Kurz vor der Rückkehr von Dream Theater quetscht Ausnahmesänger James LaBrie mal so eben ein neues Soloalbum dazwischen. Wie das funktionieren soll? Nur deshalb, weil IMPERMANENT RESONANCE eigentlich gar kein Soloalbum ist…
Text: Björn Springorum
Es steht James LaBrie drauf, es singt James LaBrie – und dennoch ist IMPERMANENT RESONANCE eigentlich kein Soloalbum des Dream-Theater-Sängers. Hauptkomponist ist nämlich nicht er, sondern sein langjähriger Kollaborateur Matt Guillory. Anders wäre es auch nicht möglich gewesen, dass kein Jahr nach dem letzten Dream-Theater-Tourmarathon und nur kurz vor der Veröffentlichung des neuen DT-Studioalbums DREAM THEATER mit IMPERMANENT RESONANCE das dritte Werk unter dem Banner James LaBrie erscheint. „Matt und ich begannen bereits vor eineinhalb Jahren mit den Arbeiten daran“, erklärt der 50-jährige Kanadier. „Hinzu kommt, dass Matt der Hauptsongwriter dieser Band ist – und ein verdammt guter noch dazu.“ Das ist nicht zu bezweifeln. Das Werk sprüht vor originellen Einfällen, ist angenehm weit von Dream Theater entfernt und lässt auf eine Menge Spielfreude schließen. James stößt immer erst relativ spät zum Songwriting dazu – dann, wenn die Grundgerüste der Songs längst stehen. „Ich erstelle Rohversionen von Songs, über die ich mich dann mit James austausche“, verrät Matt. „Irgendwann nehmen wir das Stück dann auf, aber bis das so weit ist, kann manchmal sehr, sehr viel Zeit vergehen.“
Wie aktuell bei IMPERMANENT RESONANCE. Erste Ideen brachte Matt bereits vor knapp zwei Jahren zu Papier, über die Monate entstand dabei ein wahrlich progressives, aber nicht allzu verkopftes Rock/Metal-Album ganz ohne stilistische Scheuklappen. Da passt der Titel natürlich wie der Traum in das Theater: Ein Loblied auf die Unbeständigkeit ist es, was die beiden Künstler da ausgeheckt haben. „Nichts ist für die Ewigkeit“, schaltet sich James wieder ins Gespräch ein. „Alles verändert sich. Ständig. Worauf wir uns heute verlassen, wird morgen vielleicht nicht mehr dasselbe sein. Unser Leben ist eine einzige Unbeständigkeit, und dieses Grundgefühl wollen wir auf dem Album vermitteln.“
Das tun sie nicht nur textlich: Während James und Matt bei ihren Familien, Freunden und Bandmitgliedern Halt in diesen unbeständigen Zeiten finden, schicken sie ihre Hörer auf eine haltlose, aber rauschhafte Reise durch Prog, Rock, Death Metal und Pop. Ja, wirklich! Matt erklärt, warum IMPERMANENT RESONANCE derart bunt geworden ist: „Uns ging es mehr denn je um Balance und Dynamik. Dadurch entstand ein sehr treibendes Album mit vielen Höhepunkten, das den Hörer hoffentlich nicht loslässt.“ Die vermehrt auftauchenden Melodic-Death-Metal-Elemente haben natürlich auch ihre Daseinsberechtigung. „Wir fühlten, dass einige Stücke schlichtweg davon profitieren würden, wenn sie eine ganze Ecke extremer werden“, fährt Matt fort und betont: „Dennoch kannst du nur dann aggressiv klingen, wenn du auch das passende Gegenstück hast. Deshalb gibt es auch viele sanfte, eingängige Elemente.“ Dass sich diese mit dem schwedisch geprägten Metal-Sound vertragen, ist eines der ganz großen Kunststücke des Albums und zeigt Matts Kompositionsgenius. Gelernt hat der von den – zumindest aus kommerzieller Sicht – ganz Großen. „Die Mischung aus Aggressivität und Melodik im melodischen Death Metal hat es mir zwar sehr angetan. Am meisten höre ich jedoch Pop“, lacht er. Und soll um jeden Preis damit weitermachen!