Als der Rock’n’Roll binnen einer Dekade zuerst in die Beat- dann in die Psychedelic- und schließlich in die Progressive-Rock-Ära überblendete, durchlief er im Turbogang den Weg von der rüden Adoleszenz ins gediegene Erwachsenendasein. Klassik und Jazz dominierten den Progrock ebenso wie sich der Zusammenschluss von Virtuosen zu Supergroups etablierte. Auch Emerson, Lake & Palmer, mit mehr oder minder klassisch geschulten Mitgliedern, bedienten kategorisch diesen zeittypischen Imperativ: Keyboarder Keith Emerson kam von The Nice, Vokalist und Bassist Greg Lake wechselte von King Crimson über und Schlagzeuger Carl Palmer trommelte zuvor bei The Crazy World Of Arthur Brown und Atomic Rooster.
Nach dem selbstbetitelten Debüt (11/1970) und dessen Nachfolger, TARKUS (06/1971), erschien als dritte LP der Konzert- mitschnitt PICTURES AT AN EXHIBITION (11/1971) – und galt fortan als Nonplusultra. Bei den spektakulären Gastspielen hinterließ vor allem ein in gewagten Kostümierungen gehüllter Keith Emerson bleibenden Eindruck, wenn er seine Hammondorgel kippte, mit Dolchen malträtierte, ja regelrecht vergewaltigte. Zudem erwies sich Emerson als einer der ersten Musiker, der sich mit einem 250 Kilogramm Ungetüm an Moog Modular Synthesiser auf Tour begab. Ergo zählten die sich wie siegreiche Olympioniken der Antike gebärdeten Emerson, Lake & Palmer als eine der Live Attraktionen jener Ära schlechthin.
Die 10-LP-Box OUT OF THIS WORLD: LIVE (1970–1997) – auch als 7-CD-Box erhältlich – trägt der einstigen Superlative optimal Rechnung. Fünf Doppel-LPs im Klappcover-Format enthalten von Mastering Engineer Andy Pearce frisch digital optimierte Archivauswertungen in epischer Länge, ausgewählt nach Gesichtspunkten wie der künstlerischen Weiterentwicklung. Unterfüttert mit einem 32-seitigen Fotoband seltener wie auch unveröffentlichter Hochglanzimpressionen von Fotografen wie Lynn Goldsmith und Neil Preston, inklusive Liner Notes von Jerry Ewing. Den fulminanten Auftakt leistet der Live-Auftritt von ELP
beim Isle Of Wight Festival in Newport, England, am 29. August 1970 vor 600.000 Besuchern, der zweite Gig der Band überhaupt. Danach zählte man das Triumvirat bereits zur Kategorie der britischen Superstars.
Fünf Alben, zuletzt BRAIN SALAD SURGERY (11/1973), lagen schon hinter ELP, als sie am 6. April 1974 als Headliner beim 1. California Jam auf dem Ontario Motor Speedway fungierten. Ein von TV-Kameras festgehaltenes bahnbrechendes Ereignis, wo als besonderer Clou Keith Emerson auf einem kreisenden Klavier hoch über den Köpfen des erstaunten Publikums hämmerte. Am 26. August 1977, zum Urknall des Punk, entstand im kanadischen Stade de Olympique in Montréal, Quebec, das nächste Live-Opus: Nach längerer Zäsur präsentierten ELP auf WORKS VOLUME 1 (03/1977) ihre jeweils individuellen
Studioergüsse auf drei Vinylseiten sowie einer vierten im Gespann miteinander.
Mit jeder Menge Pomp und einem riesigen Orchester samt Chor im Schlepptau trotzten die Drei dem Zeitgeist und veröffentlichten den Mitschnitt im November 1979 als EMERSON, LAKE & PALMER IN
CONCERT. Erst 13 Jahre später folgte der am 2. und 3. Oktober 1992 aufgezeichnete nächste Streich, LIVE AT THE ROYAL ALBERT HALL. Nach dem Studiowerk LOVE BEACH (11/1978) legten ELP sich selbst auf Eis und fanden erst 1991 wieder zueinander, um BLACK MOON (06/1992) einzuspielen. Bislang unveröffentlicht in den Archiven schlummerte das komplette Material des im September 1997 in der Union Hall in Phoenix, Arizona, mitgeschnittenen Konzertes – ein Auftritt, der als das finale Live-Vermächtnis der Band in starker Erinnerung blieb. ELP kamen danach nur noch einmal zusammen, beim High Voltage Festival in London spielten sie 2010 eine Jubiläumshow zum 40. Geburtstag ihrer Gründung.