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The Boxmasters im Interview: Schluss mit Verrücktsein

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The Boxmasters im Interview: Schluss mit Verrücktsein

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Boxmasters InterviewDie Boxmasters: Das sind vor allen Dingen Schauspieler Billy Bob Thornton (auf dem Bild in der Mitte) und sein Kumpel JD Andrew (rechts). Seit mehr als zehn Jahren machen sie zusammen Americana- und British-Invasion-Musik. Zum neuen Album SPECK hatten wir die beiden am Telefon. Ein Gespräch über L.A., Geoff Emerick, Donald Trump, verschwendete Lebenszeit, Obdachlose, Idole und Bühnenangst.

Wo seid ihr gerade?
JD Andrew: Wir sind im Henson Recording Studio, den früheren A&M Studios. Ein historischer Ort in Hollywood. Wir arbeiten hier schon lange, es ist unser Lieblingsort und fühlt sich wie zuhause an.

Wie ist das Leben allgemein so in Los Angeles?
Billy Bob Thornton: L.A. hat oft einen schlechten Ruf, besonders bei Leuten aus New York. Es ist zunächst mal eine riesengroße Stadt, sehr weitläufig, anders als New York und Chicago, die eher in sich geschlossen sind. Es erstreckt sich unendlich weit, es ist gigantisch. Die Leute haben die falsche Vorstellung, dass sich hier alles um Swimming Pools und Models und das ganze Zeug dreht, in Wirklichkeit ist das nicht so. Gut, wenn du in Beverly Hills bist, vielleicht, aber sonst gibt es viele unterschiedliche Gegenden. Und das Wetter ist die meiste Zeit gut, von diesem Jahr mal abgesehen, da regnet es die ganze Zeit. Aber wenn du hierherkommen würdest, könntest du eine Menge Spaß haben, das verspreche ich, besonders, wenn du im Sunset Marquis Hotel absteigst, haha.
Andrew: Ich kann mich nicht erinnern, dass es im Mai mal geregnet hat. Aber was solls, wir nehmen das Gute mit dem Schlechten, und meist ist es gut.

Lasst uns gleich mal über Geoff Emerick sprechen. Er war der Toningenieur der Beatles, ihr habt euer neues Album SPECK mit ihm aufgenommen, kurz bevor er im Oktober 2018 gestorben ist. Wie habt ihr ihn kennengelernt?
Thornton: Wir kannten Geoff schon mehrere Jahre, er war ein Freund unseres Studiomanagers. Er hat immer davon gesprochen, dass er vielleicht mal ein paar unserer Lieder abmischen könnte. Wir mochten ihn, wir sind große Fans der Beatles-Alben und sehr davon beeinflusst. Eines Tages kam er zum Studio, als wir gerade hier waren. Wir sagten ihm, dass wir an einer neuen Platte arbeiten. Er fragte, ob er mal was davon hören könnte. Wir spielten ihm was vor und er sagte: Ich liebe diese Songs, würde es euch was ausmachen, wenn ich einen davon abmische. Wir mochten das Ergebnis – er hat bestimmte Sounds eingesetzt, die uns bekannt vorkamen, etwa von John Lennons Stimme –, also sagten wir uns: Warum soll er nicht das ganze Ding machen? Wir sind sehr stolz darauf, denn die letzten Songs, die er je produziert hat, sind unsere. Bittersüß. Eine große Ehre. Wir werden ihn sehr vermissen.

War es hart, die Verantwortung aus der Hand zu geben?
Andrew: Für eine Zeit lang, ja, weil es einfach so anders war. Aber dann genoss ich es, mich zurücklehnen zu können. Als ich die Stücke dann zum ersten Mal hörte, dachte ich: Holy Cow! Geoff ging einfach einen komplett anderen Weg, du denkst, deine Babys sind weg oder so. Aber allmählich erkennt man, wie erstaunlich das alles ist. Und letztendlich: Wir werden keine Mixes mehr aus Geoff herausbringen

Worum gehts auf SPECK?
Thornton: Nun, es ist kein Konzeptalbum, aber es ist in dem Sinn thematisch, als der Titel sich darauf bezieht, dass wir alle Staubkörnchen im Universum sind. Wir haben sowohl mit persönlichen als auch mit eher globalen Problemen zu tun. Es finden sich Songs über private Schwierigkeiten, über Obdachlose, Tornados, die Schönheit der Natur und ihre Zerstörungskraft. Darüber, wie klein sie uns in der Welt fühlen lässt.

„Wenn die Welt in drei Jahren untergeht, wars das. Wenn nicht, planen wir, länger zu machen als Mick Jagger.“

Auf ›Let The Bleeding Pray‹ singt ihr von einem „big storm“, der über den Ozean heranrollt. Geht die Welt, so wie wir sie kennen, zu Ende?
Thornton: Nun, ich weiß nicht, ob sie zu Ende geht. Wenn wir die nächsten paar Jahre überstehen, vielleicht nicht, haha. Im Song gehts darum, dass die USA immer die Nummer-eins-Supermacht waren und das heute aus der Hand zu geben scheinen. Wir werden in der Welt nicht mehr so gesehen wie früher einmal, wir sind der „big storm“, dem die anderen mit „mixed emotions“ entgegensehen. Manche Leute haben Angst vor uns, andere nicht. Im Grunde sagt der Song: Lasst uns alle mit dem Verrücktsein aufhören. Auch wenn in der Vergangenheit all unsere Länder ihre Probleme gehabt haben mögen, gab es doch Zeiten, wie in den 60ern und 70ern, als wir, oder zumindest die Jugend, unser Bestes getan haben. Und es sind auch heute die jungen Leute, die draußen auf der Straße sind, um etwas zu sagen. Ich weiß nicht, wer zuhört, aber ich hoffe, dass irgendwer es tut. Aber um die Wahrheit zu sagen, haben wir große Hoffnung, dass alles okay sein wird.

Der letzte Song des Albums sagt ja genau das: „We just need somebody to say it’s gonna be okay.“ Wenn du ein Kind bist, verlässt du dich auf deine Mutter und deinen Vater, du hältst sie fast für gottgleich. Wenn du draußen im Tornado bist und deine Eltern sind bei dir, dann werden sie dich beschützen. Aber wenn du dich nicht auf deine Mutter und deinen Vater verlassen kannst, dann bekommst du’s ziemlich mit der Angst zu tun. Darum geht’s: Wir sind innen drin alle immer noch Kinder, wir brauchen jemanden, der uns sicher führt.

Im selben Song spielt ihr auf Trump an. Wie stehen die Chancen, dass er wiedergewählt wird?
Thornton: Es gab Zeiten, da dachte ich, dass ich den Durchblick habe. Das ist heute nicht mehr so. Haha. Aber es geht nicht nur um Trump, sondern um jeden politischen Führer in dieser Position. Es geht um Macht, um den Kongress, den Senat, all das. Das Ding ist: Ich glaube nicht, dass wir alles auf eine Person schieben können. Es sind Regierungen, die Staaten führen, und dazu gehört ein Haufen Leute. Das Problem ist also weit größer. Ist Trump eine Figur in manchen unserer Lieder? Absolut. Aber es dreht sich um mehr. Und wer der nächste Präsident der USA sein wird? Ich hab keine Ahnung.

Trump ist also mehr Symptom als eigentliches Problem?
Thornton: Definitiv! Ich glaube, er ist auch ein Symptom der Gesellschaft, ganz ernsthaft. Ich versuch’s mal so: Sagen wir, es ist ein 500-Millionen-Dollar-Film darußen, der echter Mist ist, und dann kommt ein 2-Millionen-Dollar-Film, der brillant ist, aber keiner schaut ihn an. Dann kannst du nicht nur die Kritiker oder die Vertreiber dafür verantwortlich machen, irgendwann musst du auch die Leute verantwortlich machen. Wir müssen uns anschauen, was in unserer Gesellschaft vor sich geht, sie ist mehr und mehr gespalten. Politische Führer sind ein Symptom, und zugleich sind sie manchmal das Problem. Machen sie auf eigene Faust schlechte Dinge? Klar. Aber sie wurden von den Leuten dahin gesetzt, wo sie sind. Darüber müssen wir uns Gedanken machen.

Im Titelstück von SPECK sagt ihr: „When you live life askin‘ why, you’ve already said goodbybe.“ Was bedeutet das?
Thornton: Der Song handelt davon, wie klein wir sind. Doch im Grunde ist er hoffnungsvoll, denn er sagt: Vielleicht ist das okay. Es ist okay ein Staubkorn im Universum zu sein. Uns ist die Möglichkeit gegeben, hier zu leben, zu genießen. Schmerz zu leiden, Freude zu empfinden und viel mehr. Man muss gewissermaßen im Moment leben und jeden Tag lieben, oder zumindest sein Bestes tun. Und wenn du ständig nach dem Warum fragst, dann lebst du nicht im Moment. Es bedeutet, dass du jeden Tag an die Zukunft denkst und dich vielleicht fragst: Was, wenn ich Fußkrebs bekomme? Oder dass du in der Vergangenheit lebst, im Sinn von: Es gab eine Zeit, da war ich Quarterback im Football-Team. Wenn du dich jeden Tag fragst, warum wir nicht ewig leben können oder warum die Dinge so sein müssen, wie sie sind, dann vergeudest du deine Zeit. Du hast dich vom Leben verabschiedet, denn du lebst es nicht.

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