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Fleetwood Mac: Die größte Seifenoper der Rockgeschichte

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Fleetwood Mac: Die größte Seifenoper der Rockgeschichte

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Warum musstest du immer die Rolle des Friedensstifters spielen?
Das kam wohl davon, wie ich aufgewachsen war. Mein Vater war sehr gut im Umgang mit Menschen und ich möchte gerne glauben, dass ich etwas davon geerbt habe. Außerdem ist es so, dass John immer sagte, und immer noch sagt: „Regel du das, lass mich wissen, wenn sie sich alle beruhigt haben,
und dann komme ich und spiele die Tour“. Das kommt wohl zu einem großen Teil von einer bestimmten Art der Unsicherheit. Wenn da ein kleiner grüner Kobold auf deiner Schulter sitzt und dich fragt: „Was wirst du denn sonst tun, Mick?“, dann antwortest du: „Nun, ich sollte wohl besser dafür sorgen,
dass das hier nicht aufhört“. Dieser zusätzliche Einsatz beruhte also vermutlich auf dieser bestimmten
Unsicherheit, à la „Was zum Teufel sollte ich sonst machen?“

Wie schwer war es, Mitte der 80er wieder aus dem Bankrott rauszukommen?
Eigentlich gar nicht so schwer. Das kümmerte mich nicht besonders. Ganz ehrlich. Das führe ich auf meine Erziehung zurück. Mein Vater sagte immer: „Vergiss nicht, Michael, wie alle anderen auch stehst du morgens auf und gehst scheißen“. Und er sagte: „Es ist schade, dass sie bei den Vereinten
Nationen nicht alle nackt dasitzen, dann würde sie alle anfangen, miteinander zu reden“. Ich hatte nie das Gefühl, dass mein Leben vorbei war. In jener Zeit war ich wohl ziemlich betäubt. Also stand ich eben wieder auf und machte weiter.

Als ihr Platten wie TANGO IN THE NIGHT (1987) machtet, hast du dir da jemals Gedanken darüber gemacht, dass Fleetwood Mac sich zu weit von Peters ursprünglicher Vision entfernt hatten?
Nein. Es ist komisch, wenn man sich das auf dem Papier ansieht. Doch das passierte alles so schrittweise, dass John und ich nie das Gefühl hatten, etwas zu verraten oder etwas mehr zu mögen. Ich meine, ich liebe all die Sachen, die wir gemacht haben. Aber wenn du mich wirklich vor die Wahl stellen würdest: „Du musst dich entscheiden – was war dir wichtiger?“, dann müsste ich sagen, dass es die Zeit mit Peter Green war. Und der Grund dafür ist, dass dies die Zeit war, in der ich mein Handwerk erlernte.

Ihr gabt Bill Clinton 1993 die Erlaubnis, in seiner Präsidentschaftskampagne ›Don’t Stop‹ zu verwenden.
Na ja, sie verwendeten das Lied, ohne zu fragen. Doch wir mochten ihn, dann entwickelte sich alles ganz
natürlich und es wurde zu einer Nationalhymne. Das ist es immer noch. Doch geplant war das nicht.
Wir hatten damit überhaupt nichts zu tun. Aber wir wollten sie auch nicht verklagen oder so. Wir spielten dann auf seiner Party. Ein Mitglied der Band hätte ihn nicht gewählt, aber der Rest von uns schon.

Das letzte Studioalbum von Fleetwood Mac war SAY YOU WILL von 2003. Warum gab es seither nichts Neues mehr?
Wir hörten einfach auf. Christine war ausgestiegen. Es wäre also eine dysfunktionale Band gewesen. Könnte es noch ein weiteres Album geben? Es gab wohl 1.001 Male, zu denen die Antwort immer ein klares „Ja“ gewesen wäre. Mein Wunsch wäre natürlich, dass es dazu kommt. Die jetzige Zeit ist interessant, alle machen ihr eigenes Ding. Ich weiß es also nicht. Aber wenn ich mir die Lage der Nation so ansehe, oder wie auch immer man Fleetwood Mac bezeichnen will, bereue ich nichts. Wenn es vorbei sein sollte, denke ich, dass wir einen guten Lauf hatten und viel großartige Musik geschaffen haben.
Doch da ist noch eine Band, wir haben uns nicht aufgelöst. Und es ist ein unglaublich begabter Haufen. Doch die Zeit schreitet voran. Ich weiß nicht, ob John das noch machen will. Doch andererseits hat er das schon ein paar Mal gemacht und dann plötzlich gesagt: „Oh, ich langweile mich zu Tode …“

Denkst du, die Dinge hätten besser gehandhabt werden können, als Lindsey 2018 die Band verlassen musste?
Nein, das denke ich wirklich nicht. Ich bin mit Lindsey in Kontakt und wir hatten ein sehr gutes Gespräch. Wir kamen zu dem Schluss, dass die Dynamik zwischen Stevie und ihm einfach nicht mehr tragbar war … Es war einfach keine glückliche Situation, und es ist für keinen der beiden gut. Wir konnten es nicht aushalten, so weiterzumachen. Und da dachte sogar ich in vielerlei Hinsicht: „Wir sind erledigt“. So beschreibt es sich wohl am besten: Da waren so viele Gefühle, die nicht ausheilt waren. Niemand war in der Lage, das weiterhin aufrechtzuerhalten. Es war einfach zu viel. Das war’s also. Doch es steht fest, dass Lindseys Arbeit mit Fleetwood Mac makellos und ein so großer Teil davon ist. Auf seine eigene Weise, genau wie Peter Green, ist er unglaublich talentiert, enorm engagiert. Und alle hatten ihre eigene Geschichte. Da ist niemand – außer mir und John –, der die Band nicht mal für mehrere Jahre verlassen hatte. Lindsey war für zwölf Jahre ausgestiegen – und kehrte zurück. Sie haben es alle getan.

Du scheinst mit erstaunlich wenigen Dämonen durch deine Karriere gekommen zu sein.
Ja, das sehe ich im Wesentlichen auch so. Ich denke nicht, dass ich unter irgendwelchen gegenseitigen Schuldzuweisungen oder extremen Selbstvorwürfen zu leiden hätte. Da war wohl durchaus ein gewisses Maß an Tollkühnheit meinerseits, auf jeden Fall in meinem Privatleben. Ich bereue ein bisschen, dass mein unbeirrbares Engagement mich blind für Dinge in meinem Umfeld machte, in Beziehungen und der
Zeit, die ich mit Partnerinnen verbrachte. Aber ich habe das Leben, das ich führe, stets geliebt, und das tue ich immer noch, mit allen Höhen und Tiefen. Die Antwort ist also, dass ich immer noch ich selbst bin, ich bin immer noch Mick, und da sind wir nun.

Warum war es dir so wichtig, Peter mit dem Tribute-Konzert zu würdigen?
Nun, ich wollte das wirklich schon lange tun. Und es war immer mal wieder aktuell und dann doch nicht. Die Zeit verstrich und ich hatte das Gefühl, dass die Anfänge von Fleetwood Mac langsam in Vergessenheit gerieten. Die Band hatte sich ja sehr verändert. Bei den Stones gab es auch einige Veränderungen, aber sie sind immer noch unverkennbar die Rolling Stones, mit denselben Hauptfiguren und derselben Energie hinter der Band. Wir veränderten uns dagegen so sehr, dass die Anfänge dieser Band meiner Meinung nach Gefahr liefen, still und leise in der Versenkung zu verschwinden. Ich wollte, dass die Leute wissen, dass diese Zeiten wirklich wichtig waren. Ich wollte das tun, um zu sagen: „So fing es an“. Ich bin also sehr dankbar, dass es uns gelang, das auf die Beine zu stellen. Wenn diese Show fünf Tage später angesetzt worden wäre, hätte sie nie stattgefunden. Die Musiker hätten nicht mal nach England fliegen können. Und dann wäre es wohl nie wieder dazu gekommen.

Nur wenig später starb Peter im darauffolgenden Juli. Der Konzertfilm muss das umso schmerzhafter gemacht haben.
Ja. Peter verstarb sehr plötzlich, ohne dringliche Gesundheitsprobleme, die offensichtlich gewesen wären. Er ging im Schlaf von uns, er war nicht krank oder so. Er ging einfach. Was sehr traurig war, aber in gewisser Weise auch typisch für Peter. Er hatte keinerlei Ego. Er wusste, dass ich diese Show organisierte, und sagte: „Oh, das ist cool“. Und ich war wie ein kleiner Schoßhund, der sagte: „Freust du dich nicht?“ Er wünschte uns einfach nur Glück. Es gab den Gedanken, dass er vielleicht kommen würde. Wir hatten ihm einen Platz reserviert, falls er es sich anders überlegen würde. Wann immer ich in England auftrat, sagte ich: „Nun, Peter, wenn du Lust hast, komm doch vorbei“. Und das tat er. Ein paar Mal kam er zu Fleetwood-Mac-Shows im Wembley. Doch zu diesem Konzert kam er nicht. Er freute sich aber darauf, die Aufnahmen zu sehen. Leider kam es nie dazu.

Wie fühlte es sich an, wieder mit Peters legendärer Gibson Les Paul auf der Bühne zu stehen?
Nun, Kirk Hammett kaufte diese Gitarre von Peter vor etwa zwei Jahren. Er wohnt in Honolulu, für die
Proben zu dem Konzert kam er also hierher nach Maui und brachte Peters Les Paul mit. Er benutzt sie als Arbeitsgitarre, was toll ist. Mein Neffe sagte: „Onkel Mick, es ist mir gerade klar geworden … Ist dir bewusst, dass du schon seit mehr als 50 Jahren nicht mehr mit dieser Gitarre auf einer Bühne warst?“ Und ich sagte nur: „Fuck!“ Sie war so unzertrennbar mit Peter verbunden, diese Gitarre ist so berühmt, ebenso wie Peter Greens Sound. Und ich muss sagen, Kirk spielte sich den fucking Arsch ab. Bei den Proben beschlossen wir, dass seine Darbietung von ›The Green Manalishi‹ mit Billy Gibbons die Show beenden sollte. Den Song kann man einfach nicht mehr toppen, y’know?

Fühlst du dich wie ein Mann in seinen Siebzigern?
Nein. Und das macht mir Sorgen. Denn im Flur hängt ein Spiegel, in dem ich mich ansehe und sage: „Fuck“. Ich schwöre bei Gott, dass ich mich fühle wie vielleicht 32. Und das könnte zu einem Problem werden. Denn ich bin nun mal 73. Ich bin gesund, und bleibe es hoffentlich. Doch das ist der geistige und emotionale Teil von mir. Ich werde keine Namen nennen, aber ich kenne mehrere Leute, die etwa in meinem Alter sind und sich wie Kinder benehmen. Und ich denke, ich bin ebenfalls einer von denen.
Nicht die ganze Zeit. Aber ich fühle mich sehr wohl, wenn ich mich mit 18- oder 19-Jährigen unterhalte. Im Herzen bin ich absolut jung geblieben. Ich kann mich zwar auch zügeln, aber ich mag diese Momente nicht, wo ich das tue. Alles in allem fühle ich mich wahrscheinlich, als sei ich um die 32.

Wie fühlt es sich an, wenn du auf die Geschichte von Fleetwood Mac zurückblickst?
Es ist eine extreme Geschichte. Wir könnten uns weitere 20 Stunden unterhalten und der Stoff würde uns nicht ausgehen. Wenn du sie dann aufschreiben würdest, würdest du sagen: „Das ist nicht wahr, das kann einfach nicht sein“. Sie ist ungewöhnlich, und wohl ziemlich einzigartig, eine Geschichte über eine Band wie diese, mit all den darin verwickelten Beziehungen und Frauen und Tragödien. Doch bei allen Irrungen und Wirrungen war sie das alles wert. Und die Musik spricht laut und klar für sich.

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