ZWEIFACHE FRONT
GLENN TIPTON & KK DOWNING
Von Zakk Wylde
Wenn ich an unterbewertete Gitarristen denke, fallen mir zuerst Mitglieder von erfolgreichen Bands ein, deren kollektiver Ruhm das Talent ihrer einzelnen Mitglieder überschattet. Bei Journey denkt kaum einer an Neal Schon, obwohl er auf der Gitarre eine Feuersbrunst auslösen kann. Und das Gleiche gilt für David Gilmour von Pink Floyd, der viel mehr Respekt verdient, als er von den meisten Leuten bekommt. Vor diesem Hintergrund möchte ich Glenn Tipton und KK Downing von Judas Priest nominieren. Klar, es sind zwei Gitarristen, aber man nimmt sie instinktiv als Einheit wahr. Sie sind die ultimativen Twin-Guitars im Metal und arbeiten schon so lange zusammen, dass sie instinktiv verstehen, wer welchen Part in einem Song übernehmen sollte. Das ist vielleicht ihr bleibendes Vermächtnis: Ein Musiker sollte lernen, nicht nur den tollen Leadgitarristen zu spielen, sondern auch mal einen Schritt zurückzutreten, wenn es der Musik dienlich ist. Tipton und Downing haben ganze Generationen von jungen Gitarristen beeinflusst, die vermutlich nicht einmal wissen, dass die Musik, die sie spielen, bei Judas Priest ihren Anfang nahm.
SOLO-SPANNUNG
CHRIS CAIN
Von Oli Brown
Chris ist ein Jazz- & Blues-Gitarrist aus Los Angeles, den kaum jemand kennt. Aber ich behaupte: Es gibt keinen, der ihm das Wasser reichen kann. Nach nur einem Song habe ich mich umgehend in sein Stilverständnis verliebt. Ich höre seine Alben seither praktisch jeden Tag. Mein Favorit ist CAIN DOES KING, auf dem er B.B. King-Songs covert. Er kann rasend schnell spielen, wenn er will, aber er verliert dabei nie seine melodische Finesse. Das ist unverzichtbar, wenn man in einem Solo die nötige Spannung aufbauen will.
DER INSPIRATOR
CHET ATKINS
Von John 5
Jimi Hendrix, Eddie Van Halen: Es gibt diverse Gitarristen, die kreative Erneuerer waren. Chet Atkins aber, der als Erster Melodie und Bass gleichzeitig spielte, kreierte etwas, das kaum jemand nachspielen kann. Talentierte Gitarristen können Hendrix- und Van Halen-Material covern, aber bei Chet Atkins stehen die meisten vor einem Rätsel. Wer noch nie etwas von ihm gehört hat, sollte mit CHET COVERS THE BEATLES anfangen. Da jeder die Beatles-Songs kennt, hört man hier plötzlich neue Nuancen. Scotty Moore und die ganze Elvis-Kiste ist ohne Atkins nicht denkbar. Mark Knopfler, John Fogerty, das ist alles Chet Atkins.
KULT-GITARRIST
BILLY DUFFY
Von Jackie Chambers
Mit der Punk-Szene Mitte der Siebziger wurde mein Interesse an Musik geweckt – und es war vor allem Billy Duffy, dem ich mich verbunden fühlte. Theatre Of Hate und Death Cult waren zwei Bands, die ich damals mehrfach gesehen habe. Duffys weiße Gretsch blieb mir immer in Erinnerung, akustisch wie visuell. Billy schaffte es, Punk und Rock-Riffs unter einen Hut zu bringen, und seine Gitarrenarbeit auf ›Spiritwalker‹, der ersten Cult-Single, war einfach grandios. Eines meiner liebsten Riffs ist das gequetschte Intro von ›She Sells Sanctuary‹. Bei der Nummer läuft es mir noch heute kalt den Rücken runter. Auf jedem Album hört man, dass Billy einen weiteren Schritt nach vorne gemacht hat. Ich bin mir sicher, dass er Hunderte von Gitarristen beeinflusst hat, im Punk wie im Rock. Und auch aus dem Alternative-Lager ist mindestens einer dabei: Johnny Marr. Billy war es ja auch, der Morrissey dazu animierte, sich erstmals hinter ein Mikro zu stellen (als sie beide bei den Nosebleeds spielten). Von The Smiths bis zu Girlschool – wer kann schon ein solches Spektrum vorweisen?
STAHL-BOP
LARRY CARLTON
Von Steve Lukather
Larry war nicht nur ein riesiger Einfluss, sondern auch ein guter Freund. Ich lernte ihn mit 17 durch unsere Highschool-Band und (die späteren Toto-Kollegen) Jeff Porcaro und David Paich kennen. Er war, was sein Gitarren-Wissen angeht, der großzügigste Mann der Welt. Ich durfte in seinem Haus rumhängen und jederzeit bei Jamsessions einsteigen. Als ich das Steely Dan-Album THE ROYAL SCAM zum ersten Mal hörte, war das ganz klar ein Wendepunkt in meinem Leben. Sein Solo auf dem ersten Track, ›Kid Charlemagne‹, kam mir vor wie eine Offenbarung. Man muss sich das mal vorstellen: Der Mann spielte in einem Rock’n’Roll-Kontext plötzlich Be-Bop! Larry hat ein harmonisches Verständnis von der Gitarre, wie es kein Zweiter besitzt. Mit der Ausnahme von Jeff Beck vielleicht, der aber aus einer völlig anderen Ecke kommt. Larry spielt nicht linear, sondern komplex, trotzdem sitzt jede einzelne Note immer perfekt.
Wer Larry kennenlernen möchte, sollte sich THE ROYAL SCAM zulegen, still zuhören und das Erlebnis verdauen. Es gibt auf dem Album noch andere fantastische Gitarristen – Dean Parks, Elliott Randall und natürlich Walter Becker –, aber Larrys Sachen stechen raus. Man hört sofort, wenn ein Gitarrenpart von ihm stammt.
KEITH RICHARDS
Von Steve Van Zandt
Es war die „British Invasion“ von 1964 bis 1966, die uns Amerikaner dazu brachte, sich mit unseren eigenen Rock- und Blues-Ahnen zu beschäftigen. Keith war dabei eine aunverzichtbare Hilfe. Seine Versionen von Chuck Berry-Hits rollten den Teppich aus für die Gitarren-Walhalla mit Beck, Clapton und Jimmy Page. Ich bin der Überzeugung, dass man durch diese Virtuosen-Phase durch muss – um sich dann zu entscheiden, ob man weitermacht oder aussteigt. Ich wollte nie ein Klampfengott sein und kam schon früh zu der Überzeugung, dass ein Solo sich dem Song unterordnen muss.
FOLK-TUNER
DAVY GRAHAM
Von Bernie Tormé
In Irland, wo ich aufwuchs, gab es einen Haufen Folk-Gruppen, die zusammen mit Rock’n’Roll-Bands auftraten, folglich war mir der Name Davy Graham schon damals geläufig. Aber ich hörte ihn zum ersten Mal spielen, als ich eine BBC-Doku namens „Folk Brittania“ sah. Ich wollte nicht glauben, dass ich bisher noch keinen Ton von ihm zu Ohren bekommen hatte – und besorgte mir umgehend alle verfügbaren Platten. Die meisten Gitarristen verfolgen den Weg weiter, den sie einmal eingeschlagen haben, aber Graham war unberechenbar. Er spielte Blues, Folk, Jazz, aber immer auf eine eigene, reduzierte Art. Die Sachen, die mich am meisten beeindrucken, sind seine Mixturen aus keltischer und nordafrikanischer Musik. Ohne Davy Graham hätte es nie einen Jimmy Page gegeben; man kann in Pages Arbeit ein direktes Echo hören. Graham konnte mit Tonleitern jonglieren wie kein anderer. Sein wichtigster musikhistorischer Beitrag ist wohl, dass er das Gitarren-Tuning DADGAD einführte: Es erlaubt dem Gitarristen, Melodie und Bass-Begleitung parallel zu spielen. Er war ein Mann mit Ideen – und seine Live-Aufnahmen sind besser als die Studioalben. Ich empfehle AFTER HOURS: LIVE AT HULL UNIVERSITY, das zwar auf Amateur-Equipment mitgeschnitten wurde, aber trotzdem atemberaubend ist.
VERGESSENER VORLÄUFER
SKIP JAMES
Von Neil Fallon
In der langen Liste der einflussreichen Bluesmusiker taucht Skip James eigentlich nie auf. Ich stieß erstmals auf ihn, als ich die CD THE ROOTS OF ROBERT JOHNSON kaufte und den Song ›Devil Got My Woman‹ hörte. Er hat eine gespenstische Atmosphäre, denn James ist das Gefühl grundsätzlich wichtiger als die saubere Technik. Ich erinnere mich, dass ich meinen Gitarrenlehrer bat, mir die Technik von Skip James zu erklären. Er sagte nur: „Man kann nicht lernen, was Skip James spielt.“ Cream nahmen mal seinen Song ›I’m So Glad‹ auf und – in jüngererZeit – hat sich Chris Thomas King an ›Hard Time Killing Floor Blues‹ versucht. Vielleicht hört man sich zunächst einmal diese beiden Cover an – und checkt dann die Originale aus.
DAS WUNDER VON DETROIT
JIM MCCARTY
Von Ted Nugent
Ich stolperte über den wichtigsten musikalischen Einfluss meines Lebens, als ich im „Walled Lake Casino“ nahe Detroit auftrat. Das muss 1959 oder 1960 gewesen sein. Meine Band The Lourdes war Support für Martha & The Vandellas, Gene Pitney und Billy Lee & The Rivieras. Und bei Jimmy McCarty von den Rivieras – die später als Mitch Ryders Detroit Wheels bekannt werden sollten – schlug schließlich der Blitz bei mir ein: Er spielte eine Gibson Byrdland durch einen Fender Twin-Verstärker, und zwar mit einem unfassbar knackigen und voluminösen Sound. Ich dachte nur: „Gott im Himmel, was ist das denn?“ Jimmy zauberte die unglaublichsten Feedbacks und Obertöne aus der Gitarre und benutzte zudem alle Finger und alle Saiten, ohne Pause. Es war wie eine Botschaft von einem anderen Stern, ein wunderbarer Lärm, aber doch musikalisch und rhythmisch perfekt. In dem Moment wurde mir klar, dass ich das wollte, was ich bei Jim McCarty gesehen hatte: diese unglaubliche Mischung aus schlingernden, torkelnden Soli, ohne dabei die Struktur des Songs aus den Augen zu verlieren.
STACHELIGER SKORPION
MATTHIAS JABS
Von Andreas Kisser
Ich bin in Brasilien aufgewachsen. Als ich Rockmusik für mich entdeckte, hörte ich zunächst Queen und Kiss, später dann die Scorpions. Nachdem Matthias Jabs Uli Jon Roth ersetzt hatte, klangen sie plötzlich viel aggressiver. Er hat einen unverkennbaren Stil, weil er Rhythmus in seine Soli integriert und trotzdem ein unglaubliches Melodiegefühl besitzt. Es ist eine Schande, dass er noch immer so unterbewertet ist. Meistens denken die Leute bei seinem Namen nur an sein E-Gitarren-Spiel. Dabei waren es seine Beiträge auf der Akustischen, die ›Holiday‹, ›Always Somewhere‹ und ›Still Loving You‹ so unvergesslich machten.
Vor einigen Jahren durfte ich mit den Scorpions durch Südamerika touren; sie hatten brasilianische Musiker – Perkussionisten, Backup-Sänger und mich – eingeladen, 14 Shows mit ihnen zu spielen. Ich übernahm meist die Akustische, wechselte bei ›Rock You Like A Hurricane‹ aber einmal auf die E-Gitarre. Auf ›Coast To Coast‹ griff sich Klaus Meine auch eine Gitarre, so dass wir zeitweise mit vier Gitarristen auf der Bühne standen. Es war fantastisch! Durch diese Zusammenarbeit habe ich Matthias’ Talent noch mehr schätzen gelernt. Obwohl sein Beitrag für die großen Scorpions-Hits wie ›Rock You Like A Hurricane‹, ›Big City Nights‹ und ›Bad Boys Running Wild‹ so offensichtlich ist, scheint den Fans seine Leistung nicht bewusst zu sein. Vielleicht liegt es daran, dass er kein Typ ist, der sich ins Rampenlicht drängt. Einer der ganz großen Rock-Gitarristen ist er für mich aber dennoch.
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Eigentlich eine sehr schöne Liste, wenn da nicht zwei fehlen würden:
erstens „the guitarists‘ guitarist“ Mister Albert Lee,
zweitens Bob Dylan, man höre sich nur einmal das Album „Good as I been to you“ an.
Die ganzen Listen sind doch alle unsinnig . Es gibt die jungen wilden Fidler die alten Bluser /Rocker und Jazzer wie möchte man die alle unter einen Hut bringen. Ich sehe nirgendwo Uli Jon Roth aber fragt alt und Jung alle kenne ihn . Steve Vai ? Aber Mr. Richards immer top Ten seltsam ?
Wo ist Mr. 335 gibt es nirgendwo aber Kurt Cobain !
Gruß bis zur nächsten Liste Habe in einer Liste der größten Musiker aller Zeiten Madonna auf 35 gesehen das sagt wohl alles über Listen aus ?