The Police hatten nur wenig Zeit, doch sie schafften es, sich der Einflussnahme ihres Labels zu entziehen, um das Album zu erschaffen, das sie zu internationalen Superstars machte: ZENYATTA MONDATTA.
Damals, in der sogenannten goldenen Ära der Musikindustrie, schienen Labelbosse oft eine bizarre Charakterfusion aus Stalin und dem Nikolaus zu sein. Die Künstler erlebten dann immer wieder die gutmütige Seite mit Schulterklopfen, manipulativer, aber aufbauender Ermunterungsrhetorik („Wir machen einen Star aus dir, Junge!“) und einer Vermarktungsmaschinerie, die nur ihre Alben zu lieben schien. Wenn die Künstler sich jedoch jemals erdreisteten, einen Blick auf ihre Tantiemenkonten einzufordern, verwandelten sich diese lächelnden Gesichter natürlich in flammende Dämonen, die ihre Karriere ohne Wenn und Aber in Schutt und Asche legen wollten. Und dieselben Bosse gaben gerne fast abergläubische Devisen von sich über „Dinge, die passieren müssen, um einen Hitact zu entwickeln oder einen Versager zu erkennen“.
Eines dieser prophetischen Zeichen war das überaus wichtige dritte Album. Um dieses Konzept zu begreifen, muss man sich ein paar Jahrzehnte zurückversetzen in eine Zeit, als die Majorlabels tatsächlich in ihre Talente investierten und die Künstler zum Erfolg führten. Für gewöhnlich nahm die Plattenfirma die Verluste einer Band bei den ersten beiden Alben in Kauf, doch wenn dann mit Versuch Nr. 3 keine nennenswerten Chart- oder Verkaufsresultate eintraten, wurde die Konzern-Nabelschnur durchtrennt und man hörte oft nie wieder von dem Act. Für The Police war dieser Punkt ZENYATTA MONDATTA von 1980. „Das war eine verrückte, seltsame Zeit“, erinnert sich Gitarrist Andy Summers. „Wir hatten ein paar gute Hits von den ersten beiden Platten und es lief gut in den USA, aber der richtige Durchbruch ließ dort noch auf sich warten. Der Druck auf uns, Amerika zu knacken, war unglaublich. ‚Ihr müsst es in Amerika schaffen. Ihr müsste es in Amerika schaffen. Ihr müsst es in Amerika schaffen.‘ Das schrie uns unser Manager wie ein Mantra ins Gesicht. ZENYATTA galt also als das Album, das uns potenziell zu diesem Durchbruch verhelfen würde.“
Man würde denken, dass das Label alles in seiner Macht Stehende tun würde, um sicherzustellen, dass The Police die Zeit, Unterstützung und Mittel hatten, um einen Weltbestseller abzuliefern. Doch dazu kam es nicht. Die enorme Bedeutung dieser Platte führte keineswegs zu langen, sorgfältigen Vorproduktions- und Songwriting-Phasen oder einem die Kreativität begünstigenden Aufnahmeplan. Nicht, dass Summers, Bassist / Sänger Sting und Schlagzeuger Stewart Copeland irgendwelche aufgeblasenen Rockstar-Privilegien der 70er gewohnt waren. Ihr Debüt, OUTLANDOS D’AMOUR (1978), hatten sie praktisch ohne jegliches Budget aufgenommen, weshalb sie die billigen Zeiten bei Surrey Sound wahrnehmen mussten, wann immer es dem Studio genehm war. „Wir waren verzweifelt und mussten bei dieser ersten Platte wirklich kämpfen“, so Summers. „Den Großteil nahmen wir an Sonntagnachmittagen auf, als wir umsonst dort arbeiten konnten. Wir setzten das Album Stück für Stück zusammen, in zweistündigen Sessions, einmal pro Woche, was mehr als sechs Monate dauerte. Ein positiver Aspekt daran war allerdings, dass wir es in diesem Prozess stetig verbessern konnten. Wir hörten uns die Songs immer wieder an und strichen die Stücke, die wir nicht mehr für gut genug hielten.“
Angeblich beliefen sich die Aufnahmekosten auf unfassbar geizige 2.000 Pfund – eine Investition mit überragendem Ertrag, denn OUTLANDOS warf drei Hitsingles ab: ›Roxanne‹, ›Can’t Stand Losing You‹ und ›So Lonely‹. Zugegebenermaßen erkannte man bei A&M Records das Potenzial, bevor die Arbeit am Nachfolger REGGATTA DE BLANC (1979) begann. Doch sie gingen mit dem Ansatz an die Sache, der bei den Labels damals weitverbreitet war: Sie wollten die Musiker dazu bringen, in einem großen, teuren Studio mit einem großen Produzenten aufzunehmen. The Police wollten davon nichts wissen.
Stattdessen gingen sie wieder zu Surrey Sound, wo sie vier Wochen, verteilt auf mehrere Monate, buchten und das Studiobudget auf immer noch äußerst knauserige 6.000 bis 9.000 Pfund drückten. Obwohl bei Beginn der Aufnahmen noch kein einziger neuer Song geschrieben war, fanden sich auf REGGATTA DE BLANC vier Hitsingles: ›Message In A Bottle‹ (mit einem der hipsten Gitarrenintros aller Zeiten), ›Walking On The Moon‹, ›Bring On The Night‹ und ›The Bed’s Too Big Without You‹. Es erscheint lachhaft, dass eine Band nach sieben internationalen Hits ihr drittes Album als „alles entscheidend“ betrachten musste, doch genau damit sahen sich The Police im Sommer 1980 konfrontiert. Die Erfolgschancen standen nicht schlecht, nachdem die Bemühungen von Co-Produzent Nigel Gray das Budget auf 35.000 Pfund geschraubt hatten. Doch drei potenzielle Gewitter – allesamt vom wachsenden Status der Band hervorgerufen – machten diesen Bonus zunichte.
Erstens mussten Summers, Sting und Copeland die Stadt verlassen. Die Vertrautheit von Surrey Sound, ihrer Heimat bei OUTLANDOS D’AMOUR und REGGATTA DE BLANC, blieb ihnen diesmal verwehrt, weil sie aus steuerlichen Gründen nicht in England ins Studio gehen konnten. Also wurden sie zu Steuerflüchtlingen in den Wisseloord Studios in den Niederlanden. Zweitens hatten ihre Nonstop-Tourverpflichtungen dazu geführt, dass sie nur vier Wochen hatten, um das Album einzuspielen und abzumischen, bevor sie schon wieder zu den nächsten Konzerten aufbrechen mussten. Und drittens waren das nicht mal vier ganze Wochen ohne Unterbrechung, denn mitten in dieser Zeit hatten sie schon Festivals in England und Irland gebucht.
Dies ist die Geschichte dreier kreativer Musiker, die so oft mit dem Rücken zur Wand standen, dass selbst der impulsivste Glücksspieler in einem Film-Noir-Thriller nicht auf ein Happy End für sie gewettet hätte. Und doch machten The Police ihr Durchbruchswerk und wurden zu einer echten musikalischen Macht. Harte Arbeit macht sich bezahlt. Talent gewinnt. Wunder geschehen. Der Glücksspieler hätte diese Wette abschließen sollen.
Andy Summers erzählt …
The Police fanden in jenem brodelnden Kessel der Punkrock-Bewegung in London zusammen. Wie war das für dich, Sting und Stewart Copeland?
Es war so: Du musstest Punk sein oder hattest keine Chance, einen Gig an Land zu ziehen. Es war unmöglich, denn die Punkszene regierte damals so ziemlich alles in London. Das hatte einen gewissen religiösen Eifer an sich und es war eine schlechte Zeit, um irgendwas anderes als rohe Seelenqual anzubieten. Es war wie eine schwere Rezession der Musik, furchteinflößend. Die Plattenfirmen nahmen allen möglichen Scheiß so schnell unter Vertrag, wie sie nur konnten, wenn sie es für Punk hielten, und die großen Konzernrockbands veränderten ihren Vibe und Look fast über Nacht. Alles war out außer Punk, und das machte allen Angst. Es war wie ein einziger großer Lemming-Selbstmordrausch, um angesagt zu sein. Bevor ich zur Band stieß, versuchte Stewart verzweifelt, etwas zu schreiben, das schnell und wütend war. Ich bin mir sicher, dass Sting ebenfalls in die Richtung ging, aber das
Timing war nicht gut für Sting, um wirklich als Songwriter in der Punk-Ära auf den Plan zu treten. Vor, nach und während meinen ersten Jahren in der Band waren alle Beteiligten im Wesentlichen darauf fokussiert, die Gruppe am Leben zu halten, indem wir uns den Anstrich einer Punkband gaben. Das war alles recht fragwürdig und funktionierte nicht wirklich. Wir waren nun mal keine echten Punks, sondern eher fake. Klar, wir konnten schnell und angepisst spielen, aber wir waren verdächtig. Irgendwie waren wir zu gut, um zu dieser Szene gezählt zu werden.
Du sagtest, ZENYATTA MONDATTA war so entscheidend, und dann wurden euch diese Steine in Form von zeitlichen und örtlichen Beschränkungen in den Weg gelegt. Schlug sich dieser Druck auf die Stimmung und die Kreativität aller Bandmitglieder nieder oder habt ihr das mit Links genommen und euch einfach an die Arbeit gemacht?
Es war tatsächlich alles sehr angespannt. Zu der Zeit arbeiteten wir ununterbrochen. Dann verfrachteten sie uns in dieses Studio, um die Platte zu machen, und wir hatten keine Ahnung, was wir tun sollten, außer natürlich, Sting würde ein paar Songs aus dem Ärmel schütteln. Der Druck von außen, ein supererfolgreiches Album abzuliefern, war jedenfalls riesig, doch das kratzte uns nicht wirklich. Wir sagten: „Sie wollen Hits. Was soll das heißen? Fast alles, was wir machen, ist ein Hit“. (lacht) Als die Aufnahmen dann begannen, liefen die Sessions gut, doch in der dritten Woche – also der heißen Phase der Produktion – mussten wir eine Woche weg, um diese blöden Festivals zu spielen.
Habt ihr euch gefragt: „Wie wichtig ist dieses Album für unsere Karriere, wenn sie uns aus dem Studio zerren, um Gigs zu spielen?“
Klar. Natürlich. Aber die Wahrheit war, dass wir als Band absolut heiß darauf waren, es aufzunehmen. Wir waren noch mitten in diesem ersten Rausch des großen Erfolgs. Wir spielten wie besessen, die ganze Zeit, sieben Abende die Woche. Eine perfekte Einheit, total tight und komplett von unserem Ding überzeugt. Da wurden keine Gefangenen gemacht. Wir wussten genau, wie man jeden Song nach The Police klingen ließ. Bei ZENYATTA hatten wir das perfektioniert und konnten sehr schnell eine tolle Platte machen. Das hatten wir schon zuvor bewiesen.