Er war Mitglied der Ausnahme-Bands Screaming Trees und Queens Of The Stone Age. Er hat den Grunge genauso überlebt wie Alkohol und Drogen. Und er ist heute mit 47 Jahren aktiver denn je. Trotzdem singt Mark Lanegan, der Hüne aus dem amerikanischen Nordwesten, den Blues – wie kein zweiter.
Mark, würdest du dich als „Survivor“ bezeichnen?
(lacht) Zumindest habe ich viele meiner Zeitgenossen und meiner besten Freunde überlebt – was ein komisches Gefühl ist. Denn ich habe genau so viel Gas gegeben wie sie. Wer weiß, vielleicht habe ich die bessere Ausdauer – oder die richtigen Gene.
Womit du auf Nirvana-Mastermind Kurt Cobain bzw. Layne Staley von Alice In Chains anspielst, die inzwischen 17 bzw. neun Jahre unter der Erde sind?
Und die ich schmerzlich vermisse. Einfach, weil das großartige Menschen waren, mit denen ich viel Zeit verbracht habe. Leider sind sie mit diesem Leben nicht klargekommen. Eben als reisender Musiker, der kaum Verschnaufpausen hat und seinen Erfolg mit hohen Entbehrungen bezahlt. Damit muss man umgehen können – genau wie mit der Industrie, die ab-solut menschenverachtend ist. Und man darf sich nicht in Alkohol oder Drogen flüchten, was genau so schlimm ist.
Zwei Dinge, von denen du dich erst vor kurzem getrennt hast. Ist dir das leicht gefallen – und gab es einen Grund?
Meinen Arzt. (lacht) Er hat mir gesagt, wenn ich weiter zwei Schachteln am Tag rauche, werde ich das nicht mehr lange machen. Und was den Rest betrifft: Das war ein harter Kampf, der mir weiß Gott nicht leicht gefallen ist. Ich habe einen richtig heftigen Entzug hinter mir.
Weshalb du den Blues singst bzw. dein Album BLUES FUNERAL, das Bluesbegräbnis, nennst?
Na ja, eigentlich sollte ich happy über meine aktuelle Situation sein. Schließlich geht es mir gut, und ich arbeite mit wunderbaren Leuten aus den unterschiedlichsten Genres. Was unglaublich befriedigend ist. Gerade was die elektronischen Sachen mit den Soulsavers betrifft – das ist für mich völliges Neuland, bei dem ich sehr viel lerne. Während es mit Isobel Campbell und Greg Dulli einfach ein Riesenspaß ist. Und was den düsteren Sound meines eigenen Albums betrifft: Das ist halt mein Stil. Denn mit dieser Stimme kann ich keine fröhlichen Popsongs singen – ganz abgesehen davon, dass mich das nicht interessiert. Ich mache Musik, die ein bisschen mehr Substanz hat als dieser Hitparaden-Müll. Und ich bin froh, dass ich davon leben kann.
Mit wem würdest du gerne arbeiten, sofern sich die Gelegenheit bietet?
Brian Eno – weil er ein begnadeter Musiker ist, der tolle Platten gemacht hat. Womit ich vor allem seine frühen Solo-Alben meine. Die sind der Wahnsinn. Und deshalb wäre es das Größte, wenn das klappen würde. Nur: Ich komme auch ohne klar. Ich bin nicht darauf angewiesen.
Weshalb es vorerst auch keine Reunion deiner ersten Band, den Screaming Trees, geben wird?
Richtig. Ich habe mir die Comeback-Shows von Kraftwerk und den Stooges angesehen – und war total begeistert, das noch einmal erleben zu dürfen. Aber: Ich selbst spüre kein Verlangen, mich auf die Bühne zu stellen und die alten Sachen zu singen. Klar, Soundgarden, Mudhoney, Alice In Chains und all den anderen scheint es Spaß zu machen, und sie verdienen nicht schlecht dabei. Nur: Ich fände es eher deprimierend. Und bislang hat uns noch keiner so viel geboten, dass ich nicht „nein“ sagen konnte.
Zumal du jetzt deine eigene Wackelkopffigur hast – mit Anzug, Zigarette und Tattoos…
Oh ja! Und diese Ehre wird nicht jedem zuteil. Insofern denke ich, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Ein beruhigendes Gefühl. (lacht)