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Titelstory: The Who – Die erstaunliche Reise zur Erkenntnis (und TOMMY)

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Titelstory: The Who – Die erstaunliche Reise zur Erkenntnis (und TOMMY)

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Townshend war derweil auf der Suche nach etwas Neuem, für sich selbst, aber auch für The Who. Er wollte Geschichten erzählen und und theatralisches Drama mit den Tugenden des Rock verbinden. „Ich dachte, vielleicht könnte ich versuchen, Pop-Singles mit der Vorstellung einer mystischen Reise zu verbinden das war der Punkt, an dem ich mit der Arbeit an TOMMY begann“, sagte er später. Durch den englischen Illustrator Mike McInnerney, der später das brillante Cover für TOMMY gestaltete, war er auf den indischen Mystiker Meher Baba aufmerksam geworden. Dessen Lehre von Friede, Liebe und einer drogenfreien Existenz wurde in den 70ern gerne auf das später von Bobby McFerrin auch musikalisch umgesetzte Motto „Don’t worry, be happy“ reduziert. Townshend dagegen entdeckte in den Vorstellungen einer spirituellen Erleuchtung eine wohltuende Alternative zum chaotischen, zerstörerischen Leben mit The Who.

Seine Beschäftigung mit Meher Baba führte ihm die zunehmende spirituelle Isolierung der Menschen vor Augen, die blind gegenüber Realität und Unendlichkeit sind. Um das Publikum mit der metaphorischen Story, die ihm vorschwebte, wirklich zu erreichen, griff er zu drastischen Mitteln. Der Held seiner Geschichte würde taub, stumm und blind sein, zudem autistische Züge tragen und das Leben nur als eine Folge von Vibrationen wahrnehmen können. „Seine Einschränkungen sollen unsere eigenen symbolisieren“, erklärte Townshend damals. Obwohl er der einzige Meher-Baba-Jünger in der Band war, hatte er keinerlei Probleme, seine Mitstreiter von seinem neuen Projekt zu überzeugen. Lediglich die persönlichen Schattierungen der Rahmenhandlung, in die nicht zuletzt Townshends Kindheitserfahrungen aus der Nachkriegszeit einflossen, trafen bei den anderen Bandmitgliedern auf taube Ohren.

Auf einer USA-Tournee im Frühjahr 1968 nutzte Townshend die langen Busfahrten zwischen den Konzertorten, um seine zunächst sehr vagen Ideen zu konkretisieren. Schon Monate, bevor The Who sich an die Aufnahmen zu TOMMY machten, hatte der Gitarrist zudem versucht, den amerikanischen Medien die Story näherzubringen, obwohl er sich einiger gewagter Sprünge und möglicher Löcher in der Handlung durchaus bewusst war. TOMMY erzählt die Geschichte von Tommy Walker, der als Kind taub, stumm und blind wird, nachdem er mit ansehen muss, wie sein aus dem Krieg heimgekehrter Vater den Liebhaber der Mutter erschlägt.

Fortan lebt Tommy isoliert in seiner eigenen Welt und wird durch sexuelle Übergriffe seines Onkels Ernie und Heilungsversuche einer obskuren Acid Queen weiter traumatisiert. Auf seiner spirituellen Suche gelangt Tommy schließlich an den Punkt der Erkenntnis: Nach dem Zerbrechen seines Spiegelbildes löst sich seine mentale Blockade und er ist in der Lage, sich wahrzunehmen und zu kommunizieren. Durch seine Wunderheilung wird er zu einer messianischen Figur und schart ein Gefolge um sich. Am Ende kann er die Erwartungen seiner Anhänger aber nicht erfüllen: Sie wenden sich von ihm ab. Auf der Platte bleibt allerdings vieles der Fantasie des Hörers überlassen. Einige Hintergründe wurden erst Jahre später in der Filmadaption von Ken Russell und in der Broadway-Bühnenfassung deutlich. Berühmt der Ausspruch von Bassist Entwistle, er habe erst nach der Filmfassung verstanden, worum es in der Story geht.

Bis die Geschichte des Tommy musikalisch und inhaltlich Hand und Fuß hatte, verging mehr als ein Jahr. Allein die Aufnahmen erstreckten sich über einen Zeitraum von sechs Monaten, weil die Band vom The-Who-Management-Team Kit Lambert und Chris Stamp zwischendurch immer wieder auf Konzertreisen geschickt wurde, um Einkommen zu generieren. So sehr dies Townshend auch frustrierte, sorgte gerade die Spielpraxis auf der Bühneletztlich dafür, dass die Band im Herbst 1968 das Londoner IBC Studio perfekt eingespielt betrat, um sich der Herausforderung eines konzeptionellen Doppelalbums zu stellen. Obwohl Townshend die Idee für den Songzyklus schon so lange mit sich herumgetragen hatte, durchlief dieser auch im Studio noch eine Vielzahl von Veränderungen. Songs wurden geschrieben, bearbeitet und letztlich doch aussortiert. Erst als Townshend ein langes Gedicht zu ›Amazing Journey‹ ausarbeitete, nahm das Projekt endlich Fahrt auf. Plötzlich ließen sich sogar zuvor geschriebene Songs mühelos in das Konzept einfügen.

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1 Kommentar

  1. Kleiner Fehler auf Seite 2 : Nicht der Liebhaber wird erschlagen sondern der Liebhaber erschlägt den heimkehrenden Vater. Sonst ein interessanter Bericht.

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