Das Vertrauen aller Beteiligten wurde bestätigt, als das vierte Krokus-Album im Sommer 1980 von einer Welle der Begeisterung empfangen wurde. METAL RENDEZ-VOUS verhalf einer Band, die nur ein paar Insider kannten, praktisch über Nacht zu einem Namen, der jedem Durchschnitts-Headbanger auf den Lippen lag. Von der Hymne ›Heatstrokes‹ als Opener über das supereingängige ›Bedside Radio‹ bis hin zum harten Boogie von ›Back-Seat Rock’N’Roll‹ war diese eine Platte voll mit unprätentiösem Swagger, subtilen Melodien
und brutaler Gewalt. Paul Suter vom Magazin „Sounds“ stellte eine Ähnlichkeit zwischen den Stimmen von Storace und AC/DC-Frontmann Bon Scott fest und nannte das Album „eine absolut brodelnde, schädelknackende Metal-Tour-de-Force.“
Bald fand sich das markante Krokus-Logo auf tausenden von Metal-kutten allerorten. Doch obwohl METAL RENDEZ-VOUS der Perfektion ziemlich nahe kam, hatte es doch ein paar kleine Fehler. Das Artwork, das einen Autounfall zeigte, war maximal prollig, und ein paar grauenhafte Textzeilen offenbarten, dass Englisch nicht die Muttersprache der Band war. Was zum Teufel sollte zum Beispiel ein „streamer in the night“ sein?
„Okay, das ist eine berechtigte Frage, da hast du mich erwischt“, sagt von Rohr mit einem Lachen. „Nun ja, Fernando und ich schrieben das Album mit Gitarren und einem Schwyzerdütsch-Englisch-Wörterbuch. Wir nahmen einfach die Wörter, die gut klangen und zur Musik passten.“
Ein weiterer Song, ›Tokyo Nights‹, erzählte davon, von einer Japanerin nur als Zweitbester beurteilt zu werden („The Geisha girl she was too hot for me/I tried to wake up unsuccessfully“). „Ich bereue das nicht, es sollte einfach nur ein spaßiger Song sein“, schmunzelt von Rohr.
Der große unausweichliche Knackpunkt – dass Storaces Stimme Krokus wie die Schweizer Cousins von AC/DC wirken ließ – wurde von Journalisten und Fans gleichermaßen bemerkt. Und obwohl nur die Medien ein ernstes Problem damit hatten, stellte es für die Band über ihre gesamte Karriere hinweg ein Hindernis dar. „Einige unserer Sachen ähnelten AC/DC, aber wir hatten auch Songs wie ›Fire‹, ›Screaming In The Night‹ und ›Winning Man‹, die völlig anders waren“, argumentiert von Arb. „Wir empfanden diese Kommentare als Kompliment“, fügt von Rohr hinzu. „Aber Krokus machten auch Balladen. Du kannst die beiden Bands vergleichen so viel du willst, aber das ist nur die halbe Wahrheit.“
Ein frühes Beispiel für seinen Hang, unüberlegt Dummes zu sagen, ist ein Statement von Storace 1980 im „Sounds“: „Die Leute vergleichen mich mit David Lee Roth und Bon Scott, aber keiner von beiden war jemals ein Einfluss für mich. Ich könnte keine einzige Note von einem Van-Halen-Song pfeifen und AC/DC haben mich nie angemacht.“
Trotzdem engagierten Krokus Mark Dearnley, der gerade an HIGHWAY TO HELL mitgearbeitet hatte, als Co-Tontechniker für ihre nächste Platte – und das Ergebnis sprach für sich. HARDWARE war das erste Album der Band, das die britischen Charts erreichte, und verfehlte die Top 100 in den USA nur knapp. Das Timing hätte angesichts des NWOBHM-Booms kaum besser sein können, und die Hallen wurden von Tournee zu Tournee größer. In London spielten Krokus als Headliner im prestigeträchtigen Hammersmith Odeon. „Ich war schon immer anglophil gewesen und las britische Musikzeitschriften wie ‚Sounds‘ und ‚Melody Maker‘. Als Krokus also beim dortigen Publikum ankamen, war das für mich einer der aufregendsten Momente meines Lebens“, so von Arb. „Wir liebten es dort, auch wenn das Wetter scheiße war, die Leute manchmal etwas unfreundlich waren und die Pubs immer zu früh zumachten.“ „Ich wohnte damals in [dem Londoner Stadtteil] Putney und war mit einer Engländerin verheiratet“, erinnert sich Storace. „Auf gewisse Weise fühlte ich mich selbst fast wie ein Brite.“
Bei den Aufnahmen zu ihrem sechsten Album in den Londoner Battery Studios 1981 mit Co-Produzent Tony Platt (der ebenfalls mit AC/DC zusammengearbeitet hatte) begegneten Krokus schließlich erstmals ihren „Rivalen“. Angus und Malcolm Young nahmen FOR THOSE ABOUT TO ROCK (WE SALUTE YOU) auf, ihre zweite Platte mit Sänger Brian Johnson, und standen unter Zeitdruck. Krokus erlaubten AC/DC, im Studio zu überziehen, damit sie ihr Album fertigstellen konnten. „Es gab keine Spannungen zwischen den beiden Bands – von uns aus jedenfalls sicher nicht“, erinnert sich von Rohr. Und doch scheint es Anzeichen dafür zu geben, dass AC/DC ein Problem mit den Schweizern hatten, da sie verhinderten, dass Krokus 1981 beim „Monsters Of Rock“ in Castle Donington auftraten, wo die Australier die Headliner waren.
„Man hatte uns gesagt, dass wir in Donington spielen würden, dann aber doch nicht, weil das Management von AC/DC uns nicht dort haben wollte“, berichtete Storace im folgenden Jahr im „Sounds“. „Und dann hieß es, es sei die Band selbst gewesen, die uns aus dem Line-up gestrichen hätte. Das zeigte, dass ihnen der Gedanke, uns vor ihnen auftreten zu lassen, offenbar Sorgen bereitete, da die Gefahr bestand, dass wir sie an die Wand spielen würden. Und natürlich gefällt mir dieser Gedanke.“
Lange Zeit hielt sich das Gerücht, dass der Zwist davon ausging, dass Storace nicht für AC/DC als Ersatz für Bon Scott vorsingen wollte, doch der stellt heute unmissverständlich klar: „Es gab keine direkte Kommunikation, nur eine Einladung von der Licht-und-Ton-Firma, die beide Bands beschäftigen. Ich war zufrieden damit, wie es bei Krokus lief. Die Veranstaltercwollten uns überall, außerdem konnte ich mir nicht vorstellen, in Australien zu leben. AC/DC waren damals in etwa auf dem gleichen Level wie wir, und als sie Bon verloren hatten, glaubte ich, dass uns das in Führung bringen könnte – aber nicht
im gehässigen Sinne.“
…..leider lässt die verdammte Corona-Pandemie zur Zeit keine Shows zu. Vielleicht klappt es ja noch dieses Jahr im Herbst.
Krokus ist wie bei uns die Scorpions, eine klasse Hard-Rock-Band. Die Zeit bleibt bei keinem stehen. Goodbye, eure Musik bleibt uns erhalten, wenn auch leider nur als Konserve………