Am Abend des 13. Juli 1985 traten Chris und Rich Robinson erstmals in der Öffentlichkeit zusammen auf. Sie nannten sich damals Mr. Crowe’s Garden, nach einem Kinderbuch mit dem Titel „Johnny Crowe’s Garden“. Rich war damals 16 und spielte seit höchstens zwei Jahren Gitarre. „Ein Kind“, sagt er. Chris war 18, selbstbewusst und schon damals voller selbstgerechtem Swagger. Er hatte sich bei allen örtlichen Plattenläden beworben und hatte von allen eine Absage erteilt bekommen. „Niemand wollte mich einstellen. Sie sagten: ‚Dude, du würdest Leute anschreien, wenn sie nach einer Platte von The Fixx fragen würden‘.“ Musik lag in den Genen. Stan Robinson, der Patriarch der Familie, hatte 1959 mit der flotten Rock’n’RollNummer ›Boom-A-Dip-Dip‹ immerhin Platz 83 in den US-Charts erreicht.
Später tat Stan die Träume seines Erstgeborenen, selbst Rock’n’Roll-Sänger zu werden, aber entschieden ab: „Du kannst einen Ton nicht mal von hier bis zur Zimmertür halten“, putzte er Chris runter. Stan verstarb 2013. „Ich liebe ihn so sehr. Ich vermisse ihn ständig“, sagt Chris heute. „Wenn er mich immer unterstützt hätte, woher hätte ich dann den Antrieb gehabt, etwas zu erreichen, das schwer zu schaffen war?“ Immerhin änderte Stan seine Meinung, als Chris ihm das Debüt SHAKE YOUR MONEY MAKER vorspielte. „Er mochte es. Er war stolz.“
Doch wir wollen nicht zu weit vorgreifen. Zurück nach 1985: Mr. Crowe’s Garden waren dem Byrdsesken Schillern der Lokalhelden R.E.M. näher als den Stones, den Faces oder irgendeiner Band, mit der sie
später immer wieder und nervtötenderweise verglichen wurden. Chris liebte auch Punkrock: Black Flag,
Jodie Fosters Army, wer auch immer in die Stadt kam. Tatsächlich liebte er einfach Rock’n’Roll, egal in welcher Form. „Indierock, Hardcore Punk, was auch immer gerade in Atlanta los war“, sagt er. „Das Knistern der Lautsprecher, Goth-Mädels, die in dunklen Clubs Zigaretten rauchten. Ich dachte mir: ‚Das
will ich auch anzapfen’.“ Chris und Rich stritten sich von Anfang an. Das klassische Großer-Bruder-kleiner-Bruder-Ding. Das wurde zu einem Teil ihrer Arbeitsweise und blieb auch immer so. Die einzige Zeit, in der sich sie nie stritten, war beim Songwriting.
„Rich und ich stritten uns im Studio, auf Tour, im Hotel. Aber wenn wir neue Musik machten, stritten wir uns nie“, so Chris. „Mit meinem Bruder Songs zu schreiben, das ist etwas Heiliges.“ Chris beschreibt Atlanta in den Anfangstagen als den „Ort, wo alle Nein zu uns sagten“. Doch sie hatten die Hartnäckigkeit auf ihrer Seite. Genau die Sturheit, die sich als ihre größte Stärke, aber auch als Ursprung
von so viel Schmerz erweisen würde, war von Anfang an da. „Natürlich“, lacht er. „Das war unser Recht. War das nicht der ganze Sinn und Zweck von Rock’n’Roll? Es war die Liebe zu der Freiheit unserer Kunst. Ich weiß noch, wie ich mir mal einen AC/DC-Patch auf meine Jeansjacke nähte und dann in die örtliche Pizzeria ging, wo die ganzen Typen unserer kleinen Indierockszene abhingen. Die fragten: ‚Was soll DAS denn?‘ Und ich sagte nur: ‚Fickt euch!‘.“
Diese Einstellung leistete ihnen gute Dienste, als Rick Rubin, der Boss ihres ersten Labels Def American, ihnen sagte, sie sollten ihren Namen von Mr. Crowe’s Garden in etwas ändern, das ihre Südstaaten-Wurzeln besser repräsentierte: Kobb Kounty Krows. Ja genau: K.K.K. Es war die dümmste Idee in der Geschichte der dummen Ideen, und Chris teilte das Rubin auch unmissverständlich mit. „Ich sagte ihm: ‚Fuck you! Niemals. Was wirst du tun? Uns feuern?‘ Gut, schlecht, gleichgültig … niemand durfte seine Nase in etwas hineinstecken, das Rich und ich im Haus unserer Eltern begonnen hatten. So verschieden Rich und ich auch sind, in dieser Einstellung sind wir uns absolut einig.“ Rick Rubin feuerte sie nicht, doch sie änderten ihren Namen in TheBlack Crowes. Und dann wurde es interessant. „Heilige Scheiße“ – so beschreibt Rich Robinson das Gefühl, wenn man von einer Platte drei Millionen Stück in nicht mal einem Jahr verkauft. Als die Black Crowes Anfang 1990 mit ihrer ersten Single ›Jealous Again‹ ins
Licht der Weltöffentlichkeit traten, sahen sie aus wie jede andere Fließband-Langhaar-Band auf MTV.
Doch der Song und das Album, von dem er kam, waren anders als die ganzen Hair-Metal-Trittbrettfahrer jener Zeit. Dies war eine Band, die von den Klassikern durchtränkt war, lange bevor die Retromasche als veritable Karriereoption galt. Eine Coverversion von Otis Reddings ›Hard To Handle‹ verhalf ihnen zu ihrem ersten großen Hit und Heavy Rotation auf MTV. Die rote Linie ihrer Verkaufszahlen schoss immer weiter nach oben: Silber, Gold, Platin, Doppelplatin. „Man ist in einem Tunnel“, so Rich. „Wenn du mal auf diesem Weg bist, gibt es keine Ausfahrt.“ Der Wagen, in dem sie fuhren, schrammte dabei bisweilen an den Tunnelwänden entlang und es flogen einige Funken. Zum Beispiel, als Chris schon in den Anfangstagen die Rock’n’Roll-Elder-Statesmen Aerosmith öffentlich dafür kritisierte, bei ihren Auftritten Backing-Tapes einzusetzen, nachdem die Crowes für sie eröffnet hatten.
Wenig später gingen sie auf eine dreimonatige Tournee mit ZZ Top, gesponsert von Miller Beer, nur um
nach elf Tagen wieder gefeuert zu werden, weil sie Miller und das Konzept des Sponsorings generell kritisiert hatten. „Das ist Live-Rock’n’Roll, ganz ohne Sponsorentum für euch dargeboten“, verkündete Chris von der Bühne aus und erzürnte damit Miller und das Management von ZZ Top. Aufstrebende Bands hatten sich nicht so zu verhalten, sie hatten dankbar zu sein. „Meine erste Reaktion war wahrscheinlich: ‚Oh Gott, was tust du da bloß?‘“, sagt Rich. „Aber rückblickend betrachtet, war es genial. Es war das, woran er glaubte. Es war das, woran WIR glaubten. Niemand durfte uns sagen, was wir tun sollten, schon gar nicht irgendein Konzern, mit dem wir nichts zu tun hatten.“ Die Crowes bekamen auch viel Kritik ab, vor allem von der Presse. „Rolling Stones, Rolling Stones, Rolling Stones“, so Rich. „Was anderes hörten wir nicht.“ Was nicht so unfair war, klangen die Crowes schließlich wirklich wie die Stones. Und wie Aerosmith. Und die Faces. Und die meisten anderen Acts, mit denen sie verglichen wurden.
Doch die Crowes wurden wütend und abwehrend. Und dann stopften sie allen das Maul, indem sie die großartigste Rock’n’Roll-Platte der 90er machten. THE SOUTHERN HARMONY AND MUSICAL COMPANION
wurde an einem Wochenende geschrieben und in acht Tagen aufgenommen, doch es klang, als hätte es
schon seit der Dämmerung der amerikanischen Musikgeschichte existiert. Dem Debüt standen seine Einflüsse noch unmissverständlich auf die flatternden lila Samtärmel geschrieben, doch dies war das Werk einer Band, die ihr eigenes transzendentales Universum erschuf, das abseits von allem anderen existierte, das 1992 sonst noch so passierte. „Als SOUTHERN HARMONY entstand, das waren WIR“, so Rich.
AMORICA von 1994 war düster und seltsam. THREE SNAKES AND ONE CHARM von 1996 war noch düsterer und seltsamer. Vieles von dieser Dunkelheit kam von den Drogen, die einige der Black Crowes
nahmen. Chris war diesbezüglich Unschuldslamm. Auch er machte eine Phase durch, in der er Heroin
nahm, eine Erweiterung des Lebenswandels, in den er sich vor all den Jahren gestürzt hatte. „Ich habe nie gespritzt“, sagt er. „Und wenn ich es nahm, sah ich immer nur Geister. Spinnweben und Geister. Heroin war nie mein Ding.“ Sein Ding waren Kokain, Alkohol und Pillen. Teils, weil sie Spaß machten, aber zum Teil auch, weil auf tieferer Ebene etwas nicht in Ordnung war. „Ich hatte ein paar unglaubliche,
Harry-Nilsson/John-Lennon-eske Jahre“, sagt er und bezieht sich dabei auf das berüchtigte „verlorene
Wochenende“ jenes Duos Mitte der 70er. „Doch ich blicke zurück, und in der Band zu sein, war so einsam und traurig. In dieser Band gab es nie gegenseitige Unterstützung oder so. Wahrscheinlich hätten wir nur mal Pause machen und uns dessen bewusst werden müssen, doch das taten wir nie.“
Die Crows sind für mich ein Paradebeispiel für wahre Musik-Schaffende, eine Spezies die es nicht oft gibt in diesem
Business.
Freu mich darauf von den Crows , leider nicht mehr in Original-Besetzung wieder Neues zu hören zu bekommen.
Geradelinge, einfach gute Rock-Musik dar geboten von Musikern die wissen was gute Rock-Musik auszeichnet.
Bin ein treuer Fan dieser Band seit dem WDR-Rock-Palast-Auftritt von 1996.