Keine Angst, wir sind verloren.
„There‘s nothing to fear.“ Mit diesen Worten schließt Josh Tillman seine dritte Platte als Father John Misty. Das scheint einigermaßen überraschend nach den vorangegangenen recht apokalyptischen 75 Minuten. Der eröffnende Titelsong rechnet mit religiöser Repression ab („Their idea of being free is a prison of beliefs“), ›Leaving LA‹ imaginiert den Westküsten-Exodus, ›The Memo‹ reflektiert die Digitalkultur („Narcissus would have had a field day/If he could have got online“) und in ›When The God Of Love Returns‹ philosophiert der Father mit seinem Schöpfer über das Leben auf Erden („If this isn‘t hell already/Then tell me what hell is“). Klingt ziemlich pessimistisch, ist es auch, und andererseits auch wieder nicht. Tillman entfaltet – ironisch, spöttisch – ein Panorama der menschlichen Tragikomödie. Religion, Ideologie, Politik, Fame, alles lächerlich, alles Illusion. In Wahrheit rast der Mensch auf einem Steinklumpen durchs All und zerstört diesen noch dazu auf rasante Weise. Er ist komplett verloren. Und gerade diese Erkenntnis ist befreiend. Nichts ist wichtig – außer uns selbst und dem Wunder, dass wir am Leben sind. Die rettende Losung besteht darin, jeden Augenblick zu genießen. Und in der Nächstenliebe: „I hate to say it but each other‘s all we got.“ Musikalisch setzt Tillman wie schon bei I LOVE YOU, HONEYBEAR auf große orchestrale Arrangements und schwelgerische Erhabenheit. Im Verbund mit seiner außergewöhnlichen Stimme ist das ziemlich beeindruckend.
8/10
Father John Misty
PURE COMEDY
PIAS/ROUGH TRADE