Boogie Nights
Es herrscht perfektes Konzertwetter, als man an diesem Montagnachmittag mit der besten Quo-Begleitung – Papa – durch den Olympiapark zum Tollwood Festival schlendert. 24 Grad, eine leichte Brise, dazu kulinarische Rundumversorgung in schönstem Ambiente, bevor das Konzert beginnt. Man hat es schon im Gefühl, dass dies ein guter Abend wird und bereits beim Start von Canned Heat mit ›On The Road Again‹ um kurz nach sieben wird man bestätigt. Heute macht’s Spaß, die Leute sind gut drauf, die Musiker auf der Bühne voller Elan, die Temperatur im großen Musikarena-Zelt angenehm (im Gegensatz zur Toto-Show vor zwei Wochen, wo einem beim Betreten der Venue eine atemberaubende Hitzewand ins Gesicht schlug).
Canned Heat eröffnen den Abend
Neun Nummern gibt die legendäre Gruppe um Urgestein und Drummer Fito de la Parra (seit 1967 in der Band) zum Besten und vergisst dabei den Boogie natürlich nicht. Beim Publikum wirft dieser unwiderstehliche Rhythmus sofort den Motor an und es wird bis zum letzten ›Euro Boogie“ inklusive Schlagzeugsolo getanzt und gefeiert. Nach einer zügigen Umbaupause werden dann die weißen Status-Quo-Halfstacks enthüllt und pünktlich um 20:15 Uhr kommen Francis Rossi, Rhythmusgitarrist Richie Malone, Bassist Rhino Edwards, Multiinstrumentalist Andy Bown und Drummer Leon Cave auf die Bühne – natürlich standesgemäß und zum Equipment passend in weißen Hemden, weißen Sneakers und schwarzen Hosen. Schneidig und elegant sieht er aus, der Rossi Francis, und agiert mit seinen 75 Jahren agil und cool, auch wenn er in einigen jüngsten Interviews immer wieder betonte, wie anstrengend eine Status-Quo-Show inzwischen für ihn sei.
Signor Rossi ist gut drauf…
Los geht das Set mit ›Caroline‹, gefolgt von ›Rain‹, ›Little Lady‹, ›Softer Rain‹, ›Beginning Of The End‹ und ›Hold You Back‹. Man merkt schnell, dass heute Feuer in der Hütte ist. Zuletzt hatte man Status Quo in einer eher sterilen und nur halb vollen Kultur- und Kongresshalle gesehen, das gut gefüllte und stimmungsvolle Tollwood-Zelt ist da heute schon eine andere Hausnummer und das merkt man den Musikern auf der Bühne an. Die haben Bock, die werfen sich während des Spielens Witzchen zu, lachen laut, haben Spaß.
Signor Rossis Ansagen zwischen den Liedern sind eh legendär. Der Brite mit italienischen und irischen Wurzeln ist bekannt für seinen schwarzen Humor, seinen schneidenden Sarkasmus und nimmt das deutsche Publikum, das seinen schnellen Ausführungen nicht immer zu 100% folgen kann, gerne auf die Schippe. Sein erster deutscher Satz sei damals in den 60ern „Wo ist der Weg nach Bielefeld?“ gewesen, erklärt er zwinkernd. Und bevor Status Quo ihr Medley aus acht Songs anstimmen, zeigt Rossi seinem nicht perfekt sitzen wollenden Kapodaster (zum Umstimmen der Gitarre) entnervt den Mittelfinger und erklärt dem Publikum dann: „Das bedeutet: ‘Du bist die Nummer 1’.
Mitten im Set fliegt dann plötzlich etwas auf die Bühne. In vielen Fällen werden Musikschaffende eher ungehalten, wenn die Leute Dinge wie leere Becher auf die Bühne werfen. Rossi hebt das unbekannte Flugobjekt hoch und zeigt es in die Kamera: Es ist eine Tüte Fertig-Rösti mit Soße. Verwundert lachend bedankt er sich und meint: „Das werde ich später sicher essen.“
Danach geht es ungebremst weiter mit insgesamt knapp 90 Minuten Boogie-Hardrock und das Publikum geht jeden Schritt mit. Die beliebten Refrains werden mitgesungen, wenn Rossi hüpft, hüpfen die Leute auch, die vielen Instrumentalteile an diesem Abend werden ebenso gefeiert wie die bekanntesten Passagen der großen Hits. Mit denen endet das Set dann auch fulminant. ›Down Down‹, ›Whatever You Want‹ und ›Rockin’ All Over The World‹ bilden den brillanten Abschluss eines nicht minder brillanten Konzerts. Nach einer letzten Zugabe mit ›Don’t Waste My Time‹ verabschieden sich Status Quo von der Bühne und sind sich wahrscheinlich genauso sicher wie Vater und Tochter: das war eine tolle Boogie Night.