Nach fünf Platten, die mit einer Mischung aus Hardrock, Alternative Metal und ein bisschen Post-Grunge bestechen, fragt man sich, was Pop Evil auf ihrem sechsten Studioalbum bieten werden. Laut Frontmann Leigh Kakaty gestaltet sich VERSATILE ein bisschen weiser, ein bisschen schlauer, ein bisschen witziger. Die aus Michigan stammende Band, die sich 2001 gründete, hat schon einiges durchgemacht – von Besetzungswechseln bis hin zu Label-Problemen. Ihr neues Werk VERSATILE entstand größtenteils vor den Corona-Beschränkungen und klingt fast schon ein wenig prophetisch, lassen sich doch einige Songs wie ›Breathe Again‹ oder ›Human Nature‹ ganz hervorragend auf die Pandemie beziehen. Der Gesang für letzteren wurde in einem Take aufgenommen, am nächsten Morgen musste der Frontmann das Studio und Los Angeles überraschenderweise aufgrund der Covid-Bestimmungen verlassen. Doch dieser eine Take reichte und schaffte es auf das Album. Glück gehabt, denn es hätte keine Möglichkeit gegeben, das Ganze neu aufzunehmen.
Besonders die Energie der Demoaufnahmen haben es dem Songwriter angetan: „Da ist einfach etwas, wenn du einen Song gebärst, ihn schreibst … es ist aufregend, du stellst dir die Frage ,Mag ich das überhaupt?‘ Es ist Energie, pur und roh“. Und genau diese Energie ist fast unmöglich einzufangen, wenn man etwas wieder und wieder aufnimmt. „Ich habe es einfach satt, Songs immer wieder neu aufzunehmen, ich würde lieber neue schreiben.“ Und so sind für VERSATILE mehr als doppelt so viele Songs geschrieben worden, als es schlussendlich auf das Album geschafft haben: das beste Dutzend. „Der Chorus muss uns kriegen, uns zum Springen bringen, es muss einfach zu unserer Liveshow passen“, erklärt der Sänger. „Wir müssen ›Trenches‹ oder ›Footsteps‹ spielen, die Hits, die die Leute von uns erwarten. Da gibt es begrenzten Platz für neue Songs auf der Setlist.“
Das erzwungene Jahr Pause hat Kakaty genutzt, um sich auszuruhen und seiner Stimme eine Pause zu verschaffen, um aufzuräumen. All die Dinge, die man eben so vor sich herschiebt. Die Musik hat er trotz der Ruhephase sehr vermisst: „Musik war wirklich auf null. Normalerweise hätte ich wenigstens mit Freunden gespielt in Clubs oder Bars“. Um nicht enttäuscht zu werden, ist der Sänger jedoch noch etwas vorsichtig mit seinem Optimismus und freut sich erst, wenn er im August wieder auf der Bühne stehen kann. Dass das ein emotionaler Moment werden wird, da ist er sich sicher – besonders, wenn Pop Evil Songs spielen, die sie noch nie live performt haben. Deshalb ist er bei diesen Nummern noch eine Spur leidenschaftlicher als sonst. Geplant sind Shows mit Shinedown, sowie mehrere Festivals. „Wir waren schon immer Nomaden und Reisende. Ich freue mich, wieder in das kontrollierte Chaos und den Rock einzutauchen“, erzählt der Sänger.
Für den Moment ist er jedoch erst einmal glücklich über die Veröffentlichung von VERSATILE, seinem liebsten Album bisher. „Das ist auch sowas, wenn du älter wirst – es geht immer um den nächsten Song, das nächste Album, die nächste Tour. Du kommst gar nicht dazu, die ganze harte Arbeit zu genießen“, sagt der 44-Jährige.