Scream for me, Munich!
Es ist der erste von zwei ausverkauften Konzertabenden in der Münchener Olympiahalle und ausverkauft heißt in dem Fall auch ausnahmsweise wirklich mal ausverkauft. Vor der Venue sieht man zahlreiche Maiden-Fans mit kleinen „Suche Ticket“-Schildern umhergeistern, Menschen, die Karten feilbieten hingegen sind nirgendwo zu sehen. Ein Meer aus schwarzgekleideten Metalheads pilgert über das Olympiaparkgelände, um an diesem Abend Iron Maiden auf deren „The Future Past“-Tournee ein bisschen zu verehren. Tausende Eddies in verschiedensten Ausformungen grinsen einem böse von den zahlreichen Shirtdesigns her entgegen und ja, man kriegt jetzt schon – salopp formuliert – richtig Bock auf galoppierende Riffs, Fäuste in der Luft und historisch geschwängerten Pathos. Doch bevor Dickinson, Harris, McBrain, Gers, Murray und Smith loslegen, gibt es erst einmal den Supportslot The Raven Age zu bestaunen. Iron Maiden nehmen ja gerne ihre Kids mit auf Tour und so ist es auch in diesem Fall, da Raven-Age-Gitarrist George mit Nachnamen zwar nicht Harrison, dafür jedoch Harris, heißt. Was daran liegt, dass Steve Harris sein Vater ist. (Ach was!)
Die junge britische Band hat ein eigenes kleines Bühnen-Set-Up dabei, das vor allem durch das riesige Backdrop mit Logo und Rabenmotiv besticht und davon zeugt, dass die Truppe nicht erst seit gestern auf größeren Bühnen spielt. Die Performance der fünf Jungs bestätigt dies ebenfalls, selbstsicher und absolut unaufgeregt liefern The Raven Age modernen Heavy Metal mit melodiösen Vocals ab, sehr sauber dargeboten, sehr tight. Gut die Hälfte des Sets besteht aus Songs des jüngsten dritten Albums BLOOD OMEN, vom Sound her erinnert die Kombo an Bands wie Bullet For My Valentine. Bis auf einen etwas längeren Publikumsaufruf zum Handy-Lichtermeer hält Sänger Matt James seine Ansagen kurz, die ihnen gebotene Zeit füllen die Männer lieber mit Musik. Nach 45 Minuten verabschieden sich The Raven Age unter ordentlichem Applaus und die Wartezeit auf den Hauptakteur des Abends beginnt.
Um 20:54 Uhr schließlich tönt UFOs ›Doctor Doctor‹ aus den Boxen und wirkt auf die Menge ähnlich wie das Glöckchen auf den Pawlow’schen Hund – der Speichelfluss wird angeregt, man weiß: gleich geht’s los! Nach einem weiteren Einspieler von Vangelis ›Blade Runner: End Titles‹ aus dem 80er-Kultstreifen kracht es und Iron Maiden stürmen zum ewig nicht live gehörten ›Caught Somewhere In Time‹ auf die Bühne und schieben mit ›Stranger In A Strange Land“ gleich noch einen von SOMEWHERE IN TIME nach. Dickinson, mit Legolas-Gedächtnisfrisur, Mäntelchen, Sporthose im Jeanslook und Cyberpunk-Brille, entlockt einem sofort ein dickes Grinsen. Mehr noch, als er in seiner ersten Ansage mit typisch trockenem britischen Humor über die zahlreichen bayerischen Wurst- und Biersorten fachsimpelt und dann schließlich einen wirklich großen (nicht ganz verständlichen) Bogen spannt, um bei ›The Writing On The Wall‹, der ersten Single des jüngsten Albums SENJUTSU, zu landen. Hatte die Nummer bei Release für gespaltene Fan-Gemüter gesorgt, so funktioniert die für Maiden ungewöhnlich Southern-Rock-lastige Nummer live ziemlich gut. Die sympathische Truppe legt weitere neue Tracks nach, namentlich den Tour-Titelgeber ›Days Of Future Past‹ und das einem gleich betitelten Stray-Song sehr ähnliche ›The Time Machine‹. Danach gibt es mit ›The Prisoner‹ einen ordentlichen Kracher von THE NUMBER OF THE BEAST zu hören, bevor Dickinson eine längere Ansprache hält.
Dabei meinte der charismatische Frontmann, dass man zwar um die Zukunft besorgt sein könne, jedoch keine Zeitmaschine brauche, um in die Zukunft zu schauen, ein Blick in die Geschichte könne reichen. Schließlich wären die Menschen schon seit vielen tausenden von Jahren, und nicht erst seit gestern, riesige Arschlöcher. Hass, Gewalt, Genozide – all diese Grausamkeiten habe es schon immer gegeben und werde es wohl leider immer geben. Doch, so Dickinson, egal wie viele Menschen man auch umbringen mag – Musik, Kultur, Sprache und Geschichten könne man nicht ausrotten. Und mit den Worten „a cautionary tale from history“ leitet er über zu ›Death Of The Celts‹ (SENJUTSU), bei dessen Zwischenteil er sich von der Bühne schleicht, um die volle Wucht der nahenden Zupf-Viererwatsche wirken zu lassen. Während Steve Harris, irgendwie ewig jung und cool geblieben in seinem Standardoutfit aus kurzer Hose, Turnschuhen und Muskelshirt, den Grundtenor vorgibt, tänzeln Maidens drei Ausnahmegitarristen – Adrian Smith, Dave Murray und Janick Gers – abwechselnd mit ihrer virtuosen Saitenarbeit darauf herum.
Mein persönlicher Liebling ist sowieso Janick Gers, seit 1990 dabei und seit 1990 im klassischen Metal-Style aus weißen High-Top-Sneakers, schwarzen engen Hosen, Iron-Mainde-Shirt, Nietengürtel und blonder 80er-Mähne unterwegs, der mindestens genauso grandioser Tänzer wie Gitarrist ist. Stillstehen kann dieser Mann nur schwer, seine Performance ist ein einziger Wirbelwind aus lockerem Geschunkel, grandioser Grätschen-Beinarbeit, wilden Spins und akrobatischen Gitarrenwerfereien (bei der er 2019 versehentlich mal einen Sicherheitsmann am Hinterkopf erwischt hat). Neben diversen Riesen-Eddies und Bruce Dickinson, der wie eine Mischung aus Braveheart und Rumpelstilzchen über die Bühne fegt, ist Gers einer der integralen Bestandteile der Bühnenpräsenz von Maiden. Der Bühnenhintergrund wird übrigens zu großen Teilen ganz analog (und ziemlich cool) von wechselnden Backdrops regiert, die Leinwände an den Seiten sind nur zierendes Beiwerk. Oldschool eben!
Es folgt das übergroße ›Can I Play With Madness‹ vom Album SEVENTH SON OF A SEVENTH SON, das damals in den „Musicland Studios“ in München aufgenommen wurde. Danach ›Heaven Can Wait‹, ›Alexander The Great‹ (vor dieser Tour noch nie live gespielt), das beim Publikum zu Überschwang führende ›Fear Of The Dark‹ und als Abschluss schließlich ›Iron Maiden‹ vom gleichnamigen Debüt. Die Zugabenrunde eröffnet die Band erstaunlicherweise mit dem zehnminütigen, epischen ›Hell On Earth‹ von SENJUTSU – nicht unbedingt eine klassische Stimmungskanone. Die zündet die Band dafür dann danach mit den beiden letzten Tracks, ›The Trooper‹ und dem großartigen ›Wasted Years‹, bevor sie sich unter zu Recht tosendem Applaus von der Bühne verabschieden. Da erst bekommt man dann auch endlich den übersympathischen Nicko McBrain zu sehen, der gemächlich in Leggings und FlipFlops hinter seinem Drumset hervorschlendert und freudestrahlend Sticks und Schweißbänder an Fans und Kinder in den vorderen Reihen verteilt.
Ihre Überhits ›Run To The Hills‹ und ›The Number Of The Beast‹ haben sich Maiden an diesem Abend gespart, stattdessen eine wirklich coole Setlist zusammengestellt und ganz ehrlich: hätte ich danach nicht nochmal über die Songauswahl nachgedacht, wäre mir das Fehlen der beiden Tracks nicht einmal aufgefallen. Im Feld ihrer Rockstar-Altersgenossen machen Iron Maiden inzwischen fast die beste Figur. Dickinson ist topfit, durchtrainiert (vielleicht liegt das auch an seiner Frau Leana Dolci, die Fitnesstrainerin ist), agil und ausgezeichnet bei Stimme – und auch seine Kollegen stehen in puncto Qualität und Energie ganz oben auf der Liste. Dieser Abend war schlichtweg grandios. Nach einer Stunde und etwa 50 Minuten haben Maiden genau an jenem Punkt aufgehört, als es am Schönsten war. Voller Elan und Adrenalin verließ man diese Show nicht übersättigt, sondern mit einem wundervollen „ich hätte noch Bock“-Gefühl!
Dankeschön es hat mir sehr gut gefallen sie sind alle zusammen klasse ich bin auch ein Fan von ihnen die Show war fantastisch ich habe sie live gesehen in Leipzig es ist schon lange her ich wünsche ihnen noch viel Spaß Erfolg und viel Gesundheit in ihrem Leben