Ist es wahr, dass Jim eifersüchtig auf dich war, weil du ›Light My Fire‹ ganz allein geschrieben hattest?
Nein, das glaube ich nicht. Er liebte es, zu singen. Und die besten Reaktionen [bei Konzerten] bekam er meistens, wenn seine Songs gespielt wurden.
Sie brachen durch: John Densmore, Jim Morrison, Ray Manzarek und Robby Krieger (v.l.n.r.) „Zunächst schrieb Jim die Songs alleine. Mein erstes Stück war dann ›Light My Fire‹.“
Ray ließ nichts auf Jim kommen und hielt den Mythos am Leben. John nervte das alles ziemlich.
Wie war dein Verhältnis zu Jim?
Nun, es machte Spaß, denn ich war der Jüngste, und unsere Beziehung war ein bisschen so, als wäre Jim mein großer Bruder. Wir verstanden uns ziemlich gut, vor allem am Anfang, als wir wirklich wie Brüder waren. Nach und nach fing er dann aber an, mit diesen Arschlöchern abzuhängen, und wir entfernten uns voneinander. Trotzdem verstanden wir uns immer bestens.
Das muss manchmal sehr angespannt und schwierig für dich gewesen sein.
Ja, natürlich. Vor allem auf Tour. Wenn man unterwegs war und zusammen reiste und nie wusste, was er tun würde. Doch die Musik stand immer an erster Stelle, also verpasste er nie einen Gig. Er beschwerte sich immer, dass wir zu spät zu den Proben kamen: „Ihr Jungs habt Freundinnen und so, ich mache das 24 Stunden am Tag“.
Und diese großen Momente, wie Miami, wo er bei dieser berüchtigten Show 1969 seinen Penis vor der ganzen Welt rausholte? Oder 1968, als er in der Hollywood Bowl auf der Bühne auf LSD war? Wie seid ihr nach solchen Abenden damit umgegangen?
Ich war immer … Ich nahm es wahrscheinlich ziemlich locker. Das waren die 60er – alles war erlaubt, weißt du? Ziemlich spaßig. Also nein, es nervte mich nicht so sehr wie John, da bin ich mir sicher. Und Ray verziehen wir alles wegen der Musik. Eines Abends stieg John tatsächlich aus. Und natürlich kam er am nächsten Tag zurück. So weit ging es bei mir nie. Die Musik war mir immer den ganzen Bullshit wert.
Als Jim 1971 nach Paris ging, hattet ihr aber angeblich endgültig genug und schmiedetet bereits Pläne für ein Leben ohne ihn in der Band. Ist das wahr?
Nein. Als Jim nach Paris zog, rechneten wir fest damit, dass er irgendwann zurückkehren würde. Vielleicht aber erst nach einigen Monaten. Als er ging, probten wir also weiter. Und wir schrieben weiterhin Songs, aus denen das nächste Album nach Jims Tod wurde [OTHER VOICES, 1971]. Yeah, wir waren uns absolut sicher, dass er wiederkommen würde, denn er lebte für die Musik und sprach immer davon, ein Poet zu sein, und so. Doch das reichte ihm nie wirklich. Er musste auf der Bühne stehen. Selbst in Paris spielte er manchmal in Clubs mit irgendwelchen Typen.
Glaubst du die ganze Geschichte, dass er in der Badewanne starb, oder sind dir die jüngsten Erzählungen bekannt, wonach er in einem Club in Paris an einer Überdosis Heroin gestorben sein soll?
Ich habe keine Ahnung, aber es würde mich nicht überraschen, wenn Heroin im Spiel gewesen wäre, denn wenn du Säufer bist, kannst du nicht auch noch Heroin nehmen. Jim war ein Säufer. Kombiniere beides und du hast ein Problem. Und Jim ging es nicht gut. Als er abreiste, hatte er diesen furchtbaren Husten und war alles andere als fit. Wenn dir also jemand ein bisschen Heroin gibt, und du dann anfängst, Whisky zu trinken … vielleicht starb er wirklich so. Vielleicht war das Bad zu heiß. Ich weiß es nicht. Einige Leute sagen, er starb im Club, und dann brachten sie ihn nach Hause, wo sie ihn in die Badewanne legten. Das klingt für mich zumindest plausibel.
Wie dachtest über die ganze „Jim lebt noch“-Nummer? Ray sagte immer: „Es würde mich nicht wundern, wenn Jim plötzlich auftauchen würde“. Konnte er das wirklich glauben?
Das war ziemlicher Bullshit. Yeah, das hätte er nicht tun müssen und ich glaube, es wurde zu einem echten Problem zwischen ihm und John. John ging es hauptsächlich darum.
Was führte nach Jims Tod zu der Entscheidung, keinen neuen Sänger zu engagieren? Ihr habt ja ein paar Leute ausprobiert…
Das ist wahr. Wir wollten erst einen neuen Sänger holen. Wir zogen alle nach England und ließen ein paar Typen vorsingen. Doch Dorothy, Rays Frau, die schwanger war, fing an durchzudrehen. Wahrscheinlich wegen der Hormone oder so. Sie wollte nach Hause. Und dann verstanden wir drei uns nicht mehr. John und ich wollten mehr Hardrock spielen. Ray eher jazzigere Sachen.
Dann kam 1978 das Album AMERICAN PRAYER, gefolgt von der berühmten Ausgabe des „Rolling Stone“ mit Jim auf dem Cover und der Schlagzeile: „Er ist heiß, er ist sexy und er ist tot.“ Plötzlich wart ihr wieder cool…
Naja, ich denke, mehr als das waren es das Buch von Danny Sugarmann („No One Here Gets Out Alive“, 1980) und der Film von Oliver Stone („The Doors“, 1991). Aber die Platte war auf jeden Fall eines meiner Lieblingsalben.
Wenn Jim weitergelebt hätte, glaubst du, ihr wäret an einen Punkt gekommen, an dem ihr mehr Platten wie AN AMERICAN PRAYER hättet machen können?
Ja, auf jeden Fall. Das war sowieso schon unsere Absicht gewesen. Es war Poesie und Jazz, und ich wette, das wäre unsere Richtung geworden. Das war der Gedanke dahinter. Das taten andere schon vor uns, Allen Ginsberg und solche Leute. Sie lasen Gedichte und es spielte jemand Jazz dazu. Doch dass eine Popgruppe sowas bringen würde, das hatte es bis dato noch nicht gegeben.
Gefiel euch eigentlich der Film „Apocalypse now“? Das war ein weiterer Moment der Legendenbildung in eurer Geschichte…
Ja, das war großartig. Coppola hatte sogar die Genehmigung, jeden Song von den Doors zu verwenden, egal welchen, wenn er es gewollt hätte. Später sagte er, er habe ›Light My Fire‹ und eine Reihe anderer Stücke an verschiedenen Stellen ausprobiert, aber … sie passten einfach nicht. ›The End‹ war perfekt, weil es so viele Instrumentalparts hatte. Diese erste Szene mit den Hubschraubern war genial. Als Jim und ich diesen Song schrieben, war es zunächst nur dieses kleine Liebeslied. Es war noch nichts von all den anderen Dingen drin. Doch jeden Abend, wenn wir es spielten, fügte er noch etwas hinzu. Es wurde immer länger. Aber ich hatte schon immer die Idee für diesen Song, ihn nach einer indischen Gitarre klingen zu lassen. Das machte damals niemand mit der Gitarre.
Nach dem Film, dem Buch, dem „Rolling Stone“-Titel und dem PRAYER-Album befinden wir uns in diesem Bereich, wo die Geschichte der Doors zum Mythos geschrieben wurde. Hast du dich selbst in Sugermans Buch erkannt oder war das sein ganz eigener Fantasietrip?
Es war ein bisschen von beidem. Größtenteils war es seine Dichtung. Mir gefiel nicht, dass er Jim Worte in den Mund legte, weißt du? Er schrieb diese Gespräche auf, die vielleicht in seinem Kopf passiert sind, aber nicht in der Realität. Oliver Stone tat dasselbe. Er schrieb die Dialoge. Er hatte einen guten Autoren, aber aus irgendeinem Grund gefiel ihm dessen Arbeit nicht und er machte es schließlich selbst. Ich glaube, das war ein Fehler.
Wie fandest du Stones Film?
Na ja, die Passagen mit Musik waren wirklich gut. Val Kilmer [als Morrison] war gut. Das war toll. Ich arbeitete ja tatsächlich als musikalischer Berater daran mit und war also dabei, als sie die ganzen Konzertszenen drehten. Und die waren absolut gelungen. Aber die ganze Sache mit Jim und Pam [Courson, zum Zeitpunkt seines Todes Morrisons Freundin] und all dieses Zeug, das hatte nichts mit der Realität zu tun.
Dann war da diese Kollaboration mit Ray Anfang der 2000er, zunächst unter dem Namen The Doors Of The 21st Century, mit Morrison-Epigone Ian Astbury von The Cult als Sänger. Ian steht offensichtlich total auf die ganze Jim-Nummer und liefert eine ziemlich gute Version davon ab. Wie kam es dazu?
Oh ja. Ich hatte davor jahrelang keine Musik der Doors mehr gespielt. Stattdessen machte ich Jazz mit meiner Robby Krieger Band. Zusammen mit meinen Kindern – ich hatte viel Spaß dabei. Doch dann sah ich, wie überall diese Doors-Tribute-Acts aufkamen, und einige davon waren ziemlich gut. Manchmal ging ich zu ihren Shows und sah, wie viel Spaß alle hatten. Nach und nach nahm ich dann ein paar Doors-Stücke in mein Set auf, und irgendwann sagte ich zu Ray: „Scheiße, warum ziehen wir nicht wieder los und machen The Doors? Diese Tribute-Bands sahnen ab und wir könnten das viel besser als die“. Wir fragten John, ob er mitmachen wolle, aber er lehnte ab, also holten wir uns [The-Police-Schlagzeuger] Stewart Copeland und spielten ein paar Konzerte, die super waren mit Ian als Sänger.
Warum wollte John nicht mitmachen?
Ich wünschte, ich wüsste es. Er sagt … Ich glaube, er vertrug sich nicht mit Ray. Wahrscheinlich dachte er, Ray würde die Kontrolle übernehmen. Denn solange Jim dabei war, wurde Ray im Zaum gehalten, verstehst du? Man konnte erkennen, dass Ray nach Jims Tod zum Sprachrohr der Doors wurde. All die Dinge, die er darüber sagte, wie er versuchen würde, es so zu machen, als wäre Jim nicht tot und so. Das war ziemlich unheimlich, denn das versuchte er offensichtlich nur, um die Verkäufe nicht sinken zu lassen oder was auch immer. Das dachte John wohl. Doch nachdem ich mich lange mit Ray darüber unterhalten hatte, war klar, dass er einfach die Doors liebte und nicht wollte, dass die Leute sie vergessen. Vielleicht ging er damit zu weit.
Man könnte aber auch sagen, dass wenn er das nicht getan und so die Fahne für die Legende hochgehalten hätte, die Doors vielleicht nicht so mysteriös und glamourös geblieben wären.
Und Danny hätte vielleicht nicht das Buch geschrieben, wer weiß?
Wenn man heute über die Bedeutung der Doors spricht, wäre es leichter, die Bands aufzuzählen, die nicht von ihnen beeinflusst wurden, als jene, die sich auf sie beziehen. Das muss ein gutes Gefühl für dich sein, oder?
Das ist es. Das ist ziemlich cool, klar.
Und was ist mit den Spinnern? Jim zog die Spinner an. Wie seid ihr damit klargekommen? Wir hatten jede Menge davon. Jede Menge. Da war dieser eine Typ, der nach Jims Tod ständig vor unserem Proberaum abhing. Wir nannten ihn Cigar Pain, denn er steckte sich tatsächlich eine angezündete Zigarre in den Rachen, damit seine Stimme mehr nach Jim klang, wie er sagte. Er war total abgedreht. Und dann war da noch dieser Typ, der mich mal im Auto anhielt. „Hey, bist du Robby Krieger?“ „Yeah.“ „Wir müssen LSD nehmen und zusammen sterben.“ Ich sagte: „Vielleicht nächste Woche“.
Triffst du wegen solcher Vorfälle besondere Vorkehrungen, wenn du unterwegs bist?
Oh ja, und ich bin immer wachsam, aber das ist … Da ist auch dieses Mädchen. Wenn du dir den Film „Break On Thru“ ansiehst [„Break On Thru – A Celebration Of Ray Manzarek“ von 2016 über ein Tribute-Konzert in Los Angeles, als Robby und John mit diversen Mitgliedern von u.a. den Foo Fighters, X, Stone Temple Pilots und Jane’s Addiction Doors-Songs spielten], bemerkst du am Ende, als wir alle ›Light My Fire‹ spielen, dieses blonde Mädel. Tja, sie hatte sich da irgendwie reingeschlichen, sie hatte nicht mal ein Ticket. Und dann schaffte sie es bei ›Light My Fire‹ irgendwie auf die Bühne. An dem Abend, als ich mit Miley Cyrus auftrat, tauchte sie dann wieder auf. Hast du davon gehört?
Nein, was ist da passiert?
Dieser Typ führte das originale MORRISON HOTEL wieder auf. Also organisierte er eine große Party im Sunset Marquis Hotel, um seine Show zu promoten. Er brachte einen Haufen coole Musiker zusammen und wir spielten ein paar Doors-Songs. Miley sang ›Roadhouse Blues‹ und ›Back Door Man‹. Ich weiß nicht mehr, wer ›Light My Fire‹ sang. Oh mein Gott, wer war der Typ? Ich kann mich nicht erinnern. Jedenfalls waren da einige Leute. Und da ist sie wieder [die Blonde]. Irgendwie hatte sie es wieder backstage geschafft, und sie hatte die Grippe oder so und konnte kaum sprechen. Sie drängte sich mir auf und ich sagte nur: „Verzieh dich! Hau ab!“
Eigentlich ziemlich lustig, aber das ist wohl zu viel, oder?
Yeah. Die sind überall, weißt du?
Hast du jemals Jims Grab auf dem Friedhof Père Lachaise in Paris besucht?
Oh ja, ich war schon oft dort. Im Film sieht man, wie John und Ray und ich da waren. Ist es dir aufgefallen?
Klar, aber warst du auch mal alleine dort?
Ja. Jedes Mal, wenn ich in Paris bin, gehe ich hin und sehe es mir an.
Da hängen auf jeden Fall einige interessante Leute mit Jim ab.
Ja, das ist schon cool, die ganzen Leute, die da begraben sind. Die ganzen Berühmtheiten. Jim liebte es. Er sagte immer, dass er dort begraben werden wolle.