Umstritten, aber keineswegs schwach: die Stones, verkleidet als Hippies.
Dass die Band in gesellschaftlich, kulturell wie intern turbulenten Zeiten ein Experiment wagte, ist grundsätzlich lobenswert, doch für die Geschmackspolizisten unter den Rolling Stones-Fans ist die Sache von jeher klar: SATANIC MAJESTIES sei gar kein „richtiges“ Stones-Album. Ist es doch. Und genauso Kind seiner Zeit wie manch anderes Werk aus ihrem reichhaltigen Katalog. Aber genau darin liegt das Problem, denn die Stones waren gut, andere waren 1967 besser: Hendrix, Pink Floyd und The Doors hatten kurz zuvor die Ausdrucksmöglichkeiten der Rockmusik mehr oder minder drastisch erweitert, die Beatles – bekanntlich ihre Hauptkonkurrenten – mit SGT. PEPPER Grenzen verschoben und mit THE WHO SELL OUT erschien eine Woche nach dem Stones-Werk ein weiteres profundes Album-Statement.
Alles richtig, aber noch lange kein Grund zur Majestätsbeleidigung. ›Citadel‹ ist absolut gelungener, kerniger Psychedelic-Rock, Bill Wymans ätherisches ›In Another Land‹ hätte sich – auch mit Blick aufs Cover-Artwork – eigentlich als Albumtitel angeboten, ›2000 Man‹, changierend zwischen Folk und Rock, erfreut mit Dynamik und Abwechslungsreichtum, der Flower-Pop ›She‘s A Rainbow‹ brilliert mit fortschrittlichem Arrangement. ›2000 Light Years From Home‹ zählt ohnehin zu den Space-Rock-Höhepunkten der Rockgeschichte, ›On With The Show‹ ist kurios, aber charmant und unterhaltsam. ›The Lantern‹, glanzlos unentschlossen zwischen Blues und Acid-Rock angesiedelt, wirkt ebenso wie die LSD-Ethno-Abfahrt ›Gomper‹ ein wenig halbgar. Die peinlichen Improvisationsnummern ›Sing This All Together‹ und das ermüdend lange ›Sing This All Together (See What Happens)‹ – nicht viel, um ehrlich zu sein – haben fraglos das Potenzial gehörig zu langweilen. Was bei zehn Songs eine Totalausfallquote von 20 Prozent ergibt. Es sollen schon schwächere Alben erschienen sein, auch von den Rolling Stones.
Was ihnen damals zum Verhängnis wurde, war einerseits die auf eine Dauerabfolge fulminanter Meisterwerke geeichte Kritikerschaft des Jahres 1967, die ein spektakuläres SGT. PEPPER der Stones erwartet hatte. Und nicht zuletzt der Verdacht, die Band würde sich zu sehr beim Zeitgeist anbiedern und den Beatles hinterher hecheln – was mit Blick aufs opulente Cover-Artwork ja auch nicht von der Hand zu weisen war. Das kommt mit der aktuellen Jubiläumsausgabe in ganzer psychedelischer Pracht inklusive Wackelbild-Remake und 20-seitigem Buch. Die zehn Originalsongs sind in remasterten Mono- und Stereo-Mixen enthalten, jeweils auf Vinyl sowie auf Hybrid-SACDs. Letztere sind auf allen Playern abspielbar.
7/10
The Rolling Stones
THEIR SATANIC MAJESTIES REQUEST – 50TH ANNIVERSARY LIMITED EDITION
ABKCO/UNIVERSAL