Im gegenwärtigen politischen und gesellschaftlichen Klima der USA scheint Kathryn Bigelows Drama rund um die Rassenunruhen im Detroit des Jahres 1967 so aktuell wie brisant. Damals geriet die Schließung eines Nachtclubs, in dem schwarze Vietnam-Veteranen gerade ihre Heimkehr feierten, außer Kontrolle, in kürzester Zeit eskalierte der Einsatz der Polizei zu einer offenen Straßenschlacht. Plünderungen und Brandstiftungen führten in Folge dazu, dass sich wenig später Bewohner des Viertels und Nationalgarde gegenüberstanden. Bigelow geht es in ihrem Drama nicht ausschließlich darum, die eskalierenden Ereignisse aus den Perspektiven verschiedener Personen darzulegen. Sie will – ebenso wie Christopher Nolan zuletzt auf ähnliche Art in „Dunkirk“ – das Publikum in das Epizentrum der Geschehnisse tranportieren, mitreißen, bewegen, emotionale Distanz abbauen. Dieser Versuch einer besonders intensiven Immersion gelingt aufgrund streckenweise etwas eindimensional geratener Charaktere nicht immer vollauf. Denn „Detroit“ will weit mehr sein, als nur eine Aufarbeitung der Fakten, es will mit der Ausleuchtung der Gesetzmäßigkeiten der vorherrschenden Machtstrukturen einen Beitrag zur gegenwärtigen, entlang jahrzehntelanger Bruchlinien geführten Debatte um „white male power“-Dynamik leisten. Hochgesteckte Ziele, die Bigelow mit „Detroit“ nur zum Teil erfüllen kann. Was der Regisseurin jedoch auf jeden Fall gelingt, ist es den Finger in die offenen, unter Trump teils neu gerissenen Wunden eines virulenten Rassismus zu legen, der die USA immer noch erschüttert. Dass Bigelow dies auf eine filmisch mitreißende und atmosphärisch dichte Art tut, macht „Detroit“ zum zwar nicht unbedingt angenehmen, dafür aber umso wichtigeren Film. Vor allem deshalb, da er zeigt, wie tief die nur mühsam zugeschütteten gesellschaftlichen Gräben sind, die in den letzten Monaten in den Vereinigten Staaten leider wieder aufgerissen werden.
7/10
Detroit
Concorde/Start: 23.11.