Manchmal ist es doch wirklich zum Haa-reausraufen. Wie kreiert man jenen „Buzz“, der nötig ist, um eine Band in das Bewusstsein einer reizüberfluteten Menge zu bringen, ohne multimillionenschwere Marketingbudgets zur Verfügung zu haben? Wir wissen es auch nicht, weswegen wir uns etwas ernüchtert den Kopf kratzen, als im ohnehin sehr überschau- baren (aber dafür auch sehr schmucken) Backstage Club in München gerade mal einige Dutzend Menschen aufgetaucht sind, um die fantastischen Australo-Rocker Tracer zum ersten Mal in der bayrischen Landeshauptstadt willkommen zu heißen. Ein hervorragendes neues Album im Angebot scheint jedenfalls nicht mehr auszureichen, um vor vollem Haus zu spielen.
Nun gut, wenn es uns für die drei Sympathen auch leid tut wünschen wir uns nicht immer alle, unsere Lieblingsbands in einem so intimen Rahmen zu sehen? Insofern stehen die Vorzeichen nicht schlecht für einen fulminanten Abend, und den bekommen wir auch. Tracer sind echte Profis und lassen sich keinerlei Enttäuschung anmerken sie schreiten auf die Bühne und stürmen los. Erstaunlich ist, wie drei Leute in einem winzigen Saal einen Sound erzeugen können, der klingt wie direkt aus dem Stadion gebeamt. Das Rhythmus-Duo Jett am Bass und Andre Wise am Schlagzeug legt ein mächtig wummerndes Fundament, auf dem Michael Brown mit seiner granitzerbröselnden Gitarre, vor allem aber seiner prägnanten Gesangsleistung demonstriert, warum die Band als „next big thing“ gehandelt werden sollte. Oft liest man, er klinge sehr nach Chris Cornell. Was prinzipiell stimmt doch jeder, der Soundgarden mehr als einmal live erlebt hat, weiß, dass dieser in Sachen Stimmperformance nur selten an sein studioveredeltes Optimum rankommt. Bei Brown hingegen sitzt absolut jeder Ton.
Und das über die gesamten eineinhalb Stunden, in denen uns Tracer ein sorgsam ausgewähltes Paket aus ihrem noch kleinen Katalog kredenzen. Schön ist, dass die Burschen auf zwei Alben und einer EP so gut wie keinen Ausschuss produziert haben. Problematisch ist also höchstens, dass ihr Material vielleicht ein bisschen zu homogen klingt. Und die Tatsache, dass die langsameren Stücke unter diesen Bedingungen nicht wirklich zünden können. Diese kleine Party braucht Power, ein wunderschönes Wüstenepos wie ›Until The War‹ verfehlt da leider etwas seine Wirkung. Nach diesem kleinen Durchhänger aber liegt wieder der Sack Ziegel auf dem Gaspedal, ›El Pistolero‹, ›Lady Killer‹ und ›Wrecking Ball‹ führen uns zum Highlight des neuen Albums, ebenfalls EL PISTOLERO betitelt, namens ›Dead Garden‹. Danach das obligatorische Päuschen, bevor der mittlerweile doch recht ordentliche Jubel umgehend die Zugabe herbeiführt. Noch mal ein etwas gemächlicherer Einstieg, bevor die drei mit einem furiosen ›Devil Ride‹ zum Abschluss kommen.
Sie hinterlassen ein bestens unterhaltenes Publikum, das eine unglaublich tighte Band erleben durfte, die meilenweit aus dem sonstigen Stoner- Rock-Brei herausragt und bei aller Versiertheit nicht vergisst, dass es hier immer noch um Entertainment geht. Wer diese Show erleben durfte, weiß aber auch: Tracer gehören auf die ganz großen Bühnen, wo sie ihre donnernde Urwucht erst so richtig entfalten würden. Eines Tages werden sie die Mega-Open-Airs beschallen und alle wer- den wissen, was gemeint ist. Heute wissen wir aber schon was anderes. Wie kreiert man jenen „Buzz“, der eingangs erwähnt wurde? Genau mit solchen Auftritten, bei den man jeden einzelnen Fan für sich gewinnt. Und jeder einzelne dieser Fans wird dann auf dem Mega-Open-Air stolz sein, dabei gewesen zu sein. Fucking epic!