafen uns und gingen zusammen essen. Das war aber auch schon alles.
Was waren die Höhe- und Tiefpunkte in deiner Karriere mit Black Sabbath?
Wir hatten unglaubliche Höhepunkte mit Ozzy und Ronnie James Dio. Auch die Reunion mit Ozzy 1997 war fantastisch. Ich wusste immer, dass das eines Tages geschehen wird, aber man ist sich nie sicher. Es war ein sehr emotionaler Moment für uns, nach all diesen Jahren wieder zusammen auf die Bühne zu gehen. Der Tiefpunkt meiner Karriere waren die Achtziger und Neunziger Jahre, in de-nen ich immer wieder versucht habe, die Band zusammen zu halten. Ich habe den Namen Black Sabbath beibehalten und eine Menge Kritik einstecken müssen, da ich andere Musiker mit ins Boot holte. Ich wollte einfach nicht loslassen. Doch wenn jeder außer dir selbst ersetzt wurde, dann fragst du dich schon, was passiert ist.
Als der Film „This Is Spinal Tap“ 1984 herauskam, hattet ihr bei Sabbath erst kurz zuvor ein riesiges Stonehenge-Bühnenbild. Es gibt im Film diese berühmte Szene mit dem Miniaturmodell von Stonehenge. Fühltest du dich persönlich angegriffen, als du ihn gesehen hast?
Nein, ich fand es lustig. Ich fand auch unser Stonehenge lustig, als ich es das erste Mal gesehen habe. Als wir damals vor der Bühne probten, wurden die Steine nach und nach auf die Bühne getragen. Ich traute meinen Augen nicht – das hörte gar nicht mehr auf. Wir haben dieses Set aber nur für ein paar Konzerte verwendet.
Als das Original-Line-up von Sabbath für Live Aid 1985 wieder zusammenkam, saht ihr alle sehr fertig aus. Wie ging es euch damals?
Nicht sehr gut (lacht). Wir trafen am Abend davor aufeinander, und da wir uns so lange nicht mehr gesehen hatten, wurde es eine feuchtfröhliche Nacht. Ich hatte einen schrecklichen Kater, und wir spielten um zehn Uhr morgens. Ich musste meine Sonnenbrille aufsetzen. Ich fühlte mich schrecklich. Doch die Nacht davor war großartig.
Hast du einen bösen Sinn für Humor?
Ein bisschen schon, ja.
In den Anfangstagen von Black Sabbath hat Bill Ward das immer abgekommen.
Ja. Jeder ärgerte Bill. Und er liebte es. Wenn man ihn mal nicht ärgerte, fragte er gleich: „Stimmt was nicht?“
War es – im Nachhinein betrachtet – nicht ein bisschen zu grausam, Bills Bart anzuzünden?
Oh mein Gott. Das war ganz schön traurig, oder?