Ritchie Blackmore’s Rainbow
BLACK MASQUERADE
Eagle Vision/Edel
Live aus Düsseldorf, eingespielt 1995.
Rainbow war immer eine Art Katalysator für Ritchie Blackmore, wenn es im Hause Deep Purple einmal wieder rund ging. Als er die Band 1975 gründete, war er gerade bei Purple ausgestiegen und bewies, dass er auch aus eigener Kraft große Erfolge feiern kann. Mitte der 80er kehrte er zu seinem früheren Arbeitgeber zurück, was jedoch nur bis 1993 gut ging. Danach war es wieder an der Zeit, Rainbow neu zu aktivieren. In komplett neuer Besetzung nahmen sie das Album STRANGER IN US ALL auf und begaben sich anschließend auf eine ausgedehnte Tour. Die führte die Briten 1995 auch nach Düsseldorf, wo eine Show für die legendäre Fernsehserie „Rockpalast“ aufgenommen wurde. Dieses Konzert erscheint nun erstmals als DVD und Doppel-CD. Schon beim Einblender des „Rockpalast“-Schriftzuges wird man nostalgisch. Die Bühne liegt zunächst im Dunkeln, es ertönt ein Ausschnitt aus dem Film „Der Zauberer von Oz“ als Einleitung zum „Regenbogen“. Danach legen die Musiker sofort mit ›Spotlight Kid‹ aus DIFFICULT TO CURE (1981) los. Es folgen weitere Rainbow-Hits wie ›Long Live Rock’n’Roll‹, ›Black Masquerade‹ und ›Man On The Silver Mountain‹ sowie die Deep Purple-Klassiker ›Perfect Strangers‹, ›Hall Of The Mountain King‹ und natürlich ›Smoke On The Water‹. Die Musiker präsentieren sich in Bestform. Ritchie Blackmore selbst wirkt bei seinen Soli wie in Trance, zupft seine extrem schnellen Tonfolgen meist mit geschlossenen Augen. Auch der neue Mann am Mikro, Doogie White (heute bei Michael Schenker) setzt die Songs sehr gut um, auch wenn er bei dem ein oder anderen Lied nicht an Ronnie James Dios Stimmvolumen herankommt. Die Bild- und Tonqualität ist gut. Natürlich kann die Aufnahme nicht mit aktuellen Aufzeichnungen mithalten, doch das kann man von älterem Material kaum erwarten. Zudem: Wir befinden uns in den Neunzigern und diese wollen wir auch in Bild und Ton erleben. Nach guten 100 Minuten und 18 grandios präsentierten Songs verlassen die Musiker unter tosendem Applaus die bis ins letzte Eck vollgestopfte Halle und beenden damit ein schönes nostalgisches Konzerterlebnis.
8
Simone Bösch
Jimi Hendrix
HENDRIX – GUITAR HERO
Universal
Held der Helden.
Hendrix ist jetzt schon seit fast 43 Jahren tot und sogar Guido Knopp mit seiner berüchtigten musikhistorischen Findigkeit hat sich schon dem Thema Jimi Hendrix gewidmet. Brauchen wir da wirklich noch eine DVD über den Vereinspräsidenten des „Club 27“? Nun, der vollständige Name, welcher HENDRIX THE GUITAR HERO CELEBRATED BY LEGENDS OF ROCK lautet, lässt da doch noch etwas Interesse aufkeimen und beim Blick auf die Liste dieser „Rock-Legenden“ wird einem klar, dass man die Geschichte von Hendrix natürlich schon kennt, sie aber noch nie durch diese Augen betrachtet und aus diesen Mündern erzählt bekommen hat: In ausgiebigen Interviews kommen hier Musiker wie Mick Taylor (The Rolling Stones), Micky Dolenz (The Monkees), Eric Burdon (The Animals), Stephen Stills (Crosby, Stills and Nash), Lemmy Kilmister (Motörhead) und Dave Mason (Traffic), sowie Jimis Bruder Leon und Slash (Guns N‘ Roses / Velvet Revolver) zu Wort und ehren ihr Idol. Dabei erzählen sie von ihren persönlichen Erlebnissen mit Hendrix und im Besonderen von der Bedeutung, die seine Musik für sie und ihr Schaffen hat. Slash übernimmt bei der Doku-mentation zudem die Rolle des Sprechers. Das mehrstündige Bonusmaterial umfasst neben ungekürzten Fassungen der Interviews einige bislang unveröffentlichte Filmaufnahmen, sowie die stummen 8mm-Aufnahmen von Rockfotograf Henry Diltz, die dieser während Hendrix‘ Tour mit den Monkees gedreht hat.
Natürlich deckt dieser Film keine Geheimnisse auf, dennoch dürfte HENDRIX – GUITAR HERO sowohl für Hendrix-Liebhaber als auch für Fans der interviewten Künstler gleichermaßen unterhaltsam und interessant sein.
7
Paul Schmitz
Santana & McLaughlin
INVITATION TO ILLUMINATION –
LIVE AT MONTREUX 2011
Eagle Vision/Edel
Vier Hände, zwölf Saiten und ein Hallelujah!
Für Gitarristen mit ausgeprägter Mucker-Attitüde, also solche, die sich abendfüllend und detailverliebt über Arpeggien, das einzig richtige Kabel und die Vorzüge diverser Verstärkereinstellungen austauschen können, ist das hier vermutlich wie Weihnachten, Geburtstag und 1. Mai zusammen: Zwei ausgewiesene Meister ihre Faches, namentlich Carlos Santana und John McLaughlin, zelebrieren auf der Bühne in Montreux beträchtliche Teile ihres gemeinsamen 73er-Werkes LOVE DEVOTION SURRENDER, also eines Klassikers des spirituell erleuchteten Jazzrocks. Und zitieren dabei auch noch Fremdkompositionen wie Bob Dylans ›A Hard Rain Is Gonna Fall‹, Led Zeppelins Gassenhauer ›Stairway To Heaven‹ und – ganz im Sinne des befreiten Egos – die ›Marseillaise‹. So weit, so gut, zumal kompetente Mitstreiter wie u.a. Schlagzeuger Dennis Chambers, Bassist Etienne M’Bappé und Keyboarder David K. Mathews für das passende Umfeld sorgen, in dem die Virtuosen ihre Trümpfe unbehindert ausspielen können. Aufgenommen in HD und klanglich top. Hier gibt’s also viel solistische Glanzarbeit zu bestaunen, doch irgendwie ist derartiger Jazzrock mittlerweile auch ein wenig aus der Zeit gefallen. 1973 konnten sich auch Nicht-Musiker für derlei Experimente erwärmen, heute ist das vermutlich nicht mehr der Fall, denn die 136 Minuten Hochleistungsgitarre haben zweifellos ihre Längen.
6
Uwe Schleifenbaum
Smashing Pumpkins
OCEANIA – LIVE IN NYC 3D
UNIVERSAL
Optisch hui, musikalisch…äh, Geschmackssache.
Zwei Alben lang regierten sie Mitte der 90er unangefochten den Alternative-Rock, setzten den verkopfteren Kontrapunkt zum Grunge, führten das Selbstmitleid vom Flannell-Look auf die Psychiater-Couch, bis durwachsenes Material und Billy Corgans Ego allmählich alles erodierten, was man sich aufgebaut hatte. Ein Image-Tief, aus dem der Exzentriker aus Chicago (mittlerweile das einzige verbliebene Gründungsmitglied) noch immer nicht herausgefunden hat, wenngleich mit dem Album OCEANIA 2012 wieder wohlwollendere Kritiken zu lesen waren. Hier nun die Live-Umsetzung des selbigen, die optisch definitiv beeindruckt. Simpler Bühnenaufbau, reduzierte Lightshow, einzig eine kreisrunde Projektionsfläche sorgt für Akzente, das dafür aber in grandiosem Stil. Was spielt sich davor ab? Erstmal OCEANIA in kompletter Länge, höflich bis milde begeistert aufgenommen, bis dann doch noch mal ein paar alte Hits für echte Stimmung sorgen. Dabei muss man feststellen, dass Corgan zwar a) nie hohe Sympathiewerte erreichen wird und b) immer noch nicht singen kann, dafür aber an der Gitarre brilliert, hervorragende Mitmusiker um sich geschart hat und als Zeremonienmeister trotz minimaler Kom-munikation mit dem Publikum über einen nicht zu leugnenden Magnetismus verfügt. Um dieses Live-Opus zu genießen, muss man aber eindeutig ein Fan des letzten Albums sein, und das ist nun mal weiß Gott nicht jeder…
6
Matthias Jost
Bruce Springsteen
Springsteen & I
Black Dog Films
Cineastische Heiligsprechung.
So geht Kino 2013: Man lässt Fans aus aller Welt kurze Clips mit persönlichen Erlebnissen, Erfahrungen und Gedanken zum Thema Springsteen einreichen und verwurstet das Ganze mit ein bisschen Musik zu einem Abend füllenden Film. Ein Ansatz, der sich ungeniert bei „Life In A Day“ bedient, und von Produzent Ridley Scott (Alien, Blade Runner) sowie dem weitestgehend unbekannten Regisseur Baillie Walsh derart emotional angelegt wird, dass er eigentlich mit einer Gratispackung Taschentücher daherkommen müsste. Denn der Boss ist hier ein echter Gott: Ein Seelentröster in allen Lebenslagen, der über persönliche Schicksalsschläge hinweghilft, den Partner fürs Leben beschert, für ein spirituelles Konzerterlebnis (oder auch mehrere) sorgt, Mut, Zuversicht und Lebenskraft spendet und gleichzeitig ein ganz bescheidener, normaler Familienvater aus New Jersey ist. Also Stoff, der kräftig auf die Tränendrüse drückt, so spannend wie Erbsensuppe mit Bockwurst ist und einen typisch amerikanischen Hang zur Verklärung aufweist. Wären da nicht exklusive Live-Mitschnitte aus allen Perioden der Springsteenschen Schaffensphase – dieser Streifen könnte auch als Bewerbung zur Heiligsprechung durchgehen. Hallelujah!
nnnnnnnnnn
Marcel Anders
V.A.
LEGENDS OF THE CANYON
Universal
Die Geburt des Westcoast-Sounds.
LEGENDS OF THE CANYON erzählt die Geschichte der Musiker-Community im Laurel Canyon in den Hügeln nahe Los Angeles – Geburtsort des autobiografisch orientierten Singer-Songwriters und des entspannten Westküstenrocksounds. Der historische Bogen, der auf LEGENDS OF THE CANYON gespannt wird, reicht von der Ermordung John F. Kennedys, die hier als Initialzündung der Studentenproteste und der Hippie-Bewegung beschrieben wird, bis zu den Manson-Morden und Altamont, die das Ende des Hippie-Traums markieren. Grundlage sind die Fotos und Super-8-Filme, die Henry Diltz, so etwas wie der Hausfotograf der Szene, gedreht und geschossen hat. Er ist auch einer der Hauptinterviewpartner des Regisseurs Jon Brewer. Als ehemaliger Musiker, der die radikalen musikalischen und politischen Umwälzungen der Zeit selbst miterlebt hat und die zentralen Figuren persönlich kannte, ist er ein guter Führer durch die Szene. Neben Stars wie Stephen Stills, David Crosby, Graham Nash und Michelle Phillips von The Mamas & The Papas kommen Produzenten und Manager wie Van Dyke Parks, Lenny Waronker und Ron Stone zu Wort. Weder Joni Mitchell noch Neil Young standen für Interviews zur Verfügung, Neil Young hat offensichtlich nicht einmal Songs freigegeben. Der Fokus liegt auf Crosby, Stills, Nash („and sometimes Young“, wie Crosby süffisant anmerkt). Buffalo Springfield (als Vorläufer von CSN&Y) und Cass „Mama“ Elliott als zentraler Figur, ja Mutter der Szene wird noch etwas größerer Raum zugestanden. Diese DVD ist also vor allem für CS&N-Fans interessant. Der Verfall der Band in Kokain-befeuerten Ego-Trips wird eher heruntergespielt (Nachzulesen in Barney Hoskyns „Hotel California“, dem Referenzwerk zur Szene). Der Ton der Doku ist eher nostalgisch, den Differenzen zwischen den Protagonisten und ihren Erinnerungen wird aber durchaus Raum gegeben.
7
Dieter Wiene