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Blues-Boom: B.B. King (Teil 2)

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Blues-Boom: B.B. King (Teil 2)

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B.B. Kings COMPLETELY WELL war ein bahnbrechender Meilenstein für die Ewigkeit. Der Nachfolger, INDIANOLA MISSISSIPPI SEEDS, stand immer in dessen Schatten, doch er ist ein vergessenes Meisterwerk, das endlich die gebührende Aufmerksamkeit erhalten sollte.

Um einen seiner größten Songs zu zitieren: B.B. King hatte den Preis dafür gezahlt, der Boss zu sein. Sein Tourplan war legendär – in manchen Jahren spielte er über 350 Konzerte –, doch Mitte der 60er machte er im Wesentlichen immer wieder dasselbe Album. Er brauchte einen neuen Ansatz und die Rettung kam in Form des jungen Produzenten Bill Szymczyk. „Ich hatte B schon gehört, seit ich Teenager war“, sagt der. „Ich wusste, welchen Ruf er unter seinesgleichen genoss. B konnte mehr Seele und Herzschmerz in eine einzelne Note packen als andere Musiker in ein Dutzend. Als Gitarrist war er absolut einzigartig.“ Szymczyk ist selbst kein Musiker. Ein flüchtiger Blick auf seine Vita offenbart, dass er zu Beginn seiner Karriere Sonarbediener bei der US-Marine gewesen war. Interessant wurde es, als er beim Hit Factory Studio in New York kündigte und einen Job bei ABC Records bekam.

Er nahm eine Gehaltskürzung in Kauf für die Chance, vom Tontechniker zum Produzenten zu wechseln, um letztlich mit seinem Idol B.B. King zusammenzuarbeiten. „Ich fühlte mich mehr als bereit“, sagt er auf musicradar.com. „Ich hatte schon viele Platten und Demos gemacht und viele Ratschläge bekommen. Doch die Wahrheit ist, dass dir niemand wirklich beibringen kann, wie man produziert. Das ist ein so subjektives Unterfangen und es verändert sich ständig. Entweder hast du das richtige Temperament dafür oder nicht.“ Heute kennt man Szymczyk vor allem für seine Arbeit mit den Eagles, darunter auch die an HOTEL CALIFORNIA. Zudem zählten bereits Joe Walsh, die J. Geils Band, Johnny Winter und unzählige andere zu seinen Klienten. Doch Ende der 60er hatte er einfach nur ein frisches Paar Ohren und ein paar sehr gute Ideen.

Es war Szymczyk, der King davon überzeugte, mit jungen Musikern aufzunehmen, statt auf seine Live Band zurückzugreifen. Der erste Versuch war LIVE & WELL von 1969, das erste Album von B.B. King, das in den USA die Top 100 erreichte. Es war ein Kompromiss und bestand aus fünf „Live“-Tracks mit seiner Tourband und fünf im Studio aufgezeichneten Stücken mit „einigen der besten jungen Blues-Musiker im ganzen Land“, wie der König sagte. Wir sprechen hier von Leuten wie Aretha Franklins Bassist Gerald „Jerry“ Jemmott und Organist Al Kooper, der schon mit Bob Dylan kollaboriert hatte. Das Album warf mit ›Why I Sing The Blues‹ einen Hit in den Pop- und R’n’B-Charts ab, sehr zur Freude der Plattenfirma, was dann zum Nachfolger COMPLETELY WELL führte.


Bei den Aufnahmen zu dieser Platte hatte Szymczyk die geniale Idee, Streicher zu ›The Thrill Is Gone‹ hinzuzufügen. „Für dieses Album engagierte ich Herbie Lovelle am Schlagzeug, Gerald Jemmott am Bass, Paul Harris an den Keyboards und Hugh McCracken an der Gitarre“, sagte er im Magazin „Sound On Sound“. „Das war eine ethnisch ausgewogene Band, zur Hälfte schwarz, zur Hälfte weiß, aber es waren alles junge Kerle. Die Energie war da. B.B. fing an, dieses Moll-Riff des Songs zu spielen und Paul griff das sofort am Wurlitzer-Klavier auf. Innerhalb von Minuten waren sie im Groove. Ich drehte durch, so gut war das. Dann hatte ich die Idee, Streicher hinzuzufügen. Ich rief B an und er zögerte ein bisschen. Doch ich holte einen großartigen Arrangeur ins Boot, der dieses um werfende, hypnotische Arrangement schrieb, das wir dann aufnahmen. Diese Platte wurde zu seinem Durchbruch.“

Angesichts des großen Erfolgs von COMPLETELY WELL und ›The Thrill Is Gone‹ überrascht es nicht, dass
Szymczyk diese gewinnbringende Formel auch auf INDIANOLA MISSISSIPPI SEEDS anwandte. Als King im Mai 1970 in den Record Plant Studios in Los Angeles zu Szymczyk stieß, sah er sich wieder mit lauter jungen Heißspornen konfrontiert. „Ich musste eine neue Band zusammenstellen“, sagt der Produzent. Seit ich nach L.A. gezogen war, hatte ich mit Russ Kunkel und Brian Garofalo gearbeitet. Sie waren meine Rhythmussektion, lange bevor Russ mit jedem unter der Sonne spielte“ (zur Information: dazu gehörten Jackson Browne, Eric Carmen, J.J. Cale, David Crosby, Clannad und mehr. Bassist Brian Garofalo hat seinerseits mit John Stewart, Joe Walsh, Kim Carnes und anderen gespielt).

Die Songwriterin Carole King (damals noch ziemlich unbekannt, aber im folgenden Jahr gelang ihr mit dem Album TAPESTRY der große Durchbruch) spielte auf einigen Songs der Platte Klavier: ›You’re Still My Woman‹, ›Until I’m Dead And Cold‹, ›Ain’t Gonna Worry My Life Anymore‹ und das phänomenale E-Piano auf dem grandiosen ›Chains And Things‹. „Carole King und ich kannten einander schon seit 1964 aus New York“, erinnert sich Szymczyk. „Sie wohnte damals in L.A., also rief ich sie an und fragte, ob sie nicht bei den Sessions mitwirken wolle. Sie ließ sich natürlich nicht zweimal bitten! Am ersten Tag stellte ich sie B vor: ‚B.B. King, das ist Carole King. Ihr seid möglicherweise miteinander verwandt‘. Und in musikalischer Hinsicht waren sie das tatsächlich!“ Zu den Sessionmusikern zählten auch Sänger/Pianist Leon Russell und der James-Gang-Gitarrist sowie spätere Eagle Joe Walsh. Russell steuerte eine der wichtigsten Nummern und Singles des Albums bei, ›Hummingbird‹. „Das war der einzige Song, den ich B brachte, denn ich hielt es für einen Hit. Über ein paar Freunde kontaktierte ich Leon, und auch er ließ sich die Chance nicht entgehen, mit B zu arbeiten. Bei Joe Walsh war es genauso.“ ›Hummingbird‹ wurde durch Backing-Vocals von Sherlie Matthews, Merry Clayton, Clydie King und Venetta Fields veredelt. Zwischen ihren äußerst illustren Sessionaufträgen traten Matthews, King und Fields als The Blackberries auf, die bekanntlich in den 70ern mit Humble Pie zusammenarbeiteten.

Clayton ihrerseits kann auf einen Katalog von Kollaborationen zurückblicken, der viel zu umfangreich für diesen Artikel ist. Den meisten ist sie ein Begriff als die weibliche Stimme auf ›Gimme Shelter‹ von den Rolling Stones. „Es war wunderbar, mit B.B. zu arbeiten“, sagt Sherlie Matthews. „Er wusste genau, wie die Backing-Vocals arrangiert werden sollten, aber er ermutigte uns, auch eigene Ideen beizusteuern, die er dann auch annahm.“ Doch so gelungen die Produktion auf dem Album auch sein mag, einer der nachhallendsten Tracks ist der wohl reduzierteste: Die Platte beginnt mit ›Nobody Loves Me But My Mother‹, einem Solo-Blues-Klavierstück von Carole King. Darauf gibt es die entscheidende Zeile „She might be jivin‘ too“, die andeutet, dass B.B. bei der Entstehung des Albums jede Menge Spaß hatte.

„Er fühlte sich sehr wohl im Studio“, so Szymczyk. „Ich leitete äußerst entspannte Sessions und ließ B den Musiker die Songs zeigen, sodass daraufhin alle die Arrangements ausarbeiten konnten. Wenn er die anderen, die er zuvor nie getroffen hatte, dann kennenlernte, war er ziemlich locker.“ Das hört man in Kings Gitarrenspiel, nicht zuletzt in dem wundervoll beseelten Solo auf ›Chains And Things‹. Diesen Song könnte man als die SEEDS-Variante von ›The Thrill Is Gone‹ bezeichnen, die durch eine fast fünfminütige Laufzeit brütet. Laut Szymczyk waren die Ähnlichkeiten zu dem großen Klassiker aber nicht beabsichtigt. „Ehrlich gesagt habe ich das nie mit ›The Thrill Is Gone‹ verglichen. Der Streicher-Overdub erinnert wohl daran.“ Joe Bonamassa coverte ›Chains And Things‹ bei seinem Konzert im Shepherds Bush Empire, das für seine Live-DVD bzw. -CD TOUR DE FORCE: LIVE IN LONDON von 2014 aufgezeichnet wurde. B.B. King und Szymczyk sollten noch ein weiteres Album zusammen machen, das 1971 erschienene, hochgelobte LIVE IN COOK COUNTY JAIL. Diese gemeinsamen Platten gehören bis heute zu den beliebtesten in der Karriere des Blues-Giganten. Leider verstarb er im Mai 2015 im Alter von 89 Jahren. Er ist in seinem Museum in seiner Wahl-Heimatstadt Indianola beigesetzt, 32 Kilometer entfernt von dem Ort, an dem er auf die Welt gekommen war.

Bill Szymczyk arbeitete nicht nur mit den bereits er wähnten Eagles , Joe Walsh, Johnny Winter und der J. Geils Band zusammen, sondern auch mit REO Speedwagon, Rick Derringer, Elvin Bishop, Wishbone Ash, Santana, Bob Seger und The Who (auf FACE DANCES von 1981). 1990 kehrte er dem Musikbusiness den Rücken, begab sich aber seitdem immer mal wieder ins Studio. Während es auf alle Zeit im Schatten von COMPLETELY WELL stehen wird, sehen viele INDIANOLA MISSISSIPPI SEEDS als ein echtes BluesMeisterwerk an, einige sogar als das bessere der beiden Alben. Doch was

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