Der britische Gitarrist hat entscheidend dazu beigetragen, ein ganzes Genre zu definieren. Sein Backkatalog an Klassikern ist beachtlich, ob vor oder nach Deep Purple.
Unverzichtbar
RISING
Rainbow (POLYDOR, 1976)
Nicht mal ein Jahr nach seinem Ausstieg bei Deep Purple lieferte Blackmore mit Rainbows zweitem Album ein Meisterwerk ab. RISING war so kraftvoll und bombastisch, wie es das Cover versprach. Ins neue Line-up mit Dampfhammer-Schlagzeuger Cozy Powell war nur Ronnie James Dio übernommen worden. Der Höhepunkt auf dieser Platte, die vor grandiosen Stücken – ›Tarot Woman‹, ›Starstruck‹, ›A Light In The Black‹ – nur so strotzte, war ›Stargazer‹. Dios Stimme schwebte über Blackmores donnerndem Riff, unterstützt wurde das mächtige Klanggemisch von den Münchner Philharmonikern – Rainbows standesgemäße Antwort auf ›Kashmir‹.
DOWN TO EARTH
Rainbow (POLYDOR, 1979)
Blackmore war schon immer clever, was er nie mehr so eindrucksvoll bewies wie mit dieser brillanten Neuerfindung seiner Band in den späten 70ern. Er hatte beschlossen, dass Dios Dämonen- und Zauberer-Masche passé war und ersetzte ihn durch Graham Bonnet, dessen Tolle und Hawaii-Hemden zwar nicht besonders gut bei der üblichen Jeans-und-Leder-Zielgruppe ankamen, dessen Stimme jedoch perfekt zum radiofreundlichen Rock auf diesem Album passte. Produziert wurde es vom einstigen Purple-Bassisten Roger Glover, der auch als Bandmitglied eingestiegen war. Das Werk bescherte Rainbow Top-10-Hits wie ›Since You Been Gone‹ und ›All Night Long‹.
Wunderbar
RITCHIE BLACKMORE’S RAINBOW
Rainbow (OYSTER/POLYDOR, 1975)
Als Soloalbum geplant, während Blackmore noch bei Deep Purple war, wurde es stattdessen der Startpunkt einer neuen Band. Er war so beeindruckt von Dio, dessen Gruppe Elf 1974 als Vorgruppe von Purple auftrat, dass er das Album mit der kompletten Band außer Gitarrist Steve Edwards einspielte. Der Heavy Rock von ›Man On The Silver Mountain‹ und ›Sixteenth Century Green-sleeves‹ sowie die Schönheit von ›Catch The Rainbow‹ und ›The Temple Of The King‹ zählen zu seinen besten Stücken, von Dio perfekt inszeniert.
ON STAGE
Rainbow (POLYDOR, 1977)
Ein Live-Doppelalbum war in den 70ern das definitive Statement. Mit Purple hatte er zwei monumentale Vertreter dieser Gattung abgeliefert, Rainbows ON STAGE gab sich in Sachen Virtuosität auch keine Blöße. Aufgezeichnet auf der Tour zu RISING, ist hier das klassische Line-up aus Blackmore, Dio, Powell, Bassist Jimmy Bain und Keyboarder Tony Carey zu hören. Auf den vier LP-Seiten fanden sich nur sechs Tracks, u.a. eine Marathonversion von Purples ›Mistreated‹. Dio brillierte, doch es war Blackmores Performance, die am hellsten strahlte.
LONG LIVE ROCK’N’ROLL
Rainbow (POLYDOR, 1978)
Die Partnerschaft Blackmore-Dio war nie besser als auf RISING, obwohl sie auch hier wieder alles gaben, sollte es ihr letztes gemeinsames Album werden. Es gab zwar Neuzugänge in der Band, doch der Stil der ersten beiden Platten wurde beibehalten. ›Kill The King‹ war Blut und Donner, ein Vorläufer des Battle-Metal. ›Gates Of Babylon‹ war ein weiteres staubiges, arabisch angehauchtes Standardstück. Aber vor allem das triumphale Titelstück wurde zur Hymne – für Rainbow und für Dio in seiner späteren Karriere.
DIFFICULT TO CURE
Rainbow (POLYDOR, 1981)
Blackmore feuerte gerne Bandmitglieder, doch Graham Bonnet war die Ausnahme, denn er stieg von selbst aus. Doch Blackmore lachte zuletzt, denn mit dem neuen Sänger Joe Lynn Turner landete die Band das Hitalbum mit ihren größten Single-Erfolgen, als ›Difficult To Cure‹ und ›I Surrender‹ beide Platz 3 der britischen Charts erreichten. Turners Stimme gab Tracks wie ›Can‘t Happen Here‹ und ›Spotlight Kid‹ neues Feuer, dank Ritchies Riffing auf dem bombastischen Titelstück wurde dies Rainbows letztes wirklich großartiges Album.
Anhörbar
SHADOW OF THE MOON
Blackmore’s Night (EDEL, 1997)
Wäre es Blackmore um leicht verdientes Geld gegangen, wäre er bei Purple geblieben oder hätte Ronnie James Dio angerufen. Stattdessen folgte er seinem Herzen, gründete mit Candice Night eine neue Band und spielte die Musik, die er am meisten liebte. Das erste Album von Blackmore‘s Night war eine radikale Abkehr, eine Mischung aus Folk und New-Age-Musik. Der Gitarrenheld von einst kam auf dem Titelstück zu Ehren, das ausgelassene ›Play Minstrel Play‹ mit Ian Anderson an der Flöte sprühte nur so vor Freude. Eine bemerkenswerte Metamorphose.
THE VILLAGE LANTERNE
Blackmore’s Night (SPV, 2006)
Die Tage, in denen er auf der Bühne eine Fender zertrümmerte, sind längst vorbei, doch Blackmore hat nie den Kontakt zu seinen Rockwurzeln verloren. Auf den acht Studioalben mit Blackmore‘s Night finden sich Neuinterpretationen alter Rainbow-Stücke, Coverversionen von Jethro Tulls ›Rainbow Blues‹ und Uriah Heeps ›Lady In Black‹. Auf diesem fünften Album baute er den Purple-Klassiker ›Child In Time‹ zu einem wilden Folk-Freudentanz um und überarbeitete ›Street Of Dreams‹. Auch deshalb ist dies das beste Album von Blackmore‘s Night.
GET AWAY – GROUPS & SESSIONS
Ritchie Blackmore (SANCTUARY, 2005)
Er war zwar erst 22, als Deep Purple gegründet wurden, doch Blackmore hatte schon damals einen beeindruckenden Lebenslauf. Bei Gene Vincent und Screaming Lord Sutch war er Backing-Musiker gewesen, zudem Sessionplayer auf Singles von Tom Jones und Freddie Starr sowie Mitglied bei The Outlaws. In dieser Box sind 52 Tracks versammelt, mit denen sich Blackmore erste Sporen verdiente. Inhalt und Qualität schwanken, doch die 64er-Outlaws-Single ›Keep A Knockin‘‹ ist ein echtes Juwel – John Peel bezeichnete sie mal als erste Heavy-Metal-Platte.
Sonderbar
STRANGER IN US ALL
Ritchie Blackmore’s Rainbow (RCA/BMG, 1995)
Zwei Jahre nach seinem Ausstieg bei Deep Purple ließ Blackmore 1995 seine zweite große Band wiederauferstehen. Es sollte der Schwanengesang für Rainbow werden – und ein Ende mit Grauen. Im Gegensatz zu früheren Inkarnationen bestanden Rainbow diesmal aus zweitklassigem Personal wie Doogie White, der Dio passabel imitieren konnte, aber nicht die Gravitas besaß, eine legendäre Band anzuführen. Außerdem gab ihm Blackmore kaum brauchbares Material. STRANGER IN US ALL war ein fades, angestrengtes Rockalbum und das letzte seiner Art, das er je machen sollte.
Meiner Meinung nach, war „Stranger in Us all“ auch ein gutes Album. Sowas wie eine musikalische Fortsetzung zu den ersten beiden Alben.
Stranger In Us All enthält besseres Material als die beiden letzten Rainbow Alben vor der Deep Purple Reunion 1984. Und mit Joe Lynn Turners Stimme habe ich mich nie richtig anfreunden können. Schon gar nicht auf einer Purple-Scheibe.
Das Doppel-Live -Album mit seinen nur knapp 62 Minuten war spitze. Doch fehlte Vielen eben eine Live-Version von „Stargazer“. Dieses konnte auf verschiedenen, Jahrzehnte später veröffentlichten Doppelalben auf CD nachgeholt werden.
Die Power von Black Masquerade auf genau diesem Album ist Ritchie pur.
Nachbarn vorwarnen, Verstärker fett aufdrehen und los.