Wer im Psychedelic-Rock zuhause ist, kümmert sich nicht groß um das Treiben auf Mutter Erde. Für King Gizzard & The Lizard Wizard gilt das nicht mehr. Schon vor Entstehung des neuen Albums K.G. fühlte sich dieses Jahr für die Australier schlimm an.
Über Zoom ist Anführer Stu Mackenzie immer noch wegen der verheerenden Buschfeuer schockiert. „Dieses Mal waren auch Gebiete betroffen, die sonst vom Feuer verschont geblieben sind. Tiere starben und wurden aus ihrem Lebensraum vertrieben. Wir haben als Reaktion darauf unsere Archive durchstöbert und Live-Aufnahmen aus Brüssel, Adelaide und Paris gefunden, die konnten wir veröffentlichen. Die Leute laden sich das immer noch herunter, auf diese Weise bekommen Tierheime
weiterhin Spenden von uns.“ Bekanntermaßen wurde es danach nicht besser. Anfänglich hielt man sich Down Under während der Pandemie gut, dann gab es in Melbourne einen Lockdown, der wohnortbedingt auch King Gizzard traf. „Bisher standen wir gemeinsam in einem Raum und interagierten miteinander. Das war total unser Ding. Jetzt haben wir uns ein paar Mikros geschnappt und alles zu Hause aufgebaut. Erst war das seltsam, fühlte es sich doch uninspiriert an. Aber mit der Zeit merkten wir, wie man aus den Bedingungen das Beste macht.“
Improvisation ist für King Gizzard nichts Neues. Beim Vorgänger, INFEST THE RATS NEST, konzentrierte man sich auf harten Sound, außerdem gab es Ablenkungen. „Eric, einer der Drummer, musste sich um das Label Flightless kümmern, er ist jetzt nicht mehr dabei. Lucas, der Bassist, wurde Vater. Ambrose und Cook waren mit The Murlocs unterwegs. So waren nur noch ich, Joey und Michael übrig – genau die drei Leute in der Band, die sich am schnellsten auf Heavy Metal einigen können.“ Auf K.G. geht es um mehr Gruppendynamik. „Alle waren online am Prozess beteiligt. Das hat uns in gewisser Weise befreit. Wir wollten dieses Mal nicht wieder eine Idee wie in einer Genreübung kompromisslos durchziehen. Es hört sich nach uns allen an, daher passt für das Album der selbstbetitelte Name.“
Entscheidend für das Verständnis von K.G. ist laut Stu auch der Umgang mit Mikrotonalität. „Für uns macht es bei dieser Art von Sound einfach Klick. Das war schon auf mehreren unserer Alben so, ganz besonders auf FLYING MICROTONAL BANANA. Trotzdem fühlt es sich immer noch an, als spielten wir in
einer Pfütze. Wir sind noch nicht mal ansatzweise zum Ozean der Möglichkeiten vorgedrungen.“ Hat es auch mit einem inneren Drang zu tun, andere Kulturen der Welt in Zeiten der Anspannung zu umarmen? „Wir haben ein paar Mal in Istanbul gespielt und sind dort stets sehr herzlich empfangen worden. Einige Fans wunderten sich nach der Show, warum ausgerechnet eine australische Band sich so intensiv mit türkischem Folk auseinandersetzt. Da sagte ich ihnen: Ich liebe eure Musik.“ Man kann King Gizzard aus verschiedenen Gründen ins Herz schließen. Sie sind produktiv, unberechenbar, live und überhaupt ein Ereignis. Und dann stimmt auch noch die Einstellung. Wunderbar!