Auf seinem aktuellen Album AFRICA SPEAKS hat sich Latin-Gitarrengott Carlos Santana „zu 150 Prozent“ der afrikanischen Musik verschrieben. Sooo viel anders als sonst klingt er trotzdem nicht. Wir sprachen mit dem 71-Jährigen über LSD-Trips in Woodstock, gute und schlechte Drogen, die Macht der Liebe, Rick Rubin, den Unterschied von Spiritualität und Religion, Donald Trump, Bühnenangst und sexuellen Missbrauch.
Interview: David Numberger
Sie haben gerade mit Produzent Rick Rubin an Ihrer neuen Platte gearbeitet. Woher kennen Sie sich?
Wir haben uns für die Aufnahmen zum ersten Mal getroffen.
Wie lief das ab?
Ich fuhr zu seinem Haus und er fragte mich, was ich vorhabe. Ich sagte ihm, dass mir ein zu 150 Prozent rein afrikanisches Album vorschweben würde, was die Rhythmen und die Melodien betrifft. Eine Art Mystical Medicine Music. Er sagte: „Oh?!?“ Also sagte ich: „Ich werde dir einen iPod mit vielen, vielen afrikanischen Liedern drauf geben, die mir gefallen.“ Es waren um die 60, davon haben wir 49 eingespielt.
Rick Rubin hat mit Tom Petty und Johnny Cash große Alben aufgenommen, ihm eilt der Ruf eines musikalischen Gurus, eines Magiers voraus. Wie ist das, wenn man dann tatsächlich mit ihm zu tun hat?
Haha, dieser Ruf ist berechtigt! Während der Sessions war er fast unsichtbar, hier und da gab er ein paar Kommentare an einzelne Musiker ab, ganz leise, ganz sanft. Seine größte Leistung war, die Songs abzumischen, als wir anderen fertig waren. Die Art, wie er die Musik, die Instrumente platziert hat, fühlt sich sehr lebhaft, sehr lebendig und kraftvoll an. Man kann alle Instrumente hören, und alle haben sie eine Menge Energie.
Sind Sie nervös vor Ihren Auftritten?
Nein. In den 60ern war ich es, vielleicht auch ein bisschen in den 70ern, aber heute überhaupt nicht mehr.
Haben Sie so etwas wie einen magischen Trick gegen Lampenfieber?
Spirituelles Selbstvertrauen ist der Schlüssel. Von 1972 bis 82 nahm ich spirituelles Training bei einem östlichen Lehrer namens Sri Chinmoy und lernte dort, fokussiert zu sein wie ein Laser.
Wie war es, vor 50 Jahren in Woodstock auf der Bühne zu stehen?
Ich weiß noch, dass ich gleichzeitig große Angst hatte und sehr glücklich war.
Sie haben vor der Show LSD genommen. Warum?
Weil ich das damals oft gemacht habe. Es war eine therapeutische, quasi meditative Sache. Es hält für acht bis zwölf Stunden an, und sie sagten mir: „Du wirst frühestens in zwölf Stunden auftreten.“ Da dachte ich mir, okay, wenn ich es jetzt nehme, wird alles gut sein. Doch ein, zwei Stunden später sagten sie: „Du musst jetzt spielen.“ Das hat mir ein bisschen Angst gemacht.
„Das Pentagon, Hollywood und die Medien verkaufen uns Angst, und das die ganze Zeit. Aber ich kauf’s ihnen nicht ab, denn Liebe kostet nichts.“
Machen Drogen kreativ?
Medizin ja, Drogen nein. Drogen sind Heroin, Morphin, Kokain. Marihuana, Ayahuasca, Mescalin und Pilze sind etwas anderes. Um es klar zu machen: Menschen stellen Drogen in einem Labor her, Mutter Natur und die Sonne machen Medizin durch Pflanzen. Großer Unterschied! Bei denjenigen, die etwas genommen haben, bei Jimi Hendrix, den Beatles, Miles Davis oder John Coltrane, konnte man sehen, dass sich ihre Musik dramatisch verändert hat. Wenn ich mir zum Beispiel SGT. PEPPER oder REVOLVER anhöre – genauso übrigens bei den Rolling Stones –, dann erkenne ich, wer etwas genommen hat, um seine Wahrnehmung zu erweitern. Ja, das ist eine gute Definition. Und es ist immer besser, wenn man es unter Aufsicht macht.
Woodstock wollte Liebe, Frieden und Gemeinschaft in die Welt senden, heute leben wir mit Trump, dem Brexit und Rechtspopulismus. Was ist schiefgelaufen?
Das Ding ist: Wir brauchen ein Woodstock in jeder Stadt, jeden Freitag, Samstag und Sonntag. Farben, Ballons, gutes Essen, gute Musik, Leute, die teilen. Der Fall der Berliner Mauer, als Mandela freikam, als wir das Jahr 2000 feierten: All das hatte damit zu tun, dass Menschen harmonisch miteinander auskommen können. Das ist, was ich von Woodstock gelernt habe: Menschen sind fähig, friedlich zusammenzuleben, ohne Religion, Politik oder Angst. Angst schafft Mauern und Gefühle von Überlegenheit und Unterlegenheit, Rassismus ist eine Folge davon. Das Gegenteil ist Menschlichkeit, Harmonie und Freude.
Sorgen Sie sich manchmal um die politische Situation, um die Welt von heute?
Überhaupt nicht. Schalte einfach den Fernseher ab und all der Scheiß schaltet sich mit ab, er verwandelt sich in Staub. Wenn man in Berlin dorthin geht, wo einst die Mauer stand, dann ist sie da nicht mehr, sie ist nicht einmal mehr Staub. Jede Mauer, auch die, die Trump bauen will, wird fallen, denn Liebe wird alle Mauern einreißen, immer.
Die Liebe schlägt das Böse?
Ja, und sie hat bereits gewonnen, es ist nur so, dass ignorante Leute das noch nicht wissen.
Können Sie das erklären?
Ja! Wenn du dir abends die Sterne anschaust, oder wenn du auf den Ozean blickst, wenn du auf Unendlichkeit, Ewigkeit und Unsterblichkeit schaust: Das steckt alles in dir. Leute, die meinen, dass die Welt zu Ende geht, dass schlechte Menschen, der böse schwarze Mann die Macht übernehmen – dieses Zeug ist wie ein schlechter Horrorfilm. Das Pentagon, Hollywood und die Medien verkaufen uns Angst, und das die ganze Zeit. Aber ich kaufe es ihnen nicht ab, denn die Liebe kostet nichts.
Welche Rolle spielen Religion und Spiritualität in Ihrem Leben?
Religion ist Coca-Cola und Pepsi, Spiritualität ist Wasser. Sie ist viel weiter entwickelt. Religion ist dagegen primitiv, wie Patriotismus.
Glauben Sie an Gott?
Ich glaube an die Liebe. Gott ist Liebe. Er hat viele Namen, aber Liebe ist der eigentliche.
Sie wurden als Kind von einem Mann sexuell missbraucht. Wie sind Sie damit fertig geworden?
Der Weg zur Heilung führt über Vergebung. Wenn ich die Person, die mir etwas getan hat, zur Hölle schicke, dann gehe ich mit ihr da hin. Besser ist es, den, der einem das angetan hat, als siebenjähriges Kind zu sehen, das man ins Licht schickt. Es ist wichtig, sich zu sagen: Ich bin nicht, was mir passiert ist, ich bin immer noch so, wie Gott mich geschaffen hat, rein und unschuldig – und deshalb frei.
Meiner Meinung nach bringt dieses Statement von Carlos alles auf den Punkt : Macht Musik. Kunst in jeglicher Form und beachtet die Ass-Holes aus Politik und die von ihnen vasallisch hofierten Klientele,Eliten nicht. Darum sind mir Zeitgenossen wie Carlos Santana ohne politische Verordnung lieber als die vielen nationalen und internationalen Musiker / Künstler-Zeit-Genoss(inn)en die sich vor irgend einen politischen Karren spannen lassen. Ich habe es schon mehrmals hier in diesem Kommentar-Forum erwähnt : Kriege, kriegerische Auseinandersetzungen gingen seit bestehen der Menschheit niemals von kreativ-künstlerischen Menschen aus. Immer waren es Ass-Holes aus Politik oder elitären Kreisen. Carlos Santana war seit Woodstock einer meiner wichtigsten musikalischen Wegbegleiter und Künstler der kritisch und relativ unpolitisch agiert.
Gleichgültigkeit der Menschen macht taub für Umgebung , blind für die Welt und geschmakloss fürs Essen und trinken und das Alles hat einen Namen .Angst….
Carlos mag recht haben mit seinem Coca-Cola-Statement zur Religion. Jedem das Seine. Allerdings ist für mich nur Jesus Christus maßgeblich. Er ist mein großer Bruder, mein Halt und meine Liebe.
Carlos mag dadurch zu seiner Meinung inspiriert worden sein, „Gott ist Liebe“, was ich großartig finde! Hat er Recht.
Alles nur seine Meinung; deshalb nicht generell gültig. Meinungen sind im Alter eben auch nicht reflektierter, wenn man das generell nicht kann, wenn Ihr es genau wissen wollt.