Inside Llewyn Davis
Es ist keine neue Erkenntnis, dass die Coen Gebrüder ein Faible für Verlierertypen jeglicher Art haben. Dankenswerterweise zeigen sie in ihrem ersten Film seit dem Westernremake „True Grit“ erneut jenen untrüglichen Sinn für trockenen bis schwarzen Humor, der jedem noch so tragischen Schicksal absurd komische Seiten abgewinnt. Auch Titelheld Llewyn Davis (Oscar Isaac) ist einer dieser aus- geprägten Coen-Pechvögel, die sich durch ihre allzu menschlichen Schwächen selbst ein Bein stellen. Eigentlich hat Davis nämlich die beste Ausgangslage, um im New York der frühen sechziger Erfolge feiern zu können. Als Teil der Folkszene von Greenwich Village arbeiten Davis und seine Musikerkollegen auf den großen Durchbruch hin, die Chancen stehen — so weiß der Kenner von Musikgeschichte und Szene bereits — ausgesprochen gut: Nur wenige Monate später löst Bob Dylan den großen Folk-Hype aus, das Genre prägt die erste Hälfte der sechziger Jahre massgeblich. Davis Chance, Teil des großen Folk-Sturms zu werden, stehen aber nicht besonders gut, denn ein akuter Mangel jeglichen Charismas, ein quecksilbriges Gemüt mit cholerischen Zügen und der Hang zur Misanthropie machen Davis zum nicht gerade angenehmsten Zeitgenossen. Die Audienz bei Managerguru Grossman im fernen Chicago soll Davis Karriere nun aber den nötigen Schub ver- leihen. Wenn alles gut geht. Offensichtlich auf der Autobiographie des beinahe vergessenen Folk-Helden Dave Van Ronk basierend, ist „Inside Llewyn Davis“ dank schauspielerischen Genialitäten, atmosphärischer Tristesse und augenzwinkernder Tragikomik einer der sorten- reinsten Coen-Filme und im kommenden Oscar- Rennen garantiert gleich mehrfach vertreten.