Fein ’o’ the times
Der Fluss posthumer Releases des Genies aus Minneapolis reißt nicht ab, doch dieser hier schert aus dem bisherigen Reigen an erweiterten Reissues, Demos, Live-Mitschnitten und anderweitig bekannten Songs aus: ein komplettes Album von Originalen in seiner offenbar finalen Fassung, das 2010 entstand, aber aus nie geklärten Gründen wieder in der Schublade verschwand. Was ist uns damals entgangen? Wie bei den meisten Prince-Werken nach den 80ern nichts, was auch nur annähernd an seine Glanzzeiten anknüpft. Über weite Teile findet sich auf WELCOME 2 AMERICA also der Mix aus getragen bis gemächlichem, eigenartig blutleer-schwülem Soul-Funk-Jazz, der sein Spätwerk prägt – auf hohem Niveau, gewiss, schließlich hatte der Mann hohe Ansprüche an sich selbst.
Mit ›Hot Summer‹, das mehr als flüchtig an ›Peach‹ erinnert, zieht immerhin das Tempo an, und auf ›Check The Record‹ hört man wieder den Mr. Nelson, der Biss, Coolness und Botschaft so unvergleichlich knackig unter einen Hut bringen kann. Dass die emotional lebendigste Nummer, ›Stand Up And B Strong‹, aber ausgerechnet eine Coverversion (von Soul Asylum) ist, das hat es auf einem Prince-Album sicher noch nie gegeben. Ein weiteres hochwertig gemachtes Puzzlestück für Komplettisten also, doch wo bleiben die wahren Schätze, die angeblich im „Vault“ schlummern?
6 von 10 Punkten
Prince, WELCOME 2 AMERICA, SONY