Geschwisterliebe
Als die Black Crowes 1990 ihren Erstling SHAKE YOUR MONEY MAKER auf die Fans losließen, stand die Rockgitarre insbesondere in den USA noch ganz im Zeichen der
Hair-Metal-Welle. SHAKE YOUR MONEY MAKER ist ein klarer Mittelfinger in ebendiese Richtung und bis heute das erfolgreichste, wenn auch nicht beste Werk des Quintetts. Formiert 1984 in Marietta, Georgia, noch als Mr. Crowe’s Garden, absolviert die Band 1987 für A&M eine Session, der daraus resultierende Demo-Deal wird von der Band abgelehnt.
Im Folgejahr sieht ein gewisser George Drakoulias die Gebrüder Chris (Gesang) und Rich Robinson (Gitarre) vervollständigt durch Drummer Steve Gorman, Bassist Johnny Colt und Gitarrist Jeff Cease in New York spielen und verpflichtet sie vom Fleck weg für Rick Rubins Def American Label.
Drakoulias bringt der Truppe sowohl The Faces als auch Humble Pie nahe, woraufhin die Krähen ihren unverwechselbaren Sound aus ebenjenen Faces und Humble Pie, verflochten mit den Rolling Stones, den frühen Aerosmith und traditioneller Südstaaten-Musik, kreierten. Drakoulias, ein Protegé von Rubin und eigentlich im A&R-Bereich des Labels tätig, übernimmt erstmals die Produzenten-Rolle und steht später noch mit den Jayhawks, Primal Scream, Screaming Trees, Reef, Tom Petty & The Heartbreakers und Madrugada im Studio. Zum 30-jährigen Jubiläum hat Drakoulias mit den Robinsons in der Mottenkiste gekramt und einiges spannendes zu Tage gefördert.
SHAKE YOUR MONEY MAKER schlägt recht schnell ein wie eine Bombe, klettert bis auf Rang 4 der US-Billboard-Charts und wechselt über fünf Millionen Mal allein in den USA den Besitzer. Angefüttert durch insgesamt fünf Singles (der Opener ›Twice As Hard‹, der Kracher ›Jealous Again‹, das Otis-Redding-Cover ›Hard To Handle‹, die wundertolle Soul-Country-Ballade ›She Talks To Angels‹ sowie abschließend ›Seeing Things‹) bedient SHAKE YOUR MONEY MAKER exakt jene Hörer, die während der vergangenen Jahre viel zu kurz kamen. Neben dem neu gemasterten Original-Album dürfte für Fans insbesondere das Bonusmaterial von Interesse sein. Mit ›Charming Mess‹ gibt es einen bislang unveröffentlichten Song zu hören, der ursprünglich die erste Single des Albums werden sollte, dann aber überhaupt keinen Platz fand und erst jetzt auf MORE MONEY MAKER erscheint.
Dazu steht neben den beiden Covern ›30 Days In The Hole‹ (Humble Pie) und
›Jealous Guy‹ (John Lennon) noch der flotte Uptempo-Blueser ›Don’t Wake Me‹ und ›Waitin’ Guilty‹ auf der Haben-wollen-Liste. ›Hard To Handle‹ kommt im Horns Remix, in akustischer Form stehen ›Jealous Again‹ und ›She Talks To Angels‹ parat, das es auch in Demo-Version von Mr. Crowe’s Garden nebst ›Front Porch Sermon‹ zu hören gibt. Das Wir-sind-wieder-zu-Hause-Konzert der Krähen vom Dezember 1990 ist neben den damals aktuellen Hits fast selbstverständlich mit einigen Raritäten wie ›You’re Wrong‹ (das wie ein kleiner Bruder von ›Jealous Again‹ anmutet), dem 13-minütigen Mega-Bonus ›Words You Throw Away‹ nebst ›Get ’Em On Down‹ (von Delta Blueser Bukka White)/›Get Back‹ (The
Beatles) gespickt. Schon hier wird deutlich, dass die Black Crowes an einem guten Tag live kaum zu schlagen sind. Kommt als 4-LP sowie 3-CD-Deluxe-Version, ist aber auch in abgespeckten Ausgaben zu beziehen. Die dicken Dinger haben ferner noch die Reproduktion eines frühen Mr. Crowe’s Garden Flyers, eine Setlist, einen TourPass, ein Crowes-Patch und ein 20-seitiges Buch mit Liner Notes von David Fricke parat.