Dieser Tage erscheint mit II das gelungene zweite Werk von Mammoth WVH, dem Soloprojekt von Wolfgang Van Halen. Er ist der Sohn von Gitarristenlegende Eddie Van Halen († 2020) und war der letzte Bassist in dessen mega-erfolgreicher Band.
Im Vorfeld unseres Gesprächs wurde darum gebeten, Wolfgang möglichst nicht auf den Tod seines Vaters anzusprechen. Er habe emotional noch immer an dem tragischen Verlust zu knabbern und deshalb in den USA schon ein paar Interviews abbrechen müssen. Diesem Wunsch entsprachen wir natürlich gern. Zumal es aktuell genügend andere Themen gibt, zu denen sich der Kalifornier äußern kann und will. Trotzdem kam im Lauf unseres Treffens dann doch kurz die Rede auf einen der einflussreichsten und wichtigsten Gitarristen der Rockhistorie, aufgebracht vom Junior selbst.
Es ist der Morgen, nachdem Mammoth WVH im ausverkauften Hamburger Volksparkstadion ihren ersten deutschen Auftritt in diesem Jahr feierten: Als Support für Metallica spielten sie zwar noch bei Tageslicht und vor einer sich erst im Lauf ihrer Show füllenden Arena. Dennoch zeigte sich der junge Mann mehr als zufrieden mit dem Abend: „Es war großartig. Ich weiß nicht wie es sich für das Publikum anfühlte, aber auf der Bühne war der Sound fantastisch. Den Reaktionen nach zu urteilen, muss es aber prima gewesen sein. Metallica und ihre Crew verhalten sich extrem großzügig uns gegenüber. Sie helfen uns, wo sie können, und lassen uns Teile ihres Equipments benutzen. Außerdem dürfen wir jeden Tag einen Soundcheck machen – was auf diesem Niveau alles andere als üblich ist.“ „Dass wir auf diese Tour gebucht wurden, ist ein echter Glücksfall“, freut er sich. „Wir erreichen dabei an einem Abend so viele Rockfans, wie wir es sonst in zwei, drei Monaten nicht schaffen. Diese Stadiontermine liegen zudem immer ein paar Tage auseinander. Wenn irgend möglich schieben wir immer noch eigene, kleine Clubshows dazwischen, so wie hier in Deutschland.“ Begonnen hat der Treck mit Metallica, der übrigens bis mindestens in den nächsten Sommer hinein unterwegs sein wird, wenn beide Acts weitere Shows in Deutschland spielen, in Amsterdam. „Das war sehr bewegend für mich“, blickt „Wolf“, wie er von seinen Kollegen und den Fans genannt wird, auf den zum Zeitpunkt dieses Gesprächs erst ein paar Tage
zurückliegenden Auftritt zurück. „Es ist der Ort, in dem mein Vater und auch mein Onkel Alex geboren wurden und zumindest teilweise noch aufgewachsen sind.“ Beim ersten Konzert einer Tour könne immer einiges schiefgehen, und meist tue es das dann auch, erklärt er. „Aber diesmal lief es wie am Schnürchen. Außerdem war das Publikum aufgeschlossen und reagierte, wie auch hier in Hamburg, richtig positiv auf unsere Lieder. Das war schon mal eine riesige Erleichterung und ein toller Einstieg. Sehr schön fand ich aber auch die Zeit vor und nach dem Auftritt. Ich habe versucht, mich ein wenig umzuschauen und ein Gefühl für die Stadt zu bekommen. Sie gefällt mir wirklich gut und ich werde bestimmt noch oft, sicher auch mal privat, zurückkehren. Leider spreche ich kein
Wort Niederländisch. Hoffentlich beherrsche ich bis zum nächsten Mal zumindest ein paar Sätze.“ Dabei helfen könnten ihm die Leute, die er traf, nachdem er in Amsterdam von der Bühne kam: „Ich hatte das Glück, ein paar mir bis dahin unbekannte Cousins und Cousinen zu treffen. Alex hatte den Kontakt hergestellt, da wir tatsächlich noch eine erstaunlich große Anzahl von Verwandten in Amsterdam und auch in Nijmegen haben. Ein paar von ihnen hatte ich bereits im letzten Jahr kennengelernt, als wir mit Alter Bridge in Europa tourten. Die haben nun noch weitere Familienmitglieder mitgebracht. Wunderbar. Zumal einige von ihnen sogar noch ein paar Geschichten von ihren Eltern und Großeltern erzählen konnten, die meinen Dad als kleines Kind kannten. Einer hatte sogar den Abzug eines Fotos von damals für mich dabei. Das war alles sehr emotional.“ Der eigentliche Grund des Trips ist aber natürlich kein Familientreffen, sondern die
Promotion des neuen Albums MAMMOTH II. Zwei der Stücke davon – die vorab als Singles ausgekoppelten ›Like A Pastime‹ und das stürmische ›Another Celebration At The End Of The World‹ – fanden sich bereits auf der Setlist. Bei beiden ist deutlich zu hören, wie sehr sich Wolfgang Van Halen als Komponist, aber noch mehr als Performer weiterentwickelt und an Selbstvertrauen gewonnen hat. Letzteres trifft ganz besonders auf seine Leistung am Mikrofon zu, die noch um einiges intensiver, kraftvoller und ausdrucksstärker ausfällt als auf dem diesbezüglich schon richtig guten Debüt vom Sommer 2021. Wie dieses wurde das Zweitwerk im Alleingang eingespielt. Was bedeutet, dass nicht nur der Gesang und die Gitarre, sondern auch sämtliche Schlagzeug-, Percussion-, Bass- und Keyboards-Parts von Van Halen selbst stammen. Aufgenommen wurde alles in den 5150 Studios, den einst von Eddie eingerichteten und nun vom Sohnemann übernommenen Aufnahmeräumen im Coldwater Canyon in Studio City vor den Toren von Los Angeles. „Es macht mir unglaublichen Spaß, im Studio zu arbeiten“, berichtet der Musiker mit einem ehrlichen Funkeln in den Augen. „Ich habe dort alles, was ich brauche, und kann in Ruhe, ohne Zeitdruck oder Störung, mein Ding machen. Ich habe bei der Fertigstellung des Erstlings viel gelernt und konnte so dieses Mal deutlich strukturierter zu Werke gehen. Immer wenn ich dann der Meinung war, dass ich einen Song fertig hatte, oder auch wenn ich mal mit einem anderen nicht weiterkam, schaute mein Produzent Michael ‚Elvis‘ Baskette rein. Wir kennen uns, seit ich damals in Mark Tremontis (der Creed- und Alter-Bridge-Gitarrist; Anm. d. Red.) Soloband am Bass aushalf und er CAUTERIZE und DUST für uns produzierte. Elvis hat ein fantastisches Gespür dafür, was ein Track braucht oder was überflüssig oder gar störend ist. Ich kann seinem Urteil uneingeschränkt vertrauen.“
Bereits für die Tour zur ersten Platte hatte Van Halen eine Handvoll kompetenter Instrumentalisten um sich versammelt – darunter Frank Sidoris (Slash), Ron Ficarro (ehemals Falling In Reverse) und seinen früheren Tremonti-Kollegen Garrett Whitlock. Laut Wolfgang sind sie alle mittlerweile zu einer echten Einheit zusammengewachsen. „Wobei ich immer noch dabei bin zu lernen, was es wirklich heißt, ein Bandleader zu sein. Das ist eine Rolle, in die ich erst noch hineinwachsen muss“, lacht er. „Wir sind mittlerweile echte Kumpels. Aber manchmal muss man trotzdem etwas lauter werden oder einfach entscheiden, was zu tun ist. Dafür bin ich eigentlich nicht so der Typ …“, sagt er verlegen, und fügt dann jedoch hinzu: „Aber die Jungs machen es mir leicht. Was wirklich schön ist.“