Nach dem Tod von Jimmy Bain († 2016) ist die Stammbesetzung von Last In Line mit Vivian Campbell (Def Leppard, Dio), Vinny Appice (Black Sabbath, Dio), Bassist Phil Soussan (Ozzy Osbourne) und Frontmann Andrew Freeman (Offspring, Thirty Stones) erst recht eine gefestigte Einheit aus vier starken Individualisten.
Mit großer Produktion und Einflüssen von Led Zeppelin über Whitesnake bis Alice In Chains klingt JERICHO, das neue Album von Last In Line, jetzt nicht nach schüchterner Leisetreterei. Auch wenn der Schatten, den ihr einstiger Mentor Ronnie James Dio wirft, nicht gerade klein ist. „Na klar, es wird oft eine Connection zu Ronnie hergestellt. Und eine Verbindung zwischen uns und der ursprünglichen Dio-Band ist ja da – gerade weil Vinny und Vivian sehr lange mit Ronnie zusammengespielt haben.“ Das erzählt uns Bassist Phil Soussan, der selber auch schon mit Billy Idol, Vince Neil oder Johnny Hallyday gearbeitet hat. „Für uns wird es aber dann zu einem Problem, wenn wir als eine Art Dio-Tribute-Gruppe gesehen werden. Denn ich verstehe uns nicht als engstirnige Nachlassverwalter, die nur ein einziges Thema haben. Ich finde, dass wir schon eine originelle Handschrift in unseren Songs haben. Mit der müssen wir uns nicht verstecken und auf die sind wir schon sehr stolz. Wir haben unseren Spaß beim Spielen, ganz sicher mehr, als uns das von so mancher Kritikerseele zugeschrieben wird.“ Und wie sieht er das Musizieren an sich: Also ist es eher eine große Fleißarbeit, neue Lieder zu machen, oder geht ohne Inspiration so gut wie nichts? Phil überlegt kurz und sagt dann: „Für mich besteht ein großer Unterschied zwischen Hardrock und Musik, die einen Classic-Rock-Vibe hat. Es ist in meiner Wahrnehmung ein komplett anderer Ansatz, was und wie komponiert wird. Vinny zum Beispiel tendiert dazu, eher härtere Grooves zu spielen. Ich glaube, dass uns das bei der Arbeit an den Tracks immer den richtigen Drive gibt – es geht immer direkt nach vorne.“ Und wie schaut er nun mit ein paar Wochen Abstand auf das aktuelle Werk JERICHO – gibt es Lieblingssongs, die ihm besonders ans Herz gewachsen sind? „Ja, klar. ›Bastard Son‹ und ›Hurricane Orlagh‹ gefallen mir inzwischen eigentlich am besten. Wir hatten ordentlich Spaß bei den Aufnahme-Sessions. Danach haben Andrew und ich uns bei den nachträglich hinzugefügten Produktionsideen und Background-Vocals ins Zeug gelegt. Ich bin echt stolz und habe schon das Gefühl, dass die Platte sehr gut die Essenz von uns Vieren einfängt.“
Phil ist auch ein absoluter Musik-Nerd, der gerne über seine Leidenschaft spricht: „Ich liebe es einfach, wenn die Beatles oder T.Rex im Radio laufen. Die frühen Platten, die meine Liebe für den Heavy Rock erst entfacht haben, sind das erste Led-Zeppelin-Album, das Frühwerk von Free und natürlich Deep Purple.“ Phil ist sich dabei durchaus bewusst, dass er ein privilegiertes Leben führt: „Ich kann ehrlich sagen, dass ich so ziemlich alle Menschen getroffen habe, die ich treffen wollte. Dass darunter David Bowie und Jimmy Page sind, dafür bin ich mehr als dankbar. Und Jimmy ließ mich ja sogar kurzzeitig bei seinem Projekt The Firm mitmachen. Natürlich hätte ich aber gerne auch mal Elvis Presley getroffen.“ Doch das habe leider nicht geklappt. Ist es für ihn denn eigentlich schwierig, sein Musikerleben mit seinem Privatleben zu kombinieren? „Meine Frau kennt es ja nicht anders, als dass ich häufiger mal lange weg bin. Mit Last in Line touren wir im Moment aber nicht so ausgiebig. Dadurch ergibt sich die Chance, Zeit in meinem Home-Studio zu verbringen. Hier habe ich meine zwei Soloplatten VIBRATE (2006) und NO PROTECTION (2011) konzipiert und bin gerade dabei, ein drittes aufzunehmen.“ Das ist vielleicht ein weiteres Alleinstellungsmerkmal von Last In Line: Alle einzelnen vier Mitglieder sind rund um die Uhr beschäftigt.