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Titelstory: Santana – Alles zurück auf Anfang

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Titelstory: Santana – Alles zurück auf Anfang

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Bevor die Band ins Studio gehen konnte, feilte sie auf Anraten Grahams an ihrem Repertoire. Aus langen, mäandernden Jams schälten sich langsam Songs heraus, die für das simpel SANTANA betitelte Debüt aufgenommen wurde. Einer der Percussionisten der Band, Marcus Malone, wurde noch vor den Sessions wegen Totschlags verhaftet und saß später eine Gefängnisstrafe in San Quentin ab: Der erste von vielen Besetzungswechseln in der Geschichte der Band, die sich mit Carlos Santana (Gitarre), Gregg Rolie (Tasten und Gesang), Michael Carabello (Congas), Michael Shrieve (Schlagzeug), José „Chepito“ Areas (Percussion) und David Brown (Bass) an die Aufnahmen ihres ersten Albums machte.

„Als die Leute von unserem Management die Bänder zum ersten Mal gehört haben, flossen Tränen, weil sie so berührt von der Musik waren“, erinnerte sich Rolie später. Spätestens da wusste die Band, dass die Tür zum großen Durchbruch einen Spalt weit offen war. Es war wiederum ihr Mentor Graham, der sie ganz weit aufstieß. Noch bevor die erste Santana-LP im Herbst 1969 auf den Markt kam, tauschte der Impresario bei den Organisatoren des Woodstock-Festivals sein Know-how im Konzertbusiness gegen eine Auftrittsmöglichkeit seiner Schützlinge bei dem Open Air an der US-Ostküste ein.

carlos santana live

Der Rest ist Geschichte: Auch wenn sich Carlos wegen eines zur falschen Zeit eingeworfenen LSD-Trips bis heute nicht so gerne an die erste Show seiner Band auf der anderen Seite der Vereinigten Staaten erinnert, wurde die Formation schon allein durch Shrieves im dazugehörigen Festival-Film brillant eingefangenes Drum-Solo bei ›Soul Sacrifice‹ über Nacht unsterblich. Bis heute werden die Musiker immer wieder auf diesen magischen Abend angesprochen. Die wenig später veröffentlichte erste LP erreichte bald Gold- und dann sogar Platinstatus, und auch die hypnotische Single ›Evil Ways‹ stürmte die Charts.

Die Tatsache, dass sich die Medien bei ihren Lobeshymnen vor allem auf den Namensgeber der vielköpfigen Band konzentrierten, sorgte für etwas Unmut im Santana-Camp, aber den Musikern gelang es, die persönlichen Spannungen in kreative Energie umzumünzen. Auch das zweite Album, ABRAXAS, mit der Fleetwood-Mac-Neuinterpretation ›Black Magic Woman‹ und der bahnbrechend als Rock-Song umgedeuteten Tito-Puente-Salsa-Nummer ›Oye Como Va‹ wurde 1970 künstlerisch wie kommerziell ein durchschlagender Erfolg. Noch wichtiger war allerdings, dass auch die Ballade ›Samba Pa Ti‹ ein Hit wurde – der erste aus Santanas eigener Feder und eine Hymne auf die spirituelle Befreiung. Ein Thema, das die Band und ihren Vordenker seitdem ständig begleitet.

Damals tauchte im Umfeld der Band immer öfter ein erst 15-jähriger Gitarren-Wizard namens Neal Schon auf, der bereits mit B.B. King auf der Bühne gestanden hatte und mit Elvin Bishop befreundet war. Eigentlich hatten Rolie und Shrieve den Youngster nur zum in­­formellen Jammen eingeladen, aber als dann Eric Clapton anklopfte und Schon nach England entführen wollte, damit er sich Derek And The Dominos anschließen könnte, sahen sich Santana unter Zugzwang und holten Schon in die Band. Der Teenager drückte dem nächsten Hit-Album, SANTANA III von 1971, hörbar seinen Stempel auf, und Singles wie ›Everybody‘s Everything‹ zeigten deutlich die künstlerischen Fortschritte des personell erweiterten Ensembles. Trotzdem zeigten sich im zuvor so starken und betont demokratischen Bandgefüge spürbare Risse.

Während vor allem Rolie die Fusion aus Blues und lateinamerikanischen Einflüssen weiter vorantreiben wollte, schwebte Carlos ein ätherischer, mehr von seiner neu entbrannten Liebe zum Jazz geprägter Sound vor. Die Musiker gingen immer öfter getrennte Wege, und kurioserweise gab es zu dieser Zeit sogar zwei Santana-Auftritte in Massachusetts ohne den Namensgeber der Band. „Ich hatte zähneknirschend zugestimmt, dass wir die beiden angekündigten Konzerte spielen, und der erste Abend in Boston lief auch wirklich prima“, sagte Schon rückblickend. „Beim zweiten dagegen gab es ständig ‚Wo ist Carlos?‘-Zwischenrufe. Das war die Hölle!“

Kurz darauf war es dann mit der Einigkeit der „klassischen“ Besetzung von Santana vollends aus, und erst vier Jahrzehnte später sollten sich die Musiker wieder zusammenraufen. Für das Folgealbum CARAVANSERAI setzten Carlos und Shrieve als Produzenten ihre Vision eines neuen Sounds gegen den Widerstand von Rolie und Schon durch, die kurz darauf die Band verließen, um mit Journey ihre ganz eigene Erfolgsgeschichte zu schreiben. Auch Brown und Carabello kehrten Santana den Rücken. „Wir haben immer mit Leidenschaft gespielt und wir haben mit Leidenschaft gestritten. Mit Leidenschaft ist die Band auch zerbrochen“, fasste Rolie das Dilemma später treffend zusammen. Labelchef Clive Davis bezeichnete das vierte Santana-Album als „Karriereselbstmord“, für Platin reichte es dennoch, wenngleich zum letzten Mal für lange Zeit.

Carlos führte Santana in der Folge in runderneuerter Besetzung zwar weiter, begann 1973 aber auch, außerhalb der Band nach Inspiration zu suchen. Jazz-Gitarrist Mahavishnu John McLaughlin brachte ihn nicht nur mit der Lehre des indischen Gurus Sri Chinmoy in Berührung, zusammen spielten die zwei auch das John-Coltrane-beeinflusste Album LOVE DEVOTION SURRENDER ein. Im Jahr darauf kollaborierte Carlos mit Alice Coltrane bei ILLUMINATIONS. Seine Idee, dass hinter jedem Album eine göttliche Botschaft stehen sollte, hatte in diesen Platten ihren Ursprung. Von seinen ursprünglichen klanglichen Visionen entfernte er sich allerdings immer weiter. Nach BORBOLETTA verließ Shrieve 1974 als letzter Mitstreiter der goldenen Jahre Santana.

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