Ihren letzten Auftritt beim Sweden Rock hatten die Scorpions vor genau 10 Jahren. An Energie haben sie zwischenzeitlich nicht verloren. Dies ist zu einem Teil auch Mikkey Dee geschuldet, der wie eine Frischzellenkur wirkt. Die Bühnenproduktion ist ein optisches Gedicht und passt bestens zur Zeitreise durch die Dekaden des Scorpions-Schaffens. Wie am Vortag Edguy haben es Running Wild als Tagesabschluss ziemlich schwer. Kapitän Rolf hat seine Mannschaft aber im Griff und Running Wild liefern mit ihrer bisher größten Produktion ein solides, wenn auch nicht überragendes Set ab.
Amorphis läutet bei strahlender Sonne die letzte Runde mit einem gelungenen Auftritt ein. Richtig Spaß machen dann auch Thunder, die mit Bravour ein saustarkes Set abliefern und entsprechend gehuldigt werden. Candlemass rufen zur Messe und so mancher freut sich auf die Darbietung der starken aktuellen EP. Leider Fehlanzeige, aber die anwesenden Doom Fans kommen trotzdem voll auf ihre Kosten. Ein Dirigent als heimlicher Star auf der Bühne? Ja, dass gibt es beim Sweden Rock Symphony Orchestra. Dirigent Ulf Wadenbrandt hat sichtlich so viel Spaß, dass er so illustren Gästen wie Joe Lynn Turner, Dan McCafferty oder Tarya doch glatt die Show stiehlt.
Mit den seit 2016 wieder aktivierten Lionheart gibt es klassischen britischen Hard Rock. So richtig aus der Deckung lockt einen das aber nicht. Da Kansas bekanntlich ihre komplette Europa-Tour abgesagt haben, musste kurzfristig Ersatz herbei geschafft werden. Diese undankbare Aufgabe sollen Dare erfüllen, was sie aber definitiv nicht schaffen. Zu seicht und dahingeplätschert kommt der Auftritt daher. Eine ganz andere Hausnummer sind dagegen die Rival Sons. Schon lange haben sie es nicht mehr verdient als Led Zeppelin Klon betitelt zu werden. Eindrucksvoll beweisen sie, dass sie nicht nur Clubkonzert können, sondern auch auf den großen Bühnen heimisch sind.
Saxon liefern seit Jahren konstant gute Leistungen ab. Wie bei den meisten Veteranen erfreut man sich aber doch irgendwie am meisten an den Klassikern, und davon haben die Jungs reichlich im Gepäck. Messerscharfe Riffs und eine tadellose Gesangsleistung machen es einem nicht leicht, zwischendurch einen Abstecher zu den Urvätern des Black Metal zu machen. Venom bieten einen ordentlichen Kontrast zum heute Erlebten, wissen aber auf Ihre Art zu begeistern. In Flames haben die Rolle des Headliners am letzten Tag. Man kann durchweg geteilter Meinung sein, ob sie dem gerecht werden. Es gibt zwar brachiale Gitarrenriffs und einen glasklaren Sound, aber nicht alle Songs sind massenkompatibel. So wundert es nicht, dass auch bei den zeitgleich spielenden Treat ordentlich was los ist.
Wieder einmal hat das Sweden Rock bewiesen, warum es ein Highlight unter den europäischen Festivals ist. Dank perfekter Organisation läuft alles entspannt ab und man kann dem frönen, worum es geht: dem Genuss und der Freude an der Musik.
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Bilder & Text: Frank C. Dünnhaupt