Gestenreiche, an Authentizität kaum zu überbietende Performance.
Als 2008 Knoten in seinem Hals festgestellt wurden und er seine Stimme nahezu vollständig verlor, dachte Derek William Dick a.k.a. Fish ans Aufgeben. Der Fish, der in den 80ern als schillernder Frontmann von Marillion die größten Hallen Europas füllte und später als charismatischer Solo-Künstler weiterhin Mu-sikgeschichte schrieb. Zwei Operationen folgten, die Knoten entpuppten sich als gutartig, doch der nächste schwere Schlag traf den stolzen Schotten, als ihn seine Frau verließ. Er musste zurück auf die Bühne, um sich selbst zu therapieren.
So entstand die Idee, stimmschonende Akustik-Sets aufzuführen, die 2010 so gut ankamen, dass sich Fish dazu entschloss, 2011 unter dem Motto „Fishheads Acoustic Tour“ erneut ausgiebig durch Europa zu reisen. Bis ins verschlafene süddeutsche Städtchen Oberndorf. Die zwischen dem 13. Jahrhundert und 1779 erbaute Augustiner-Klosterkirche bietet einen gebührenden Rahmen für Fishs Besuch. Die 200 Sitzplätze sind vollständig besetzt, als Fish verschmitzt grinsend das Publi-kum in Deutsch begrüßt und ohne musikalische Unterstützung ›Chocolate Frogs‹ schmettert. Fish ist gut bei Stimme und bester Laune. Günstige Voraussetzungen für einen intimen Abend. Gitarrist Frank Usher sowie Keyboarder Fors Patterson platzieren sich an ihren Instrumenten. Das Trio zeigt sich spielfreudig und hat of-fensichtlich Spaß. Fish erzählt abwechselnd traurige, sentimentale, lustige, romantische, nachdenkliche oder schlüpfrige Geschichten und offenbart damit seinen außerordentlich emotionalen Charakter. Der Mann ist ein Sympathiebolzen und besitzt eine vereinnahmende, phasenweise zu Tränen rührende Aura. Immer wieder marschiert der hünenhafte Highlander durch die Menge und fragt nach Songwünschen. Die Setlist setzt sich von Alt bis Neu zusammen, von Marillion-Stücken wie ›Kayleigh‹, ›Slàinthe Mhath‹ oder dem grandiosen ›Fugazi‹ bis hin zu Solo-Klassikern wie ›Brother 52‹, ›Family Business‹ und der Zugabe ›The Company‹. Die Reaktionen der Gäste wirken zeitweise zurückhaltend, aber es scheint ihnen zu gefallen, was die frenetischen Beifallsbekundungen zwischen den Liedern und Standing Ovations zum Ende hin belegen. Die aufs Mindeste reduzierten Akustik-Versionen faszinieren nicht durchweg, aber die gestenreiche, an Authentizität kaum zu überbietende Performance des 53-Jährigen reißt alle mit und beweist, dass er zu den wenigen echten Entertainern der heutigen Musikszene zählt.